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"Lyme Rage" oder Bartonella-Aggressionen?
#1

Hi Alle,

ich mache seit April meine Therapie mit einer Spezialistin in Augsburg, bisher waren es zwei Mal 8-Wochen Zyklen mit diversen Antibiotika und NEM's etc. Einige Dinge haben sich zwischenzeitlich unglaublich verbessert, z.B der Schlaf und die nächtlichen Schwindelanfälle. Im Moment struggle ich aber wieder ganz schön heftig mit allen möglichen anderen Symptomen, vor allem Schwindel, Sehstörungen und plötzliche Erschöpfungs- und Grippegefühlattacken. Ich kann gerade nicht unterscheiden, ob ich Herxheimer-Reaktionen erleben oder die Symptome einfach nur wieder zurückkommen oder doch nie richtig weg waren. Belastend genug.

Worunter ich im Moment aber unglaublich und beinah unerträglich leide sind diese ganz plötzlichen, bei mir meist zwischen 13 und 16 Uhr auftauchenden Anfälle von sogenannter Lyme Rage, wobei ich immer öfter lese, dass diese krassen Persönlichkeitsveränderungen und Aggressionen eigentlich Bartonella henselae zugeschrieben werden. Wobei es mich ganz ehrlich auch nicht wundern würde, wenn echter psychischer Frust dahintersteckt. Ich halte den Frust über diese Krankheit und diese zähe Therapie wirklich nicht gut aus. Ich war schon immer temperamentvoll und ungeduldig und auch als Kind schon für heftige Gefühlsbrüche bekannt in meiner Familie.

Auf der anderen Seite bewegen sich diese Wutanfälle wirklich auf einem gänzlich neuen Niveau und sind mir derart gruselig und stellen so heftige Persönlichkeitsveränderungen dar, dass ich sie nicht mehr normal finde und schon logisch fänd, wenn die entzündungs- bzw erregerbedingt sind. 

Es sind heftige anfallsartige Aggressionsattacken, gegen die fast nichts hilft. Das schnellt derart in mir hoch, dass ich kaum reagieren kann. Ich glaube, das sind in etwa so Anfälle, bei denen man im Mittelalter den Teufelsaustreiber geholt hat. Ich raste dann einfach aus, in mir steigt eine unerträglich Unruhe und ein krasser Druck auf, und irre Kräfte brechen sich Bahn. Oft geht es mit Schwindel einher. 

Ich drehe dann einfach durch, schlage teilweise meinen Kopf gegen Wände, kratze mich auf (nicht, weil es juckt, sondern weil ich einfach etwas zerstören muss, im Zweifel halt mich selbst - ich habe auf dem linken Arm schon richtige Narben, die mir wahnsinnig unangenehm sind, weil ich nie zu Borderline-Verhalten tendiert habe und mich selbst in meinen melancholischsten Pubertätszeiten nie auch nur versuchsweise mal geritzt habe o.ä), zerbreche Teller oder Gläser oder knalle Türen, schreie, brülle und heule in mein Kissen, brülle meinen Freund an, zerbiege Gegenstände, beiße irgendwas kaputt, und manchmal verdrehe ich dabei superheftig die Augen und mein ganzes Gesicht verzerrt, wirklich wie in so einem Horrorfilm. Ich muss oft auch unfassbar stark weinen, so dass das ganze Zwerchfell richtig pumpt und ich kaum Luft kriege. Mein Körper macht dann einfach Sachen, derer ich nicht mehr Herr bin. Zum Glück lässt es dann auch wieder nach, nach maximal 15 Minuten bis einer halben Stunde. Bisher habe ich noch niemanden körperlich verletzt und bin zum Glück auch nur zuhause derart auffällig geworden, noch nicht draußen oder unter Menschen.

Ein paar Mal habe ich jetzt schon versucht, einfach schnell rauszulaufen und durch den Park zu rennen, um die Energie abzubauen, aber das packe ich körperlich kaum, da ich ja leider körperlich auch so schwächele und ich dann Angst um mein Herz habe und überhaupt. Abgesehen davon ist es mir in diesem Zustand auch unangenehm, fremden Menschen zu begegnen. Ich habe Angst, ich könnte vor ein Auto rennen. Ich bin dann wie von Sinnen. Also bleibe ich meist zuhaus. Zum Glück kann ich es mittlerweile reflektieren, dann warne ich meinen Freund kurz vor und sage: Ich krieg grad so eine Aggressionsattacke. Das hilft, um die Sache einzuordnen. Aber wegnehmen kann mir diesen Wutanfall halt leider keiner. Mein Freund ist dann zum Glück sehr liebevoll und geduldig mit mir, aber natürlich auch hilflos.

Am schlimmsten war es, als ich das noch nicht mit der Krankheit in Verbindung bringen konnte und die Wut dann mit tatsächlichen Ereignissen in Verbindung gebracht habe, was zu sehr viel irrwitzigem Streit und innerer Verwirrung geführt hat, weil ich die Wut einfach begonnen habe auf falsche Sachen zu schieben. Das ist zum Glück vorbei und erleichternd.

Dennoch: Ich brauche dringend Strategien, diese Anfälle abzufedern. Kennt jemand von euch das? Habt ihr Tipps?
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Thanks given by:
#2

Hallo lena_lemon,

das hört sich wirklich nach einer sehr belastenden Situation für dich und Andere an. Als ich deine Zeilen gelesen habe kam eine vage Erinnerung hoch, dass ich während meiner Antibiose auch verstärkt aggressives Verhalten an den Tag legte, aber bei Weitem nicht so schlimm, wie bei dir.
Aber es war eine sehr schwierige Zeit für alle Beteiligten.

Woran das liegt oder was Du dagegen tun kannst, weiß ich leider nicht, aber hast Du dich mal mit deiner Spezialistin zusammengesetzt? Das wäre meine erste Anlaufstelle, weil es anscheinend unmittelbar mit deiner Behandlung einher geht.
Ich bin der Meinung, dass dies unbedingt abgestellt werden sollte, da Du eine Bedrohung für dich selbst sein könntest!

Depression und Aggression haben den gleichen Ursprung, äußern sich individuell bei jedem anders, je nach Auslöser und Stimmungslage. Bei dir muss anscheinend Alles explosionsartig raus.

Wie gesagt, frag bei deiner Spezi nach, eventuell müsst ihr die Therapie verändern und vielleicht sind ihr diese Agressionsattacken geläufig und Sie  kann dir dazu etwas raten.
Ich glaube auch nicht, dass Du eine Psychotherapie brauchst- obwohl sie generell hilfreich sein kann, da sich dein verändertes Verhalten mit dem Zeitraum der Behandlung deckt.

Bei mir sind die Aggressionen nach der Antibiose übrigens wieder verschwunden.

Ich hoffe, Du bekommst Antworten und Hilfe!
LG, micci

Zusammen bewegen wir mehr!
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Thanks given by: Waldgeist , lena_lemon , urmel57 , Valtuille , borrärger
#3

Hi micci,

danke für deine mitfühlenden Zeilen. Ja, ich spreche am 21. mit der Spezialistin darüber, vorher habe ich leider keinen Termin bekommen. Ich hoffe, dass es bis dahin nicht mehr so oft auftritt, es passiert zum Glück nicht täglich in der beschriebenen Intensität.

Dass du sagst, es hat bei dir nach der Antibiose aufgehört, beruhigt mich sehr. Ich kann das Ende der Therapie gar nicht erwarten, ich möchte so gern endlich mal wieder Normalität in meinen Körper einkehren lassen – wobei natürlich immer die Sorge mitschwingt, dass die Erreger nicht weg sind und sich dann wieder ungehemmt ausbreiten.

Schon ganz schön belastend. Ich frage mich, was andere Langzeitkranke für tägliche Coping-Strategien entwickeln. Ich arbeite zum Glück selbstständig und kann mir alles ganz gut selbst einteilen, was viel Druck rausnimmt. Dennoch gehört Arbeit halt zum Leben dazu und ich bin ja auch froh, weiter arbeiten zu können und will es auch. Bloß muss ich wirklich versuchen, noch viel mehr Balance herzustellen und das ist nicht so einfach.

Erstmal liebe Grüße!
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Thanks given by: micci , judy , Valtuille
#4

Diese Wutausbrüche und Agressionen sind bestimmt sehr schlimm für dich, aber es gut, dass dein soziales Umfeld da zu dir steht. Das klingt sehr belastend für dich, auch mit dem selbstverletzenden Verhalten. Ob das nun direkt durch den Erreger, durch die Entzündungen oder den ganzen Frust, den die Erkrankung mit sich bringt, kommt, können wir nicht einschätzen. Nebenwirkungen von Medikamenten sind manchmal auch denkbar. Es ist auf jeden Fall gut, mit deiner behandelnden Ärztin zu sprechen.

Ich an deiner Stelle würde aber überlegen, ein Erstgespräch bei einer/m Psychotherapeuten/in zu führen. Das geht ganz unkompliziert und kostenlos. Im Anschluss kann man dann schauen, ob weitere Gespräche empfehlenswert sind, das entscheidest ja auch du selbst. Aber Ärzte sind da leider meistens etwas überfordert und auch kaum darin ausgebildet (wobei es natürlich auch bei Psychotherapeuten Unterschiede gibt). Gespräche mit Psychotherapeuten können helfen, gezielt Coping-Stragien zu entwickeln (auch ganz unabhängig von der Agression) und vielen hilft es schon, die Gespräche zu führen, um mit der belastenden Situation besser klar zu kommen als Ergänzung zur Antibiose. Das muss nicht gleich eine richtige Psychotherapie sein.

The elm, the ash and the linden tree
The dark and deep, enchanted sea
The trembling moon and the stars unfurled
There she goes, my beautiful world
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Thanks given by: borrärger , Waldgeist , micci , lena_lemon , urmel57
#5

Mir ist da noch etwas in den Sinn gekommen, weil es mir seltsam vorkommt, dass deine Ausbrüche immer im gleichen Zeitfenster statt finden. 

Zitat: bei mir meist zwischen 13 und 16 Uhr auftauchenden Anfälle 


Es passiert also nicht willkürlich, sondern nachmittags zu nahezu gleichen Zeiten. Nimmst Du vielleicht ein bestimmtes Medikament oder Ergänzungen nur und ausschließlich zur Mittagszeit ein? Irgendetwas, dass nach der Verdauung seine Wirkung zeigt?

Diese festen Zeiten würden auch dagegen sprechen, dass es psychisch bei dir ist.
Was natürlich nicht Valtuilles Empfehlung ausschließt dir therapeutische Hilfe zu holen, wenn Du es möchtest.

Aber das mit der Uhrzeit finde ich unbedingt bemerkenswert!

Grüße, micci

Zusammen bewegen wir mehr!
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Thanks given by: Waldgeist , lena_lemon
#6

Hallo alle,

danke für euren Rat, das weiß ich sehr zu schätzen. Ich lag ziemlich flach die letzten Tage, daher meine späte Antwort.

@Valtuille, ja, ich habe sogar eine Psychotherapeutin, und es hilft auf jeden Fall, mit der über diese Attacken zu sprechen. Bis ins Letzte verstanden in der Causa Borreliose und Co fühle ich mich halt leider im Moment von niemandem so recht außer meinem Freund und der Spezialistin, aber es ist besser als nichts! Ich versuche im Moment wieder mehr in die Meditation hineinzufinden, das ist so eine Copingstrategie, die langfristig auch universal hilft, daran glaube ich schon sehr fest. Wenn man einfach lernt, sich ein wenig von seinen Regungen abzukoppeln und nicht jedem Impuls zu folgen. Aber körperlich bräuchte ich halt so etwas wie sofort in einen Boxsack hauen, oder so. Mal sehen, was ich da noch erarbeiten kann.

@micci, danke, dass du dir noch weitergehend Gedanken gemacht hast. Ich denke, die uhrzeitliche Korrelation ist auf jeden Fall eine ungute Mischung aus dem Zeitpunkt, in dem die Medikamente voll reinhauen von der Dosis, die ich zum Mittagessen einnehme, und so einer generellen Neigung von mir, am Nachmittag etwas abzubauen.

Erstmal alles Liebe euch und danke für die Unterstützung.
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Thanks given by: micci


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