Artemisia -
Babsi - 27.01.2013
Moi, Moin,
Hat jemand Erfahrung mit Artemisia annua?
Ich nehme seit geraumer Zeit Artemisia Kapseln (3x täglich) zwischendurch auch in Kombi mit Minocyclin, was ich aber abgesetzt habe.
Ich bin immer irgend wie Malle im Kopf und mit dem scharf Sehen klappt's auch nicht so richtig. Ich hatte das Minocyclin unter Verdacht, das hab ich aber seit 3 Tagen abgesetzt, mein Zustand hat sich aber nicht gebessert.
Meine Frage deshalb, wer hat Erfahrung mit Artemisia und hat Eve. Nebenwirkungen davon gehabt?
Danke für reichhaltige Antworten,
Babsi
RE: Artemisia -
leonie tomate - 27.01.2013
Hallo Babsi,
ich habe Artemisia Kapseln über mehrere Monate eingenommen. Teilweise zusätzlich zu der Antibiose (Mino, Azi, Quensyl) und auch zusammen mit anderen naturheilkundlichen Präparaten.
Ich konnte keine signifikante Wirkung feststellen. Allerdings auch keine Nebenwirkungen.
Artemisia wird auch manchmal begleitend zu einer Antibiose eingesetzt, um das Quensyl (soll auf zystische Formen wirken und wohl auch PH-Wert absenken) zu "ersetzten".
Inwieweit das hinhaut, vermag ich nicht so recht beurteilen.
Wichtig ist allerdings, dass du Artemisia nicht durchgängig nimmst. Es sollen sich bei einer Dauereinnahme im Körper Enzyme bilden, die eine Aufnahme behindern, oder unmöglich machen.
Besser 5 Tage nehmen - 2 Tage Pause. Oder maximal 3 Wochen und dann 1 Woche pausieren.
Da gibt es verschiedene Angaben zu möglichen Einnahmeschematas.
Liebe Grüße
Leonie
RE: Artemisia -
Valtuille - 27.01.2013
Man muss hier erstmal unterscheiden zwischen Artemisia annua und dem Wirkstoff Artemisinin.
Die von Leonie genannte Auto-Induction wurde bei reinem Artemisinin beobachtet (z.B. hier:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19851082) und es ist sehr umstritten, ob sogenanntes Pulsen (5 on, 2 off) hier hilft. Häufig wird es 3-7 Tage entsprechend dosiert gegeben, 2 Wochen pausiert und dann wiederholt.
Nach 7 Tagen ist nur noch 24% des Wirkstoffes im Blut, reines Artemisinin ist nicht für die Langzeit-Einnahme gedacht und hohe Dosierungen (>1200mg) über lange Zeit können neurotoxisch sein. Kurzzeitbehandlungen in angemessenen Dosierungen (wie bei Malaria) sind normalerweise relativ sicher. Eingesetzt wird Artemisinin hauptsächlich bei Parasiten (und es gibt Hinweise auf eine anti-Tumor-Wirkung).
Hier geht es aber nicht um reines Artemisinin sondern um Artemisia annua.
Ob die Auto-Induktion in dieser starken Form bei Artemisia annua ebenfalls vorkommt, weiß ich nicht, die von mir gefundene Literatur beschränkt sich auf Artemisinin.
Ungeprüft ist die Aussage, dass Ethanol-Auszüge einen reduzierten Auto-Induktions-Effekt resultieren. Ebenso wird behauptet, dass Grapefruits das bilden des verantwortlichen Enzyms verhindern (Bitte nicht einfach "ausprobieren", zu Grapefruits und Wechselwirkungen hier nachschauen:
http://forum.onlyme-aktion.org/showthread.php?tid=1493). In wie weit das stimmt, kann ich auf die Schnelle nicht beurteilen.
Die ganze Pflanze enthält neben Artemisinin noch viele weitere Komponenten.
Was die Effektivität angeht: Die ganze Pflanze wirkt bei vergleichbarem Artemisinin-Gehalt bei Malaria-Erregern besser als reines Artemisinin und führt nicht zu Resistenzen. Gründe können eine höhere Bioverfügbarkeit und/oder andere enthaltene Stoffe in Artemisia annua sein, die ebenfalls gegen Malaria wirken.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22986092
Als Nebenwirkungen bei Artemisia annua wird leichte Übelkeit beschrieben, auch Benommenheit, Tinnitus, Unterleibsschmerzen und Juckreiz.
Reines Artemisinin (was du vermutlich nicht nimmst, ist relativ schwierig zu beschaffen) kann stärkere Nebenwirkungen hervorrufen.
Wechselwirkungen:
"Interactions with cytochrome P(450) inhibitors are known but these neither affect the efficacy nor the toxicity of the respective derivative"
Wechselwirkungen mit Protonenpumpenhemmern sind möglich.
Der Einsatz von Artemisia annua bei der Borreliosetherapie ist bislang nicht ausreichend erforscht und eher experimenteller Natur (Hydroxychloroquin in dieser Form aber im Grunde auch, zu den Zystknacker-Fähigkeiten gibt's unterschiedliche Studien).
Ob das und wie das funktioniert ist schwer zu sagen, da fehlt es einfach noch an Studien (und bis diese erfolgt sind, sind Aussagen wie "Zystknacker" mit Vorsicht zu genießen), in Bezug auf Borreliose findet sich keine einzige Studie bei Pubmed, wohl aber zu Artemisinin und Babesien:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=artemisinin%20babesia
RE: Artemisia -
Broesel - 28.01.2013
(27.01.2013, 18:45)Valtuille schrieb: Was die Effektivität angeht: Die ganze Pflanze wirkt bei vergleichbarem Artemisinin-Gehalt bei Malaria-Erregern besser als reines Artemisinin und führt nicht zu Resistenzen. Gründe können eine höhere Bioverfügbarkeit und/oder andere enthaltene Stoffe in Artemisia annua sein, die ebenfalls gegen Malaria wirken.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22986092
Nur das dürfte das Problem sein. Man weiß bei den meisten Artemisia annua Produkten nicht, wie viel Artemisinin tatsächlich enthalten ist. Deswegen finde ich persönlich es schwierig, ob man Artemisia annua oder Artemisinin empfehlen soll. Denn Artemisinin wirkt vermutlich um ein mehrere hundertfaches stärker als die anderen Komponenten von Artemisia annua.
RE: Artemisia -
Valtuille - 28.01.2013
Zitat:Nur das dürfte das Problem sein. Man weiß bei den meisten Artemisia annua Produkten nicht, wie viel Artemisinin tatsächlich enthalten ist. Deswegen finde ich persönlich es schwierig, ob man Artemisia annua oder Artemisinin empfehlen soll. Denn Artemisinin wirkt vermutlich um ein mehrere hundertfaches stärker als die anderen Komponenten von Artemisia annua.
Das kommt darauf an, wofür man es einsetzt. Reines Artemisinin führt bei Malaria zum Beispiel zunehmend zu Resistenzen(bei einer Studie sind die Malaria Erreger in eine "Schlaf"-Phase übergegangen, sobald sie mit Artemsinin in Kontakt kamen und später wieder erwacht
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21385409 ) und Artemisia annua wurde ja entdeckt, weil man in dem Gebiet, in dem es benutzt wurde, fast keine Malaria-Fälle hatte.
In der klinischen Praxis wird reines Artemisinin soweit ich weiß nicht eingesetzt (sondern semi-synthetische Derivate), wegen der schlechteren Bioverfügbarkeit.
Wenn im Herbst geerntet wird, hat die frische Pflanze einen Artemisinin-Gehalt von 0,74 bis 1,4% (was heißt, dass beträchtliche Mengen eingenommen werden müssen für eine effektive Malariatherapie).
Ob die anderen Komponenten wirklich so viel schwächer sind, kann ich jetzt nicht sagen (man hat sich auch ziemlich auf Artemisinin fixiert), aber wenn du dir die verlinkte Studie ansieht, wirst du sehen, dass dort Artemisia annua gegen Malaria wirkte, obwohl der Artemisinin-Gehalt im Grunde zu gering war, um dafür verantwortlich zu sein.
Bei einigen Komponenten hat man festgestellt, dass durch sie die benötigte Artemisinin-Menge um das 3-5fache reduziert wird.
Es steht auch im Raum, dass diese Flavonoide die Auto-Induktion reduzieren.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20657468
Zudem kommt, dass die ganze Pflanze viel breitbandiger wirkt (u.a. auch antifungale und antivirale Eigenschaften; bemerkenswert antibakteriell ist jedoch eher das ätherische Öl, was wiederum nicht systemisch wirkt) und weniger zu Nebenwirkungen neigt.
Bei der Borreliose, wo es keine Studien, sondern nur Mutmaßungen und Behauptungen gibt, finde ich den Einsatz von Artemisinin bzw. Artemisia annua generell etwas fragwürdig.
Gerade Aussagen wie Zystknacker oder zugeschriebene antibakterielle Eigenschaften stehe ich doch eher skeptisch gegenüber, solange es keine Studien dazu gibt (Frau Dr. Sapi, Sie dürfen).
Bei der ganzen Pflanze kommt es übrigens, wie immer, auch auf die Form an, in der man es einnimmt. Frisch ist die Pflanze am effektivsten. Viele der wirksamen Komponenten, Artemisinin z.B., sind nicht sehr gut wasserlöslich, jedoch sehr gut löslich in Fetten und Alkohol.
Ob da reine Artemisia annua Kapseln, wie meist angewendet, das Richtige sind?
Was, vermute ich einfach mal, auch ein Grund ist, warum man sich so auf das Artemisinin fixiert hat ist, dass sich leichter Geld damit machen lässt. Gerade für Malaria besteht ja ein riesengroßer Markt.
RE: Artemisia -
Babsi - 28.01.2013
Viele Dank für die Antworten,
Ob das Artemisa bei mir Wirkt weis ich leider auch nicht so genau. Ich habe es 6 Wochen lang eingenommen, Stimmungsschwankungen waren das einzige was ich bemerkt habe. Danach habe ich eine Antibiose angefangen, die aber leider auch noch keinen richtigen Erfolg brachte.
Wahrscheinlich ist der größte Nutznießer des Artemisias der Arzneimittelhersteller und der Verordnende Arzt?
Babsi
RE: Artemisia -
Marco - 30.01.2013
Das Artemisia gibt mir auch Rätzel auf!
Hatte letztes Jahr für vier Wochen Azi plus Hydroxychl. mit milden Reaktionen.
Danach für vier Monate Mino plus Artemisia mit heftigen Reaktionen, die schubweise kamen und gegen Ende fast verschwanden.
Nehme jetzt seit gut einer Woche Azi plus Artemisia und es ist so heftig wie unter Mino.
Wenn das ein gutes Zeichen ist, wie meine Frau Dr. immer sagt, müsste man davon ausgehen, daß Artemisia besser wirkt wie Hydroxychl.? Oder ist eine“ Nachbehandlung“ immer heftiger? Kann natürlich auch sein, daß ich den passenden Zyklus getroffen hab? Hab keine Ahnung!!!
LG Marco
RE: Artemisia -
Amrei - 15.02.2013
(27.01.2013, 18:45)Valtuille schrieb: Der Einsatz von Artemisia annua bei der Borreliosetherapie ist bislang nicht ausreichend erforscht und eher experimenteller Natur (Hydroxychloroquin in dieser Form aber im Grunde auch, zu den Zystknacker-Fähigkeiten gibt's unterschiedliche Studien).
Ob das und wie das funktioniert ist schwer zu sagen, da fehlt es einfach noch an Studien (und bis diese erfolgt sind, sind Aussagen wie "Zystknacker" mit Vorsicht zu genießen), in Bezug auf Borreliose findet sich keine einzige Studie bei Pubmed, wohl aber zu Artemisinin und Babesien:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=artemisinin%20babesia
Dem kann ich nur zustimmen.
Die Therapie mit Artemisia annua ist im Grunde noch ein Feldversuch.
Meine Tochter hatte das Mittel jedenfalls anfänglich nicht vertragen ( Übelkeit ), auch nach längerer Zeit stellte sie keinerlei verstärkte Wirkung bei sich fest.
Ich hatte zwar das Gefühl, daß mein AB stärker wirkte, aber so eindeutig war es dann auch wieder nicht.
Allerdings nahm ich es dann eine Weile solo gegen meine Gelenkschmerzen, und da hatte ich den Eindruck, daß es mir besser ging. Beim Quensyl war das auch so.
LG
Amrei
RE: Artemisia -
GeorgLoeding - 08.05.2013
[quote='Valtuille' pid='11037' dateline='1359387388']
[quote]Wenn im Herbst geerntet wird, hat die frische Pflanze einen Artemisinin-Gehalt von 0,74 bis 1,4% (was heißt, dass beträchtliche Mengen eingenommen werden müssen für eine effektive Malariatherapie).
[/quote]
1.000 Gramm dieser frischen Pflanze beinhalten dann aber doch 7,4 bis 14 Gramm Artemisinin C
15H
22O
5.
"Gängige" Malaria Präparate enthalten pro Tablette 100 mg Artemisinin-Derivate (Beispiele: Artesunante C
19H
28O
8 oder Artemether C
16H
26O
5), die Kosten liegen hier in Uganda pro Therapie mit diesen Tabletten zwischen 6,00 und 12,00 Euro - mit anderen Worten: bei einem Durchschnittseinkommen von etwa 10 - 20 Euro/Monat für die meisten hier unerschwinglich. Bedenkt man die Tatsache, dass meist die gesamte Familie erkrankt (Haushalt: 2 Erwachsene plus 5-9 Kinder) und das mindestens zweimal im Jahr (vier bis achtmal ist auch nicht ungewöhnlich), kommen diese Medikamente, obwohl hoch wirksam nicht in Frage. (Erfolg >90%, nicht 100% hat andere Ursachen, wie der nicht rechtzeitige Beginn der Therapie usw.)
Also beinhalten 1.000 Gramm 74 bis 140 Einzeldosen je 100 mg.
Eine "Therapie" mit Tabletten entspricht 2 x 100 mg am ersten Tag und die darauffolgenden vier Tage je 100 mg = gesamt 600mg, entsprechend sechs Einzeldosen.
74/6 = gerundet 12 "Therapie"-Dosen oder 140/6 = gerundet 24 "Therapie"-Dosen, also im Durchschnitt 18 "Therapie"-Dosen aus 1.000 Gramm frischer Pflanze.
1.000g/18 ~ 55g frische Pflanze pro "Therapie"
Die frischen (aber auch getrockneten) Blätter der Artemisia annua L beinhalten aber auch noch viele andere Wirkstoffe gegen Malaria.
Hier in Uganda werden die Blätter der Artemisia annua L. getrocknet und zerrieben und als Tee zubereitet. Als Malaria Prophylaxe hat sich ein Teelöffel pro 200 ml Glas als Aufguss bewährt; bei der Erkrankung mit Malaria 4 x am Tag, sieben Tage.
Quasi-Kosten pro Person und Therapie sind geringer als 0,50 Euro.
PS. Ich bin bei der Suche nach Infos zum Gehalt von Artemisinin in Artemisia annua L. auf euer Forum gestoßen. Borreliose ist ja eigentlich nicht nach dem ich suchte und da konnte ich es nicht lassen, Stellung zu der "beträchtliche Menge" zu beziehen.
Zu Borreliose und Artemisia annua L. habe ich aber folgendes gefunden:
http://www.anamed.net/Deutsch_Home/Artemisia_Programm/Standard_Brief_A-3_und_weitere_Krankheiten.pdf
denn ich bin ja bei euch nach langer Suche endlich auf den %-Gehalt in der Pflanze gestoßen. Danke.
Vielleicht findet ihr im pdf den "hint" (= "Hinweis"/"Schußfolgerung"), warum Unsicherheit besteht welche therapeutische Wirkung 'Artemisia annua' auf Borreliose HAT. Viel Glück. Dort werdet ihr auch fündig, wenn jemand "echtes" Artemisinin - also nicht die Derivate und den ganzen Pfusch aus dem Net (sogar aus Apotheken) - haben will.
RE: Artemisia -
urmel57 - 08.05.2013
Hallo Georg,
Ein interessanter Artikel zu Artemisia. Aber leider für die Borreliosebehandlung auch nicht richtungsweisend. Die in dem Link angbotenen Pflanzenteile werden nicht aus der Wildform der Artemisa annua hergestellt sondern aus einer Zuchtform mit verändertem Wirkstoffgehalt der bis zum 20fachen an Artemisin enthält. Als Malariamittel steht es im Zentrum einiger Forschungen und es wurden damit wohl auch schon einige Erfolge erzielt.
Da es aber immer noch nicht klar ist, welches das wirksame Prinzip aus der Artemisia a. Pflanze ist, halte ich es ebenso für fragwürdig, wenn man Erfahrungen aus der traditionellen Medizin einfach auf stark veränderte Pflanzen überträgt.
Artemisin mag die Leitsubstanz in der Pflanze sein, sie alleine bestimmt aber nicht über die Wirkungen, die oft erst im Kontext der Begleitsubstanzen entsteht. Die Begleitsubstanzen können auch über unerwünschte Wirkungen entscheidende Funktionen haben.
Was ich damit sagen möchte, die im Link beschriebenen Anwendungsgebiete und beschriebenen Indikationen beziehen sich damit auf eine andere Pflanze (nämlich der Wildform) als die, die hier angeboten wird und jede Anwendung ist daher rein spekulativ.
Was mich immer stutzig macht, ist, wenn pflanzliche oder sogenannte alternative Mittel im Gegensatz zu Antibiotika als harmlos dargestellt werden. Pflanzen oder Zubereitungen, die antibiotisch wirken oder in den Organismus eingreifen, haben grundsätzlich immer ebenso das Potential auf unerwünschte Wirkungen, die allerdings meist nicht so erforscht sind wie bei zugelassenen Arzneimitteln.
Die Aufforderung der Anwendung als Arzneimittel des Artemisia, das in dem Link beschrieben wird, verstehe ich als Aufforderung zu einem unkontrollierten Freilandversuch, vor dem ich abraten würde. Was nun Pfusch ist und was nicht, darüber kann man nun sinnieren.
Nachdenkliche Grüße vom Urmel