Wanderröte oder nicht? -
qua7 - 27.09.2025
Hallo,
ich hatte vor fast drei Wochen einen Zeckenstich oberhalb der Kniekehle. Zunächst war nur ein kleiner Punkt zu sehen, wie bei einem Mückenstich. Nach eineinhalb Wochen erschien dann jedoch eine größere Rötung, die seither Tag für Tag größer wird. Mittlerweile ist sie an die 7cm lang und 2 cm hoch (siehe unten ein Foto von heute). Sie juckt nicht und ist auch nicht warm.
Meine Hausärztin findet, das sei zu 99,99 Prozent keine Borreliose. Um mich zu beruhigen, ließ sie Antikörper bestimmen (Ergebnis liegt noch nicht vor).
Diese Woche hatte ich zufälligerweise auch einen Termin beim Hautarzt. Auch er meinte, dies sehe nicht nach Erythema migrans aus.
Seit gestern Abend habe ich einen Druck auf der Brust und auffällig niedrigen Puls mit leichtem Schwindel, daher bin ich heute (weil Freitagnachmittag) in die Rettungsstelle. Ergebnis: der anwesende Arzt meinte, das sehe so überhaupt nicht nach Erythema migrans aus, außerdem könne man eine Lyme-Karditis erst nach einigen Monaten bekommen (was allerdings nicht stimmt). Das EKG war bis auf einen inkompletten Rechtsschenkelblock normal.
Auch wenn nun drei Ärzte meinten, dies sei auf keinen Fall Borreliose, beunruhigt mich die wachsende Rötung natürlich weiterhin. Eine schlüssige Erklärung, was diese Rötung denn sonst sein könnte, hat mir keiner der drei Ärzte geben können.
Daher meine Frage an das Forum, ob sich bei jemandem eine ähnliche Rötung schließlich als Erythema migrans herausgestellt hat.
RE: Wanderröte oder nicht? -
urmel57 - 27.09.2025
Hallo, zunächst willkommen bei uns.
Wenn das die Stelle ist, wo die Zecke gestochen hatte, würde ich gar nicht zögern und Antibiotika verlangen.
Nicht jeder Zeckenstiche ist typisch! Es gibt durchaus gute Beschreibungen der Wanderröte in den gängigen Leitlinien. Die ständige Ausbreitung und der Zeckenstich sind so verdächtig, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand Borreliose zu 99,9% sicher ausschließen will.
Auf Antikörper zu testen, ist oft irreführend, da im frühen Stadium noch keine gebildet werden oder verwechselt oder fehlinterpretiert werden.
Das einzige um Borreliose 100% ig zu beweisen, wäre eine positive Kultur einer Hauptprobe, die nicht nur aufwendig ist, sondern auch keine hohe Erfolgszahlen wegen mangelnder Empfindlichkeit aufweist.
Ich würde an deiner Stelle auf antibiotische und auch ausreichend langer Behandlung bestehen und durchaus die Leitlinien für die Behandlungslänge zunächst heranziehen. Die Empfehlungen dort sind das absolute Minimum einer Borreliose Behandlung, die niemandem verwehrt werden sollte.
013-044l_S2k_Kutane_Lyme_Borreliose_2024-06.pdf
https://share.google/n7L5aAln6uWNjerEw
Ohne vernünftige Erklärung, was die Rötung ansonsten ist, sollte man dringend von Borreliose ausgehen und nach deinen Schilderungen nicht abtun.
Niemand außer Dir muss die Folgen einer verpassten Behandlung tragen und das wünscht hier keiner irgendjemanden.
Liebe Grüße Urmel
RE: Wanderröte oder nicht? -
qua7 - 27.09.2025
Danke Urmel!
Die 99,99prozentige Sicherheit meiner Hausärztin fand ich auch sehr gewagt, das habe ich ihr auch gesagt.
In der Leitlinie steht ja auch, dass man ein atypisches Erythema migrans dermatologisch abklären soll. Was ich ja getan habe, der Hautarzt ist immerhin Professor an der Charité.
Nun habe ich drei einhellige Arztmeinungen. Mein Vertrauen in Ärzte ist zwar sehr begrenzt, aber ich denke, ich werde nun noch abwarten. Vielleicht wird das EM ja noch typisch und eine Antikörperbestimmung in ein paar Wochen könnte ja schon aussagekräftiger sein.
Es kann sein, dass ich schon vergangene Infektionen hatte, denn Gelenks-, Muskel- und Sehnenschmerzen und vieles andere habe ich bereits seit den späten 80er Jahren, ohne dass je eine Ursache gefunden wurde. Bisherige Serologien waren immer negativ.
RE: Wanderröte oder nicht? -
urmel57 - 27.09.2025
Gerne doch
Abwarten ist natürlich eine Option. Ob es eine gute ist, ist Geschmacksache, die von Borreliose Spezialisten eher nicht geschätzt wird. Sorry, ich bin jetzt ein wenig despektierlich, da ich leider die Qualifikation des Herrn Prof und sein Spezialgebiet nicht einschätzen kann. Wenn der Herr Prof. von der Charité eine so gute "Glaskugel" hat, hat er doch sicherlich die "richtige" Diagnose stellen können? An den Borreliose - Leitlinien hat er jedoch mit Sicherheit nicht mitgearbeitet.
Gelenkschmerzen kommen auch bei anderen Erregern zur Begleitung dazu. Natürlich gibt es hier im Forum keine Möglichkeit, Diagnosen sichern zu können, allerdings gibt es eine Menge Patienten, bei denen Borreliose verkannt wurde. Zum Glück werden es anscheinend weniger als in früheren Jahren. Tatsächlich sollten sich bei einem normalen Immunsystem mit der Zeit Antikörper zeigen. Falls immunmodulierende Mittel genommen werden, kann das allerdings auch mal ausbleiben, ebenso wenn in einem sehr frühen Stadium Antibiotika genommen werden.
Ich hoffe, Du findest die richtige Entscheidung. Wäre sicherlich auch für den einen oder anderen interssant, wie sich die Situation weiter entwickelt.
RE: Wanderröte oder nicht? -
Sabine - 30.09.2025
Vielleicht doch noch mal zu einem anderen Hausarzt gehen?
RE: Wanderröte oder nicht? -
wuselchen - 04.10.2025
Mein Stich sah anfangs so ähnlich aus. Zu Beginn war ich damit bei einer Vertretung und wurde als "Sommergrippe" und "zu viele Gedanken" heim geschickt, obwohl ich schon Fieber hatte.
Andere haben es dann super ernst genommen, nur leider falsch behandelt, weil eine Hautinfektion das Ganze überdeckt hat.
Ich würde Dir empfehlen, zu einem anderen Hausarzt zu gehen. Zumal Borrelien in diesem akuten Stadium gut behandelbar sind und es viele wirksame Antibiotika gibt.
Das mit dem Rechtsschenkelblock klingt auch sehr nach Borrelien. Auf jeden Fall nach "einen Therapieversuch wert".
Wurdest Du mit dem Herzproblem einfach heim geschickt? Wenn Dein Puls sehr niedrig wird (so 40 oder weniger) musst Du dringend Hilfe suchen.
RE: Wanderröte oder nicht? -
qua7 - 05.10.2025
Danke für Eure Einschätzungen.
Die Rötung ist nach meinem letzten Post noch ein wenig gewachsen. Vor einer Woche stoppte das Wachstum jedoch und seither ist die Rötung doch etwas verblasst und tendiert ins Bläuliche.
Dieses doch recht schnell gebremste Wachstum wäre ja auch eher untypisch für ein Erythema migrans, zusätzlich zum untypischen Erscheinungsbild.
Ich werde 5-6 Wochen nach dem Stich noch einmal Antikörper bestimmen lassen. Aber es besteht ja doch auch die Möglichkeit, dass die einhellige Einschätzung von immerhin doch drei Ärzten nicht falsch war. Mein Vertrauen in Ärzte ist wie gesagt begrenzt, aber wenn sie mich vor einer vielleicht doch unnötigen antibiotischen Behandlung bewahren, dann find ich das auch nicht schlecht.
RE: Wanderröte oder nicht? -
Susanne_05 - 09.10.2025
Hallo qua7,
habe es erst jetzt gelesen... Bei mir sehen Hautreaktionen auf Insektenstiche in den letzten Jahren fast immer so aus wie auf deinem Foto und verblassen dann auch recht schnell von alleine, wie auf deinem 2. Foto.
Erklären konnte es bei mir noch keiner eindeutig, aber man geht von Überreaktionen im Rahmen der Histaminintoleranz/Mastzellaktivierung aus... Weiß natürlich nicht, ob so etwas bei dir in Frage kommen könnte...
LG
Susanne
RE: Wanderröte oder nicht? -
wuselchen - 09.10.2025
Hallo qua7,
wie ist es denn jetzt?
Will meine Erfahrung noch ergänzen: Mein vermutliches Erythema migrans war ja auch atypisch. Das, was davon noch zu sehen ist, ist jetzt typisch - der blasse Fleck mit Punkt.
"Das EKG war bis auf einen inkompletten Rechtsschenkelblock normal."
Naja, also nicht ganz normal. Es ist etwas, wenn auch vielleicht nichts direkt Bedrohliches.
Ich hatte bereits in der ersten Woche, in der mir die akute Infektion starke Gelenkschmerzen und Fieber bereitete, Herzprobleme.
Das heftigste Stolpern meines Lebens, am Tag nach dem Fieber habe ich den ganzen Tag gehustet durch die Rhythmusstörungen. Habe gerade Corona, das ist kreislauftechnisch anstrengend, aber nix im Vergleich dazu.
Nach dieser ersten Woche hielt es sich mit verstärkten Kreislaufstörungen, mehr Schwindel (neurologisch interpretiert aus Angst vor Neuroborreliose, war wohl einfach Kreislauf), im Rahmen. Ging halt mehr schlecht als recht aber ging.
In den ersten Tagen der antibiotischen Behandlung wurde es erstmal stärker, dann deutlich besser. Man sieht die bessere Durchblutung, bekam direkt Komplimente, dass ich so gesund aussehe - wahrscheinlich in etwa so wie im Juli ;)
Also ich würde nochmal jemand anders aufsuchen, und wenns besser wird, auch das verheilte Erythem-oder-was-auch-immer beobachten. Vielleicht gibt das mehr Aufschluss.
Kam denn beim Antikörper-Test etwas raus? Nach einigen Wochen sieht man ggf IgM, eher nicht IgG.
LG wuselchen :)
RE: Wanderröte oder nicht? -
qua7 - 10.10.2025
Hallo miteinander,
den inkompletten Rechtsschenkelblock hatte ich übrigens offenbar schon bei früheren EKGs. Die Antikörper zwei Wochen nach dem Stich waren negativ.
Nun gibt es eine neue Entwicklung: seit gestern, also circa viereinhalb Wochen nach dem Stich, habe ich einen für meine Verhältnisse heftigen grippalen Infekt mit Fieber, Schmerzen, Schlaflosigkeit. Und nur ein bisschen Halsschmerzen. Natürlich wieder vor einem Wochenende…
Bin ein bisschen ratlos, da ich die nächste Blutuntersuchung ja erst zur Sicherheit 5-6 Wochen nach dem Stich machen lassen wollte.
Diejenigen von euch, die auch einen gefühlten grippalen Infekt hatten: War der bei euch kurz nach dem Stich? Hattet ihr auch Halsschmerzen?