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Normale Version: Forschung zu Borrelien-Persistern und Therapie chronischer Borreliose
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Neues in der Borrelioseforschung:

Es gibt einen neuen Spieler im Bereich Borreliose, der Interesse weckt.
Kim Lewis ist ein Mikrobiologe mit viel Erfahrung im Bereich chronischer Infektionen.


Hier ein Artikel zu bakteriellen Persistern mit sehenswertem Video, in dem klar wird, dass Lewis ein tiefes Verständnis von chronischen Infektionen hat (u.a. forscht er auch darüber, dass sich Persisterbakterien nicht kultivieren lassen):
http://www.northeastern.edu/adc/research...ter-cells/



Er ist nun seit neustem in der Lyme-Forschung aktiv und fand bereits heraus, dass 0,001 bis 1% der Borrelien lethale Dosierungen verschiedener Antibiotika in vitro überleben und vermutet auch, dass dies eine Rolle bei Therapieversagen spielen kann.
http://www.abstractsonline.com/Plan/View...8032b8500b


Zusätzlich forscht er nun an neuen Therapiemöglichkeiten für chronische Borreliose und will die Medikamente ausfindig machen, die am besten wirken. Anfangen möchte er mit Prodrugs (wie Metronidazol), die sich bereits bei Persistern von E.Coli und anderen Bakterien als effektiv herausstellten.


In diesem kurzen Interview bringt er das Problem der Borreliose auf den Punkt:

„Borreliose ist eine dieser rätselhaften chronischen Erkrankungen, weil 10-20% der schnell mit Antibiotika behandelten Infizierten nicht geheilt werden. Die Frage ist warum nicht?
Es gibt zwei Denkrichtungen:
Der Standard ist, dass die bleibenden Beschwerden Effekte eines weiterhin reagierenden Immunsystem sind, obwohl der Erreger weg ist, den Personen geht es wirklich sehr schlecht.
Die zweite Denkrichtung ist, dass der Erreger weiterhin in einer Schläferform da ist. Und da kommen wir ins Spiel. Wir sind Experten im Bereich der „Schläfer“-Bakterien, die Antibiotika tolerieren können. Wir nennen sie Persister-Zellen.“

„Ich denke wir können zwei wichtige Dinge beitragen – abgesehen von der Frage ob Borrelien, wie andere Pathogene, Persisterzellen formen können und ob dies die Chronizität erklären kann.
Ersterns: Die Behandlungen für Patienten mit chronischer Borreliose sind inadequat, weil niemand vernünftige mikrobiologische Arbeit getan hat. Wir müssen das beste Antibiotikum oder die beste Kombination finden, um den Erreger zu töten. Das ist noch nicht getan worden, weil es schwierig, zeitaufwendig und anspruchsvoll ist.
Außerdem glauben die Ärzte gar nicht erst, dass chronische Borreliose durch den Erreger verursacht wird, also weshalb sollte man sich die Mühe machen?
Wir haben jedoch breite Erfahrung mit existierenden Antibiotika und wissen prinzipiell welche die Persisterzellen reduzieren durch unsere Arbeit mit anderen Erregern. Wir können sofort einige Empfehlungen an die Ärzte geben, die Antibiotika für chronische Borreliose verschreiben. In einem halben Jahr haben wir ein besseres Schema.
Zweitens werden wir experimentelle Präparate mit denen wir bei anderen Erregern arbeiten, auf die Effektivität bei Borreliose testen. Wir haben einige Arbeiten veröffentlicht, die Persister mit klinischen Manifestationen in Verbindung bringen, aber bei Borreliose weiß man noch nicht mal, ob die Symptome durch ein irreversibel geschädigtes Immunsystem oder den Erreger in seiner Schlafform verursacht werden.
Die ersten Präparate, die wir testen werden, sind Prodrugs, die relativ effektiv bei E. Coli und anderen Bakterien waren.
Wir haben unsere Borrelioseforschung diesen Sommer begonnen, also wird es etwas dauern, aber wir werden Patienten mindestens eine bessere Antibiotikakur geben können. Es sind keine leeren Versprechungen, bei denen nichts herauskommt, wir können versprechen, dass wir für Patienten etwas Besseres finden, als das was jetzt sie jetzt kriegen.“

„Jetzt ist die perfekte Zeit um das Problem anzugehen, denn es gibt einen dringenden Bedarf. Es gibt eine wachsende Borreliose-Epidemie und eine wachsende Anzahl an Menschen mit chronischer Borreliose, die keine adäquaten Therapieoptionen haben. Wir haben viel von anderen Infektionskrankheiten gelernt und wissen, wie man sie kontrolliert.
Wir hatten letztes Jahr einen wichtigen Durchbruch mit MRSA, wir wissen viel mehr als noch vor 5 Jahren, deshalb ist es die perfekte Zeitpunkt, um das Problem in Angriff zu nehmen.“

http://www.northeastern.edu/news/2014/04/lewis-3qs/
Das liest sich wirklich sehr vielversprechend. Shy
Ja, ich hoffe auch, dass sich dann bald etwas tut.

Danke für den Beitrag!
da bist du ja auf etwas richtig richtig Tolles gestoßen Exclamation
Vielen Dank, Valtuille Heart
super Valtuille,

das klingt gut. vielen Dank für das Einstellen dieses Artikels.

lg Luddi
Erste Resultate:

Neue Studie zu Borrelien-Persister von Sharma et al. (Beteiligt war auch Kim Lewis):

Borrelien Kulturen wurden gängigen Antibiotika zur Borreliosetherapie ausgesetzt (in vitro). Eine kleine Subpopulation von Zellen überlebte jedoch. Nach dem sich diese weiterhin vermehrt haben, waren sie jedoch weiterhin gegen die verwendeten Antibiotika empfindlich, was darauf hindeutet, dass es sich um Persisterzellen und nicht um resistente Keime handelt (erworbene Resistenzen sind bei Borrelien nicht beschrieben).
Es wurden alle möglichen AB-Kombinationen aus Ceftriaxon, Doxycyclin und Amoxicillin probiert, dadurch wurde die Eliminierung der Bakterien jedoch nicht verbessert.

Die Anzahl der Persisterzellen stieg stark an, als sich die Kultur von der exponentiellen Phase (die Bakterien vermehren sich, es liegt ein exponentielles Wachstum vor) in die stationäre Phase (ein Gleichgewicht der absterbenden und neu hinzukommenden Bakterien) bewegte.

Daptomycin tötete zwar Zellen der stationären Phase aber keine Persisterzellen.
Die minimalen Hemmkonzentrationen von Metronidazol, Nitrofurantoin und Nitrofurazon waren zu hoch, als das sie als wirksame Persisterbekämpfer in Frage kommen würden.
Mitomycin C, ein Anti-Krebs Mittel, tötete Persisterzellen und wachsende und stationäre Kulturen von Borrelia Burgdorferi. Es wird von den Autoren jedoch nicht für die Behandlung von Patienten mit Borreliose empfohlen.

Schließlich wurde versucht mit gepulsten Antibiotika (Ceftriaxon) die Bakterien zu eliminieren. Nach dem Hinzufügen von Ceftriaxon wurde das Antibiotikum entfernt und den Persisterzellen wurde gestattet, sich wiederzubeleben. Dann wurde wieder Antibiotika hinzugefügt.
Vier gepulsten Dosierungen von Ceftriaxon töteten Persisterzellen, was alle lebenden Bakterien in der Kultur auslöschte.

Weitere Forschung soll klären, durch welche Mechanismen die Persisterformen Antibiotikagaben überleben können und ob sie eine Rolle bei der Pathogenität beim Menschen spielen.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26014929

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Man beachte die sehr unterschiedlichen Ergebnisse zu anderen Studien zu Persisterformen, daher sollte man daraus erstmal keine therapeutische Konsequenzen ziehen. Es ist gut, das man sich der Thematik annimmt und Forschung stattfindet. Das ist ein großer Fortschritt.

Ehemaliges Mitglied

Aus # 6
Zitat:Schließlich wurde versucht mit gepulsten Antibiotika (Ceftriaxon) die Bakterien zu eliminieren. Nach dem Hinzufügen von Ceftriaxon wurde das Antibiotikum entfernt und den Persisterzellen wurde gestattet, sich wiederzubeleben. Dann wurde wieder Antibiotika hinzugefügt.
Vier gepulsten Dosierungen von Ceftriaxon töteten Persisterzellen, was alle lebenden Bakterien in der Kultur auslöschte.
Meine Erfahrung in der Praxis. Mir scheint aber bei 80 Kg Körpermasse geht es nicht ganz so schnell.
Zu dem Thema gibt es auch interessante Sätze aus dem Jahr 2007
http://www.fsbio-hannover.de/oftheweek/229.htm
Weitere Informationen:
Die Erhöhung von AB-Konzentration über dem, was in der Praxis möglich ist, hatte keinen Einfluss auf die Anzahl der Persister.
Doxycyclin verringerte die Wirkung von Amoxicillin bei Kombination beider Antibiotika.
Auch durch entsprechende Versuche mit Amoxicillin wurden Borrelien nicht resistent.
Bei Daptomycin und Vancomycin überlebten ebenfalls Persiterzellen.
Bei Daptomycin lag die minimale Hemmkonzentration (MIC) bei 12,5-25 µg/ml, die maximale Serumkonzentration liegt nur bei 55-130 µg/ml.

Mitomycin C eliminierte bei einer niedrigen, klinisch erreichbaren Konzentration alle Persisterformen der stationären und exponentiellen Phase innerhalb von 24 Stunden. Aufgrund des Risikos heftiger Nebenwirkungen und der Toxizität wird es nicht zur Therapie von Borreliose empfohlen, es ging nur um den Beweis, dass es möglich ist.


Zum Pulsen:
Es wurde mit Amoxicillin und Ceftriaxon experimentiert (nicht aber mit Doxycylin).
5 Tage AB - AB weggewaschen (was bei uns ja nicht geht) und 24 Stunden Ruhezeit - nochmal 5 Tage AB etc.
Bei Ceftriaxon waren nach 4 Antibiotikagaben keine Persister mehr nachweisbar, bei Amoxi waren die Persister signifikant reduziert, aber noch nachweisbar.
AB-Dosierungen:
Ceftriaxon 3µg/ml (MIC: 0,01 µg/ml, maximale Serumkonzentration: 256,9 µg/ml)
Amoxicillin: 6 µg/ml (MIC: 0,06 µg/ml, maximale Serumkonzentraion: 7,6 µg/ml)

Beachten muss man, dass diese Laborergebnisse nur schwer auf Menschen übertragbar sind (z.B. wurde mit dem Laborstamm B31 gearbeitet, der unter Laborbedingungen deutlich schneller und unkomplizierter kultiviert werden kann als Wildstämme) und sehr vieles noch unklar ist.
Valtuille, you are GREAT!!!

Danke auch für die Übersetzung!
Der Autor ist nicht irgendjemand! Mit über 15.000 Zitierungen und einem h-Index von 59 scheint Kim Lewis von der Northeastern kein unbekannter Professor zu sein. Er hat auch in Nature publiziert.
https://scholar.google.de/citations?user=X7WuyeAAAAAJ

Wenn ich das richtig verstehe, wurde somit von einem sehr anerkannten Wissenschaftler mit soliden wissenschaftlichen Methoden (im Labor) gezeigt, dass es chronische Borreliose mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt. Oder liege ich da falsch? Falls ich richtig liege, sollte man den Artikel jedem Arzt bzw. jeder Ärztin vorlegen, der sagt, dass es keine chronische Borreliose gibt. Dann gibt es nicht mehr viel zu diskutieren!

Wenn Lewis ein Therapieschema findet soll er es in Nature oder PNAS publizieren! Viel Erfolg, Herr Lewis!!
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