Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Ernie - 27.10.2014
Hallo liebes Forum,
ich bin neu hier, allerdings schon seit einigen Jahres chronischer Lyme Patient. Meine bisherigen Therapien waren entweder mit Doxy i.V. oder Ceftriaxon i.V. Jeweils allerdings nur über 10 Tage. Doxycyclin hatte bei mir die beste Wirkung, wo durch ich bereits nach den 10 Tagen quasi symptomfrei war. Nach einigen Jahren kamen die Symptome wieder. Ich wusste dann den Arzt wechseln und dieser gab mir dann Ceftriaxon, was allerdings kaum eine Wirkung bei mir hatte. Vermutlich war die Therapie auch einfach nur zu kurz. Ich habe mich dann einige Jahre mit den Symptome durchs Leben gequält.
Jetzt habe ich einen neuen Arzt und auch er gibt mir Ceftriaxon. Das Ende der Behandlung ist allerdings offen...
Jetzt zu meiner Frage. Ist Ceftriaxon mittlerweile DAS Mittel der Wahl bei chronischer Borreliose? Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob Ceftriaxon wirklich das richtige AB ist.
Entscheidend ist beim Mittel doch die Intrazelluläre Wirksamkeit,
Liquorgängigkeit und die Wirksamkeit auf zystische Formen. Das Ceftriaxon erfüllt im Gegensatz zum Hydroxychloroquin nicht alle diese Punkte.
Warum ist das Hydroxychloroquin dann nicht das Mittel der Wahl?
Vielleicht könnt ihr mir helfen. Ich habe gerade erst wieder mit Ceftriaxon angefangen und stelle es bereits in Frage..
LG, Erni
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Sunflower - 27.10.2014
Hi Ernie,
ich teile deine Meinung über Ceftriaxon:es ist zwar bakterizid und gut liquorgängig, wirkt aber in der Tat nicht in der Zelle.Ausserdem wirkt es nicht gegen Zysten, fördert sogar ihre Bildung (Kersten, 1995).Meiner laienhaften Meinung nach reicht es nicht aus, um eine chronische Borreliose erfolgreich zu behandeln.Dazu ist auch fraglich, ob 10 Tage in diesem Stadium ebenfalls alle Bakterien eliminieren können, da Bakterien mit einer langen Teilungsrate in der Regel eine längere Behandlungsdauer erfordern (Beispiel Tuberkulose, 24 St Teilungsrate, mindestens 6 Monaten Behandlung).
Doxy wirkt allerdings auch nicht gegen Zysten und nur zum Teil gegen Biofilme. Wenn es dir aber mit Doxy IV so gut ging, warum nicht ein neuer Versuch wagen?Ich würde allerdings den Spezi fragen, ob die IV nicht länger geführt werden kann und ob er nicht dazu einen AB verschreiben kann, das gut gegen Zysten wirkt, um das Risiko späterer Rückfälle zu senken.Ärzte der DBG verschreiben aus diesem Grund gerne Tinidazol oder Metronidazol.
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Sunflower - 27.10.2014
Zum Hydroxychloroquin:wie du das in einem anderen Post von mir nachlesen kannst, wirkt HCQ offen sichtlich nur in hohen Konzentrationen gegen spirochetalen und zystischen Formen, die ja unrealistisch hohe Dosierungen in vivo (>400-800 mg/Tag) erfordern würden.Es wird heutzutage eher als lysosomotrope Substanz (zellalkalisierend) zusätzlich zu Tetrazyklinen oder Makroliden eingesetzt (100 bis 200 mg/Tag).Die Aerzte vertrauen seit der Studie von Sapi mittlerweile lieber auf Metronidazol oder Tinidazol, um Biofilme und Zysten anzugreifen.Sapi sagte auf Vorträge, die Kombi Doxy (bzw. Mino)+ Tinidazol wirke am Besten gegen diese beiden Persisterformen.Die Frage ist, ob dies auch bei den von ihr in vitro fest gestellten wirksamen Konzentrationen in vivo auch möglich ist.Dr.Hopf-Seidel schreibt auf ihrer Homepage, die empirischen Erfahrungen mit Tini seien gut.
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Ernie - 29.10.2014
Hallo sunflower,
herzlichen Dank für deine Antwort! Ich bekomme jetzt 4g Ceftriaxon. Das Ende der Behandlung ist offen. Es kann bekanntlich theoretisch Monate oder Jahre dauern. Ich ziehe jetzt erst mal vier Wochen durch und dann bespreche ich mich mit meinem Doc.
Kannst du mich bitte kurz aufklären. Was bedeutet Zysten, Biofilm und in vitro/vivo?
Bislang hat diese Themen keiner der s.g. "Borrelienspezialisten" mit mir besprochen.
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
hanni - 29.10.2014
hallo ernie,
nur ganz kurz:
auf seite 38 eine aufstellung für antibiotika und kombis bei
chronischer borreliose
http://www.xerlebnishaft.de/chronisch.pdf
du siehst, quensyl (hydroxychl.) ist auch dabei.
nicht dabei sind ceftriaxon-infus...
kennst du die seite mit vielen vorträgen von dr. hopf-seidel ?
http://www.dr-hopf-seidel.de/
oder ihr buch "krank nach zeckenstich" (10euro = gut angelegt !!!)
gute besserung !
hanni
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Sunflower - 29.10.2014
Hi Ernie,
(29.10.2014, 08:28)Ernie schrieb: herzlichen Dank für deine Antwort!
Gerne!
Zitat:Ich bekomme jetzt 4g Ceftriaxon. Das Ende der Behandlung ist offen
.
Besser als nichts!
Zitat: Es kann bekanntlich theoretisch Monate oder Jahre dauern. Ich ziehe jetzt erst mal vier Wochen durch und dann bespreche ich mich mit meinem Doc
.
Gute Idee!
Zitat:Kannst du mich bitte kurz aufklären. Was bedeutet Zysten, Biofilm und in vitro/vivo?
Zysten sind "kugelförmige" (Überlebens-)formen der Borrelien, die sich aus den spirochetalen Formen ("Korkenzieher") unter für die Bakterien ungünstigen Bedingungen bilden, z.B. unter AB.
http://aac.asm.org/content/39/5/1127.long
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9646104
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8989928
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9266264
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10379684
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11478686
Biofilme sind eine gelartige Matrix, in der Kolonien von Bakterien leben (meist mit einem verlangsamten Stoffwechsel, also in einer Art "Dornröschenschlaf"). Die Biofilme erschweren das Eindringen der meisten AB, so dass nur die Bakterien in der äußeren Schicht des Biofilms vom AB erreicht/angegriffen werden können. Sie können die AB Resistenz der Bakterien bis zu 1000 Mal erhöhen. In einer Studie z.B. war nicht mal die 10fache minimale Hemmkonzentration von Doxy imstande, die Biofilme von Escherichia coli zu zerstören.
Biofilmbildende Bakterien sind deshalb für chronische bakteriellen Infektionen verantwortlich, z.B. chronische Harnwegsinfekte (Escherichia coli) oder zystische Fibrosis ( Pseudomonas aeruginosa). Die Bedeutung dieser Biofilme für die hohe AB-Resistenz dieser Bakterien wird erst nach und nach (an-)erkannt, viele Ärzte wissen darüber nicht Bescheid. Meine Hausärztin wusste nicht ein Mal, was Biofilme sind. Urologen dagegen sind wegen AB-resistenten Harnwegsinfekten meist damit vertraut, sind aber was die Therapie anbelangt m.E. meist hilflos. Mir wurde z.B. gesagt, meine AB-resistente Zystitis läge an Biofilme und man könne nichts dagegen machen. Aber mit einem anderen AB und Bromelain dazu, verschwanden doch die Blasenschmerzen nach ein paar Tagen. Proteolytische Enzyme sollen imstande sein, Biofilme aufzulösen. Prof.Sapi hätte das mit Serrapeptase an Biofilmen von Bb in vitro beobachtet (unveröffentliche Mitteilung).
Dr Mac Donald und Prof.Sapi haben vor ein paar Jahren gezeigt, dass Borrelia b. in vitro Biofilme bilden kann:
http://www.molecularalzheimer.org/files/Biofilm_New_Haven_final_lecture.pdf
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3480481/
und dass die meisten AB nur eine geringe Wirkung (<60%) auf Biofilme haben, auch in hoher Dosierung:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3132871/
Die Existenz von Biofilmen konnte ebenfalls in vitro und sogar in vivo (in Hautbiopsaten von chronischen Borreliosekranken wie Patienten mit ACA) von anderen Forschern (Kersten, Eisendle, Prof.Sievers) beobachtet werden:
http://ajcp.ascpjournals.org/content/127/2/213.long
-> siehe Image 6, F S.6.
Prof.Sievers konnte offensichtlich ebenfalls Kolonien (cluster) in vitro beobachten:
Zitat:Borrelien verklumpen auch (cluster);
http://www.lymenet.de/shgs/corryw/BadSoden-4-08_BFBD.pdf
Aber nur Dr.Mac Donald und Prof.Sapi haben die Bedeutung dieser Biofilme für die Therapie der Borreliose verstanden.
Leider wird ihre Bedeutung für die Symptomatik/Therapieresistenz der Borreliose von der IDSA nicht anerkannt bzw. weiterhin verleugnet, obwohl ihre Existenz in vivo eigentlich nachgewiesen ist (Einsendle) und Biofilme für die AB-Resistenz anderer biofilmbildenden Bakterien bekannt sind:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24336823
Aber die IDSA ignoriert gerne wissenschaftliche Tatsachen, die nicht zu ihrem Bild einer einfach zu behandelnden Infektion passt.
Zitat:Bislang hat diese Themen keiner der s.g. "Borrelienspezialisten" mit mir besprochen.
Schade. Entweder wollen sie ihre Patienten damit nicht "erschrecken" oder sie unterschätzen die Bedeutung dieser Formen. Ich halte Zysten für den Hauptgrund für Rückfälle nach Antibiosen und Biofilme für Therapieresistenz.
Good luck!
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Ernie - 29.10.2014
Hallo Hanni,
jetzt bin ich komplett verwirrt. Ich werde aktuell mit Ceftriaxon behandelt. Übrigens von einem Arzt, der auch bei Frau Dr. Kopf -Seidel empfohlen wird. Von daher gehe ich davon aus, dass Ceftriaxon DAS Mittel der Wahl ist...
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Ernie - 29.10.2014
Hallo Sunflower,
auch Dir noch einmal herzlichen Dank für die vielen Infos! Das muss ich jetzt erst einmal alles durch ackern und hoffentlich auch verstehen..
Hatte ich bereits geschrieben, dass ich vor Jahren sehr erfolgreich mit Doxy i.V. behandelt wurde? Es waren auch "nur" die üblichen 10 Tage. Ich aber danach komplett symptomfrei. Ok, die Symptome waren auch relativ frisch damals. Mein Hausarzt hat zum Glück schnell geschaltet und gab mir Doxy.
Die Symptome kamen nach ein paar Jahren zurück und sind nun chronisch. Am liebsten hätte ich wieder Doxy bekommen. Ich habe nur leider keinen Arzt gefunden, der es mir verschreibt. Ich war bei zwei Borrelien Spezies, und beiden stehen total auf das Cefriaxon. Ich dachte dann auch, besser als nix.
Und wenn es ein Spezialist verschreibt, muss es ja helfen. Ok, warten wir es ab.
Ich muss jetzt trotzdem noch einmal nach Doxy fragen. Ist oral mit i.V. gleichzusetzen von der Wirksamkeit? Ich meine, ich habe so etwas mal gelesen. Wie, bzw. mit welchen Argumenten bringe ich meinen Doc, damit er mir Doxy verschreibt. Ich würde am liebsten die 21 Tage Ceftriaxon durchziehen und dann auf Doxy oder Monocyclin umschwenken bzw. weiter machen.
Wäre das sinnvoll?
LG
Erni
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
johanna cochius - 29.10.2014
Hallo Ernie,
ich hatte eben schon mal geschrieben und ausversehen gelöscht...
ich wurde auch im Chron. Stadium 3 Wochen mit Cefriaxon behandelt. Was ich so höre gibt es da einige Ansichten drüber.
Im Anschluss wird gerne 10 Tage Metronidazol gegeben . Es ist Liquorgängig und intrazellulär wirksam, ebenso auf Zystische Formen. Siehe auch hier Seite 10 .
http://www.praxis-berghoff.de/dokumente/Lyme_Borreliose_im_Ueberblick.pdf
Mino wird gerne eingesetzt, es ist ja u.a. 40% Liquorgängig .
Bzgl. Doxy kannst Du das Argument bringen das es Dir schon mal sehr geholfen hat. Aber eben im Frühstadium, nehme ich an...
Ob Orale Einnahme gleich ist wie i. V . weiß ich nicht . Ich persönlich würde so lange Infus nehmen wie ich sie bekomme und vertrage...
LG Jo
RE: Hydroxychloroquin vs. Ceftriaxon -
Sunflower - 29.10.2014
(29.10.2014, 19:20)Ernie schrieb: Hallo Hanni,
jetzt bin ich komplett verwirrt. Ich werde aktuell mit Ceftriaxon behandelt. Übrigens von einem Arzt, der auch bei Frau Dr. Kopf -Seidel empfohlen wird. Von daher gehe ich davon aus, dass Ceftriaxon DAS Mittel der Wahl ist...
Dr.Hopf-Seidel sagte eben in einem ihrer zahlreichen früheren Vorträge, das Ceft. nicht mehr als "Mittel" der Wahl bei der Behandlung der chronischen Borreliose betrachtet werden soll. Eben weil Borrelien sich auch intrazellulär aufhalten können, Ceft. aber nur extrazellulär wirkt.
Leider wird das in Fachkreisen offensichtlich manchmal "vergessen".
Es gibt aber Patienten, die tatsächlich nach 2-3 Woche Ceft.IV wieder beschwerdefrei werden und das für mehrere Jahrzehnte. Ich kenne einen Fall, eine in der Schwangerschaft infizierten junge Frau (Gesichtslähmung), die ein paar Wochen nach Beginn der Erkrankung IV behandelt wurde (nach Entbindung) und 30 Jahre später immer noch beschwerdefrei lebt (ihr Sohn übrigens auch).
Man kann über Gründe solcher Therapieerfolge oder Therapieversagen bei anderen Patienten leider nur spekulieren. Wahrscheinlich halten sich Borrelien nicht bei allen Patienten intrazellulär auf, vor Allem im Frühstadium. Man kann daher nur über einen Therapieversuch wissen, ob das gewählte AB auch in vivo wirkt.