Forum Borreliose & Co-Infektionen

Normale Version: Frischer Zeckenstich - potentielle Erreger nicht ausschließen
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Seiten: 1 2
Zum Thema frischer Zeckenstich mußte ich gerade eine denkwürdige Erfahrung machen.

Ich hatte jetzt innerhalb kurzer Zeit zwei adulte Zecken, die relativ frisch angesogen waren (sie hatten noch einen platten Körper). Von einer blieb der Kopf in meiner Haut beim Entfernen. Die Stichstellen juckten lange und wollten nicht heilen (2 Wochen).

Nach ca. einer Woche fing es an, mir schlechter zu gehen: Endlose kalte Schwitzattacken, wandernde Schmerzen am Torso und in den Gelenken, Schwäche.

Ich habe die Zecken dann ca. 2 Wochen nach Stich an ein Labor gesandt und zum Glück auf 4 Erreger testen lassen:
Borrelien, Babesien, Anaplasmen, Rickettsien.
Schon am nächstenTag kam der Anruf des Labors: "Rickettsien positiv, alle anderen negativ."
Mir wurde geraten, mich an den Hausarzt zu wenden, sobald ich die Resultate in den Händen habe.

Ich habe sofort mit Doxy angefangen und die Symptome ließen sehr schnell nach. Und ich werde noch Azi nachschieben.

Mein Fazit:
Wie viele negative Testergebnisse auf Borrelien schließen eine Infektion trotzdem nicht aus?!
In Anbetracht der Durchseuchungsrate der Zecken mit anderen Erregen wie Rickettsien z.B.?

Ich habe zusätzlich zu chron. Borreliose bereits eine chronifizierte Infektion mit zwei Rickettsienarten.
Sowohl vom Labor wie auch dem Hausarzt wurde mir gesagt, dass Rickettsien "äußerst selten" sind. Ich nehme an, weil nie danach geschaut wird.

Sogenannte Co-Infektions-Erreger sind in Zecken womöglich viel weiter verbreitet (aber unerkannt) als angenommen.
Gut denkbar, dass viele nicht nachweisbare "Borreliosen" anderen Erregern zuzuordnen sind wenn man sich mal die Ergebnisse der Untersuchungen zur Durchseuchungsrate der Zecken mit verschiedensten Erregern an vielen Orten in DE/nördl. Europa anschaut.
In Hannover wurden unter 605 in Parks und Grünflächen gesammelten und untersuchten Zecken bei 24% Borrelien und bei 34 % Rickettsien festgestellt!

Borrelia burgdorferi sensu lato and Rickettsia spp. infections in hard ticks (Ixodes ricinus) in the region of Hanover (Germany).
2011

Rickettsia spp. and coinfections with other pathogenic microorganisms in hard ticks from northern Germany.
2012

Occurrence of Babesia spp., Rickettsia spp. and Bartonella spp. in Ixodes ricinus in Bavarian public parks, Germany.
2011

Prevalence of spotted fever group rickettsiae in Ixodes ricinus (Acari: Ixodidae) in southern Germany.
2008

Anaplasma phagocytophilum infection in Ixodes ricinus, Bavaria, Germany.
2008
in österreich:
http://www.oegtpm.at/fileadmin/public/Ve...zecken.pdf

studie aus wien an 864 zecken

43 % ein einzelner erreger
32% ein erreger plus co-erreger
25% kein erreger


an bakteriellen infektionserregern stehen rickettsien nach borrelien an zweiter stelle.

gruß
hanni (auch rickettsienhalterin Icon_winkgrin)
Hallo ticks,

daß es viele Patienten gibt, die unerkannt nur mit Co-Erregern leben oder Borrel. und unerkannte Co-Erreger haben, glaube ich auch.
Ich denke auch, daß da etliche dabei sind, die als Borreliose-Hypochonder abgestempelt werden und andere zeckenübertragene Infekte haben, auf die nicht getestet wurde.

Ich denke, die Grauzone oder Dunkelziffer ist groß.

Ein kleiner Trost wird sein, daß die einschlägigen Antibiotika gegen mehrere Erreger anschlagen, eine schlüssige Übersicht dazu, die alles erfaßt, wird es wohl gar nicht geben.

Und ich glaube kaum, daß es einen Arzt gibt, der bereit wäre, jemanden auf alle relevanten Erreger zu testen.

Das alles wird wohl zum allgemeinen Lebensrisiko dazugehören und wer weiß, welche Erreger vielleicht noch auf uns zukommen, von denen man noch nichts ahnt.

LG Oolong
am oberrhein rickettsienquote bis zu 40 %:

http://www.bio-pro.org/artikel/09854/index.html?lang=de
Dieses hohe Pathogenvorkommen war für die Forscher überraschend, da noch nicht viel über die verschiedenen in Baden-Württemberg vorkommenden Rickettsien-Arten und ihre humanmedizinische Bedeutung bekannt ist.
„Eine Rickettsiose kann mit den gleichen allgemeinen Symptomen einhergehen wie eine akute Lyme-Borreliose“, erklärt Sebastian. Daher bleiben eventuell viele durch Rickettsia spp. verursachte Erkrankungen unerkannt.

hanni
(01.05.2014, 15:28)hanni schrieb: [ -> ]am oberrhein rickettsienquote bis zu 40 %

Eine Rickettsiose kann mit den gleichen allgemeinen Symptomen einhergehen wie eine akute Lyme-Borreliose“, erklärt Sebastian. Daher bleiben eventuell viele durch Rickettsia spp. verursachte Erkrankungen unerkannt.

Genau so ist es!
Und in meinem Fall wäre der/die Betroffene NICHT in den Genuß einer Behandlung gekommen, denn wer gibt schon € 90 aus, um 4 Erreger zu testen??!

Vor allem wenn es heißt (Bemerkung zu meinem positiven Testergebnis auf dem Laborblatt):
"Das durch Rickettsien bedingte Zeckenbißfieber gehört in Deutschland zu den Ausnahmefällen."

Rickettsienquote bis zu 40 % Icon_klimpern04
Vielen Dank für die sehr wichtigen Hinweise!!!

Das Problem ist, daß die meisten Ärzte wenig Ahnung von Borreliose haben und so gut wie keine Ahnung von Co-Infektionen. Denn diese werden nicht in Fortbildungen erwähnt.

Andererseits soll man nicht vergessen, daß:
1) die zur Zeit meist verwendeten ELISA Tests eine geringe Sensitivität haben-> die XXX (s. Forenregel) hat bei 5 ELISA Tests von nahmhaften Herstellern eine durchschnittliche Sensitivität von 40% gefunden-> das bedeutet, daß von 100 nachweislich infizierten Patienten (EM) der Test bei nur 40 Patienten positiv ist-> 60 infizierte Patienten haben einen falsch negativen Test!!!
2) ELISA und WB nur Sinn machen, wenn sie 4-6 Wochen nach dem Zeckenstich gemacht werden, da der Körper erst nach dieser Frist AK bildet-> vorher kann der ELISA/WB negativ sein, der Patient aber trozdem infiziert sein, auch ohne EM-> Folge: Borreliose bleibt unerkannt (grippales Syndrome war nur 1 virale Grippe) und wird evtl. chronisch.
3) es seronegative Fälle gibt, wo ELISA und WB immer negativ bleiben

Aber klar: die Problematik der Co-Infektionen wird in den Kassenpraxen komplex unterschätzt, meist aus Mangel an Kenntnissen.

Dazu sind Untersuchungen auf Co-Infektionen nach Zecken-/Bremsenstich in den aktuellen Leitlinien nicht vorgesehen.
(01.05.2014, 16:44)ticks for free schrieb: [ -> ][quote='hanni' pid='48246' dateline='1398954497']
am oberrhein rickettsienquote bis zu 40 %

Eine Rickettsiose kann mit den gleichen allgemeinen Symptomen einhergehen wie eine akute Lyme-Borreliose“, erklärt Sebastian. Daher bleiben eventuell viele durch Rickettsia spp. verursachte Erkrankungen unerkannt.

Das ist echt eine interessante Zahl. Weiss denn jemand, ob Rickettsiose auch chronisch verlaufen kann oder ob AB hier sicher wirken?
Zitat:Das ist echt eine interessante Zahl. Weiss denn jemand, ob Rickettsiose auch chronisch verlaufen kann oder ob AB hier sicher wirken?

Ja. Die Freundin meiner Mutter hatte eine chronische Rickettsiose, die MS Symptome ausgelöst hatte (sie hatte ihren Sohn in der SS angesteckt, der auch MS Symptome entwickelt hatte). Sie wurde mehrere Jahre gepulst von einem auf chronische Infektionen spezialisierten Arzt (Dr.B., Schüler von Prof.Jadin) erfolgreich behandelt (ihr Sohn auch).

Wenn du mehr darüber erfahren willst: es gibt eine PDF von Dr.Cecile Jadin "The Rickettsial Approach Dr. CL Jadin

The Rickettsial Approach and treatment of patients presenting with CFS, Fibromyalgia, Rheumatoid Arthritis and Neurological Dysfunction.
Manly Conference February 1999"

Wenn du "Rickettsial Approach Dr. CL Jadin" in einer Suchmaschine eingibst, findest du die PDF.

Von der SHG-Bergstrasse.de gibt es auch das PDF "Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) Rickettsien und Para- Rickettsien Infektionen als Ursache für Chronische Erschöpfung".Siehe die Litteraturliste unten!

Dr.B (Nyons, Frankreich) behandelt seit 1987 chronische CFS, MS, Borreliose Patienten mit gepulsten Antibiosen nach dem Modell von Prof.Jadin (Cecile Jadin wurde von ihrem Vater und Dr.B gebildet). Die Freundin meiner Mutter und ihr Sohn (konnte als Kind kaum gehen) haben keinerlei MS Symptome mehr und die Apothekerin meiner Mutter berichtete von einem anderen MS Patienten von Dr.B, der seine Medis zuerst mit dem Rollstuhl abholte, danach mit dem Fahrrad.

Eine von mir bekannte chronische Bo.Patientin von Dr.B. mit einer Neuroborreliose, schwere Erschöpfung und zahlreichen Co-Infektionen (mehrere Rickettsienarten, Chlamydia pneumoniae, usw.) wurde nach 18 Monaten gepulster Antibiose (16 Tage AB-14 Tage Pause) komplett beschwerdenfrei und ist es immer noch.

Dr.Jadi und Dr.B. haben von ihren Erfahrungen mit CFS, MS Patienten mit chronischen Infektionen in diesem Buch berichtet:

http://www.cfstreatmentguide.com/1/post/...vances.htm

Zitat:Common Clinical and Biological Windows on CFS and Rickettsial Diseases, by Jadin. Rickettsial diseases, such as Lyme disease, were found to be underlying causes of 500 patients previously diagnosed with CFS, FM, MS, depression, heart disease, and psychosis. After treatment with tetracyline symptoms were reversed.
(...)
8) Role of Rickettsiae and Chlamydiae in the Psychopathology of CFS Patients, by Bottero. This was an open study conducted by Bottero after he observed that ALL of his CFS patients tested positive for bacterial infections. An impressive 78.5% of Bottero's 98 CFS patients improved significantly after treatment with antibiotics.
(...)
9) Chronic Psychopathologies Associated with Persistant Rickettesiae and/or Similar Germs (Chlamydiae) Phillipe Bottero. Due to the long survival of rickettsiae in reticuloendothelial tissues and vascular linings, persistent infection may result in vascular encephalitis, which, in turn, produces numerous psychiatric symptoms.

Rickettsien sind wie die Borrelien intrazelluläre Erreger, die sich auf dieser Weise gut vor den Zellen des Immunsystems verstecken/schützen können und somit chronisch im Körper persistieren können.
Auf einem Vortrag auf der Herbsttagung der DBG wurde davon berichtet, dass Rickettsien sich selbst limitieren aber auch lange persisitieren können. Konsequenzen daraus wurden nicht näher erläutert.

Keine Antibiotikum wirkt sicher bei Infektionskrankheiten, da nie alle Keime erwischt werden. Entscheidend ist immer, ob das Immunsystem mit dem Rest klar kommt.

Dummerweise sitzen Rickettsien dann auch gerne in den Zellen und entziehen sich dadurch dem Immunsystem. Letztendlich ist das auch ein Hinweise, dass bei entsprechenden Beschwerden nicht nur bei Laborwerten auf Borrelien therapiert werden sollte.

Ich denke, man sollte aber auch nicht vergessen, dass bei gesunden Menschen das Immunsystem normalerweise die Aufgabe übernimmt, mit diesen Erregern fertig zu werden, so dass ein Eingreifen nicht immer nötig sein muss. Für mich persönlich würde ich das dann nach Beschwerdebild und Beschwerdedauer entscheiden wollen. Jede Antibiotikabehandlung ist immer nur ein grober Versuch, die Erregerlast zu senken, mehr nicht.

http://forum.onlyme-aktion.org/showthread.php?tid=4192

Liebe Grüße Urmel
Hallo Urmel,

ich stimme dir voll und ganz zu. Alles ist immer relativ.
Dadurch wird die diagnostische Situation leider noch unklarer.

Zitat:Auf einem Vortrag auf der Herbsttagung der DBG wurde davon berichtet, dass Rickettsien sich selbst limitieren aber auch lange persisitieren können.

Danke für die Info.
Wer weiß es schon mit der Selbstlimitierung?

Zitat: Für mich persönlich würde ich das dann nach Beschwerdebild und Beschwerdedauer entscheiden wollen. Jede Antibiotikabehandlung ist immer nur ein grober Versuch, die Erregerlast zu senken, mehr nicht.

Fakt ist leider, dass es, wie bei mir, ausbrechende Rickettsien-Infektionen gibt und diese nicht immer sofort durch steigendem Titer im Blut nachgewiesen werden können. Als es mir vor einigen Jahren hundedreckig ging, ließ ich mich zu zig Ärzten, zur Notaufnahme, zum Infektiologen, zum Tropeninstitut bringen und trotz rickettsien-typischem Eschar und unterirdischem Befinden wollte/konnte mir KEINER helfen, da man sich auf die Blutwerte verließ, die (noch) keine Infektion anzeigten. Zwei Jahre später wurden sie nachgewiesen.

Zufällig stieß ich dann auf einen Borreliose-Experten und die dann eingeleitete Therapie mit Makrolid/Sulfonamid konnte mich wieder auf die Beine stellen.
Seiten: 1 2