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Sensitivität Serologie bei PTLDS bzw. Spätborreliose
#1

Eine Frage treibt mich im Moment um. Ich platziere die mal hier, da es zum Teil auch Bezug zu dem Artikel hat.

Die Serologie soll ja im Spätstadium nahezu 100 % Sensitivität haben, was auch von Rauer in dem Artikel implizit vorausgesetzt wird: "Er persönlich halte es jedenfalls für untragbar, sagt Rauer, jemandem eine chronische Borreliose zu attestieren, wenn weder entsprechende Antikörper im Blut gefunden würden noch der Liquor in irgendeiner Form auffällig sei."

Wenn die Sensitivität so hoch wäre, so dürfte man, wenn man das selbe Serum in verschiedene Labors einschickt, kaum diskrepante Ergebnisse bekommen. Das war jedoch in einer Studie von Fallon der Fall. Ich habe die betreffende Tabelle mal angehängt.

Im Referenzlabor waren 21 Patienten WB IgG (CDC) positiv, in einem kommerziellen Labor 16 und in zwei Speziallabors je 16 und 18. Wenn wir dem Referenzlabor mal eine Sensitivität von 100 % (unrealistisch!) und eine Spezifität von 95% zugestehen, so kann man ca. mit einem Falschpositiven unter 20 positiven Ergebnissen rechnen.

D.h. von den 21 Positiven, wäre einer falschpositiv, also in Wirklichkeit nur 20 erkrankt. Wenn wir nun davon ausgehen, dass das kommerzielle Labor von den 20 tatsächlich Erkrankten 16 gefunden hat (also selbst keine Falschpositiven produziert hat), so entspräche dies einer Sensitivität von 80 %, also sehr weit von 100 % entfernt. Zudem betrachten wir isoliert den WB, ein positiver Befund im Sinne der Mainstreammedizin bedarf aber eines positiven Elisa + WB. Dies würde die Sensitivität nochmals erniedrigen.

Natürlich ist es problematisch solche Berechnungen auf Basis einer so kleinen Probandenzahl anzustellen, eine Tendenz ist m.E. aber klar erkennbar. Wenn man nun noch berücksichtigen würde, dass das Referenzlabor sicher keine Sensitivität von 100 % hat, so würde der Befund noch deutlicher für die von mir vorgebrachte Ansicht sprechen.

Wie kann man sich einen solchen Befund erklären, wenn die Sensitivität doch bei annähernd 100 % liegen sollte? Im Grunde wäre das auch eine Frage für den Fragenkatalog, nur wohl ohne praktische Relevanz. Die Leitlinie soll ja im September kommen, und da wird jetzt wohl niemand mehr sich ins Handwerk pfuschen lassen.



Auf Wunsch des Threaderstellers vom Ursprungsthread abgetrennt und Betreffzeile geändert.

Mod.


Angehängte Dateien
.pdf serology_fallon.pdf Größe: 66,59 KB  Downloads: 7
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Thanks given by: Waldgeist , borrärger
#2

Das wird nun sehr Off-Topic, aber trotzdem:
Markus, du musst beachten, dass Fallon sich ausschließlich auf US-Tests bezieht, was keine Übertragbarkeit auf Europa zulässt.

Zudem hat Fallon ja PTLDS-Patienten untersucht, die bereits diagnostiziert und behandelt waren. Dass die Serologie nicht zur Therapiekontrolle geeignet ist, und Beschwerden nach Therapie unabhängig von positiver Serologie sind, ist ja nichts Neues.

Eine ganz neue europäische Studie hat festgestellt, dass Kontrollpatienten und aktive Neuroborreliose die Testergebnisse zweier Elisa Tests übereinstimmten (Sensitivität 100 % bei Neuroborreliose), bei behandelten Borreliosepatienten jedoch nicht.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28748396

Aus den Niederlanden gibt es zwei weitere Studien, die vergleichbare Untersuchungen vorgenommen haben, wo es auch vor Diagnose zu widersprüchlichen Ergebnissen kam.

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Thanks given by: Waldgeist , borrärger
#3

Vielleicht wäre es dann doch besser einen eigenen Thread draus zu machen, weil die Sache ist schon wichtig.

(28.07.2017, 17:07)Valtuille schrieb:  Markus, du musst beachten, dass Fallon sich ausschließlich auf US-Tests bezieht, was keine Übertragbarkeit auf Europa zulässt.

Ich weiß schon. Aber ich nehme mal an, dass die Meinung in den USA wie hierzulande ist, demzufolge im Spätstadium praktisch immer Serologie positiv sei. Und zumindest für US-Patienten geben das die Daten von Fallon m.E. nicht her.

(28.07.2017, 17:07)Valtuille schrieb:  Zudem hat Fallon ja PTLDS-Patienten untersucht, die bereits diagnostiziert und behandelt waren. Dass die Serologie nicht zur Therapiekontrolle geeignet ist, und Beschwerden nach Therapie unabhängig von positiver Serologie sind, ist ja nichts Neues.

Mir ging es ganz unabhängig vom Patientenkollektiv darum, dass ein Test mit nahezu 100 % Sensitivität und hoher Spezifität nicht derart divergierende Ergebnisse in verschiedenen Labors liefern kann. Wenn das Referenzlabor bei 21 Patienten Antikörper findet, kann ein anderes Labor, das nur bei 16 welche findet, keine Sensitivität von annähernd 100 % haben, so meine Überlegung.

(28.07.2017, 17:07)Valtuille schrieb:  Eine ganz neue europäische Studie hat festgestellt, dass Kontrollpatienten und aktive Neuroborreliose die Testergebnisse zweier Elisa Tests übereinstimmten (Sensitivität 100 % bei Neuroborreliose), bei behandelten Borreliosepatienten jedoch nicht.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28748396

Das klingt gut. Da wurde u.a. der C6-Elisa verwendet. D.h. man kann ihn auch in Europa verwenden. Der C6-Elisa soll scheinbar so spezifisch sein, dass es keines WB mehr bedarf. Ich wollte den Test schon lange mal machen, fand aber bisher kein vertrauenswürdiges Labor in D, das diesen Test anbietet.

(28.07.2017, 17:07)Valtuille schrieb:  Aus den Niederlanden gibt es zwei weitere Studien, die vergleichbare Untersuchungen vorgenommen haben, wo es auch vor Diagnose zu widersprüchlichen Ergebnissen kam.

Meine Hypothese kann man ja auch bei diesen testen. Ich hatte halt nur Fallons Studie auf dem Rechner.
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Thanks given by: Waldgeist
#4

@Valtuille: Kannst du mir sagen, um welchen beiden weiteren Studien es sich handelt? Ich konnte über die von dir verlinkte hinaus nur das hier finden (war wohl nicht gemeint): https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9563198

@Moderator: Kann man vielleicht ab Beitrag #10 abtrennen und einen neuen Thread aufmachen. Titel vielleicht "Sensitivität Serologie bei PTLDS bzw. Spätborreliose". Hätte gleich einen eigenen Thread starten sollen, sorry.
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Thanks given by: Waldgeist
#5

(28.07.2017, 19:40)Markus schrieb:  @Moderator: Kann man vielleicht ab Beitrag #10 abtrennen und einen neuen Thread aufmachen. Titel vielleicht "Sensitivität Serologie bei PTLDS bzw. Spätborreliose". Hätte gleich einen eigenen Thread starten sollen, sorry.

Dein Wunsch war mir Befehl. Icon_computer
Danke für's Mitdenken!

Gruß Moderator
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Thanks given by: Valtuille , Waldgeist , urmel57
#6

Markus schrieb:Mir ging es ganz unabhängig vom Patientenkollektiv darum, dass ein Test mit nahezu 100 % Sensitivität und hoher Spezifität nicht derart divergierende Ergebnisse in verschiedenen Labors liefern kann.
Bei Borreliose ist aber das Patientenkollektiv ganz entscheidend für die Sensitivität und laut Lehremeinung die Aussagekraft des Testergebnisses.
EM, Spätstadium und PTLDS sind unterschiedliche Patientenkollektive. Dass bei EM oder PTLDS die Sensitivität sehr hoch ist, hat meines Wissens niemand gesagt.
Nur im (unbehandelten) Spätstadium ist die Sensitivität laut Lehrmeinung sehr hoch und in den Studien, die ich mir angeschaut habe, ist sie auch in der Tat deutlich höher als im (disseminierten) Frühstadium.

Dass es unterschiedliche Testkits unterschiedlicher Qualität gibt, ist ja kein großes Geheimnis. Die Studien sind auch nicht unbekannt in Deutschland.
Das wäre aber eher eine Frage für das NRZ.

Hier die beiden Studien, die ich meine:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21271270
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26286381
Und eine Meta-Analyse der Gruppe (übrigens deutlich besser als die, die hier vor einiger Zeit rumgeisterte):
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27013465

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Thanks given by: Waldgeist
#7

(28.07.2017, 16:22)Markus schrieb:  Im Referenzlabor waren 21 Patienten WB IgG (CDC) positiv, in einem kommerziellen Labor 16 und in zwei Speziallabors je 16 und 18. Wenn wir dem Referenzlabor mal eine Sensitivität von 100 % (unrealistisch!) und eine Spezifität von 95% zugestehen, so kann man ca. mit einem Falschpositiven unter 20 positiven Ergebnissen rechnen.

D.h. von den 21 Positiven, wäre einer falschpositiv
Im letzten Satz liegt ein Denkfehler.
Spezifität 95% bedeutet nicht, daß 5% der positivgetesteten falschpositiv sind, sondern daß 5% der Gesunden falsch-positiv getestet werden.

Würde heißen: Werden 1000 gesunde Probanden getestet, ergäbe sich bei 50 ein (falsch-)positives Ergebnis. Es wären hier also 100% der Positiven falsch-positiv.

Es ist also theoretisch ohne weiteres möglich, daß alle diese Labore eine Sensitivität von genau 100% haben, aber eine nur minimal unterschiedliche Spezifität.
Gruß
Donald
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Thanks given by: Waldgeist , Markus
#8

(29.07.2017, 00:46)Donald schrieb:  Im letzten Satz liegt ein Denkfehler.
Spezifität 95% bedeutet nicht, daß 5% der positivgetesteten falschpositiv sind, sondern daß 5% der Gesunden falsch-positiv getestet werden.

Ja, du hast recht. Das ist mir gestern auch noch eingefallen. Es sollte aber das qualitative Ergebnis der Überlegung nicht beeinflussen. Es wurden insgesamt ja nur 37 Patienten mit PTLDS getestet. Im Referenzlabor dann 21 davon positiv auf B., im kommerziellen Labor 16. Es müssten ja im Referenzlabor mindestens 5 Falschpositive dabei sein, wollte man dem kommerziellen eine Sensitivität von 100 % zugestehen (bei gleichzeitiger Annahme, dass die Spezifität im kommerziellen Labor dann auch 100 % ist).

Also gehen wir mal davon aus, dass von den 37 PTLDS Patienten 16 tatsächlich Antikörper gegen Borrelien hätten. Das Referenzlabor testet nun von den (37 - 16) = 21 PTLDS-Patienten ohne Antikörper fälschlicherweise 5 positiv, was einer Spezifität von (21-5) / 21 = 0,76, also 76 % entsprechen würde. Man müsste also um die These der 100 %-Sensitivität halten zu können, dem Referenzlabor eine sehr schlechte Spezifität von 76 % und gleichzeitig dem kommerziellen eine von 100 % zuerkennen. Das scheint mir nicht plausibel. Ich hoffe mal, dass sich nicht wieder ein Denkfehler eingeschlichen hat.
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Thanks given by:
#9

(29.07.2017, 09:38)Markus schrieb:  Man müsste also um die These der 100 %-Sensitivität halten zu können, dem Referenzlabor eine sehr schlechte Spezifität von 76 % und gleichzeitig dem kommerziellen eine von 100 % zuerkennen.
Müsste vom Prinzip her stimmen. Ohne die Zahlen jetzt nachgerechnet zu haben.

Bei allen Berechnungen auf Grundlage dieser Studie muß man aber berücksichtigen, daß die Signifikanz jedes Ergebnisses katastrophal schlecht sein dürfte.
Sonstige systematischen Fehlerquellen ganz außer Acht gelassen.
Gruß
Donald
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