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Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Anlässlich des Lyme Disease Awareness habe ich auf Facebook einen Blog gestartet. Es wurde der Wunsch geäussert, dass ich die Einträge ins Forum kopiere für diejenige, die nicht auf Facebook sind. Diesem Wunsch komme ich gerne nach. Es ist ein kritischer Blog, der gerne sachlich diskutiert werden kann. Auf Streitereien und persönliche Angriffe werde ich allerdings nicht eingehen.


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Tag 1
Mai ist Lyme Disease awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Zeit zum Bloggen über dieses Fiasko.

Wieder ist ein Jahr vorbei und nichts ist passiert, was den chronisch Betroffenen zugute kommen könnte. Ich persönlich habe letzten Sommer Hilfe bei Ärzten verschiedenster Fachrichtung gesucht. Ich vertrage die entzündungshemmenden Schmerzmittel NSAR nicht mehr wegen des Asthmas. In den uralten Leitlinien der CH Infektiologen ist keine Alternative für die Schmerzbehandlung zu finden. Gegen die Müdigkeit (ich gehe mal davon aus, dass damit auch die geringe Belastbarkeit gemeint ist) solle man gemäss Leitlinien Antidepressiva nehmen. Die vertrage ich nicht oder sie nützen nichts. Auch hier findet man in den Leitlinien keine Alternativen.

Mit Verdacht, dass ein Teil der Beschwerden durch postinfektiöse autoimmune Entzündungen ausgelöst wird, wollte ich einen Therapieversuch mit einem immunmodulierenden Rheumamittel machen. Meine Hausärztin überwies mich zum Rheumtologen. Er war total nett und in seinem Fachgebiet sicher kompetent. Nach Erhebung umfangreicher Laborwerte konnte er aber schlussendlich eine Rheumatherapie nicht unterstützen. Es wäre zu gefährlich für die Gesundheit und wegen der Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Er hätte aber noch eine andere Patientin mit chronischen Beschwerden durch eine Borreliose. Sie habe Hilfe bei einer Ärztin in Baselland gefunden. Nach meiner Recherche stellte sich heraus, dass es sich um die mir bekannte Ärztin handelt, deren alternatives Therapieangebot vollumfänglich privat bezahlt werden muss ohne Garantie, da die angebotenen Methoden keinerlei Basis aus klinischen Studien haben. Trotzdem ich täglich mit anderen Betroffenen über das Internet in Kontakt stehe, ist mir nicht zu Ohren gekommen, dass diese Methoden besonders häufig hilfreich sind. Meine finanziellen Mittel sind beschränkt. Ich kann mir nicht jeden Strohhalm leisten, von der fehlenden Energie für mehrere Sitzungen im entfernten Baselland mal abgesehen.

In der Schmerzambulanz des Kantonsspitals wurde ich rasch aufgegeben. Das empfohlene Antidepressiva habe ich nicht vertragen. Mir lief der Schweiss in Bächen Tag und Nacht. Kommentar der Ärztin: "Es ist im Moment ja auch sehr heiss." Die verschriebene leichte Bewegungstherapie führte erneut ins Schmerzfiasko. Kommentar der Ärztin: "Das ist nur Muskelkater." Dasselbe erzählte mir vor drei Jahren eine Physiotherapeutin fünf Monate lang, bis ich die zusätzlichen Schmerzen nicht mehr aushielt und die Bewegungstherapie abbrach. Wenn alle so gut Bescheid wissen wollen, was in meinem Körper abgeht: Warum kann oder will mir keiner helfen? Nachdem eine einzige Sitzung mit einer Ketamin-Infusion in der Schmerzambulanz keinen durchschlagenden Erfolg brachte, wurde ich praktisch verabschiedet. Wenigstens gabs noch ein Rezept für ein Muskelrelaxans, das jedoch nur ein alternatives Schmerzmittel für mich ist, wenn ich es mir leisten kann, den ganzen Tag nur rumzuhängen.

Der Schmerztherapeut andernorts machte so ein Zauberdings mit mir (Cranio Sacral Osteopahtie). Null Effekt. Man müsse das länger machen.... Angaben, wann ungefähr Besserung eintreten müsste, konnte er mir nicht sagen. Ich bräuchte aber kurzfristig Besserung, damit ich langfristig Energie für die Therapiesitzungen hätte.

Tja... und die liebe Psyche. Mittlerweile ist es für mich schwierig abzuschätzen. Was ist hirnorganisch? Was ist somatopsychisch? Was ist psychosomatisch. Psychiater scheinen offensichtlich auch nichts mit meinem Krankheitsbild anfangen zu können. Dem nicht genug. Nachdem meine Krankenkasse letztes Jahr einen Verlaufsbericht für weitere Sitzungen verlangte und darauf nicht eintrat, schrieb mir der Inhaber der Gemeinschaftspraxis, dass ich wiederkommen könne, wenn ich die Kostenübernahme geklärt hätte. Ich kann aber gar nichts machen. ER müsste ein Wiedererwägungsgesuch einreichen. Dies habe ich mit ihm telefonisch besprochen, worauf er meinte, dass er keine Kapazitäten hätte, neue Patienten anzunehmen. Hä? Ich bin kein neuer Patient. Ich war nur über den Winter ein paar Monate im warmen Ausland. Als er mir auf Antrag die Krankengeschichte aushändigte, schrieb er, es sei nicht so, dass er mich nicht behandeln wolle sondern er hätte kein Behandlungskonzept für mein komplexes Krankheitsbild anzubieten. Ich fühlte mich gedemütigt nach all diesen Lügen. Ich bin ja "nur" krank, nicht blöd. Nun sitz ich da und kann mir nichtmal mehr einen neuen Therapeuten suchen, ohne zu riskieren, dass ich die Sitzungen privat bezahlen muss. Der einzige Weg wäre, dass meine Hausärztin ein Wiedererwägungsgesuch einreicht. Ich kann und will mich im Moment nicht diesem administrativen Wahnsinn stellen. Vielleicht geht bald ein Hintertürchen auf.

Was will ich? Ich will Offenheit. Ein Arzt soll mir sagen, wenn er nicht Bescheid weiss. Im Moment wird erstmal ins Blaue abgezockt und dann werde ich fallengelassen. Das schadet mir mehr als es mir nützt, weil dann der Verdacht bei mir aufkommt, dass es an meiner Person liegt. Dem nicht genug, das Ganze kostet mich enorm viel Energie, die mir dann für eine halbwegs vernünftige Selbstversorgung und die Dinge, die Freude machen, fehlt. Die Depression ist vorprogrammiert.

Im Moment will ich keine Ärzte mehr sehen. Die nächste Rentenüberprüfung ist erst im Juli 2020. Das reicht dann auch noch, wenn ich nach der nächsten Winterpause wieder einmal zur Hausärztin gehe.


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awarness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Bloggen wir mal weiter zu diesem Fiasko. Tag 2.

Wo ist das Problem? Auf der einen Seite haben wir "Experten", die behaupten, Borrelioseinfektionen seien selten, die Diagnose und Therapie sei einfach und chronische Verläufe seien selten. Dann haben wir die "Experten", die behaupten, Borrelioseinfektionen seien häufig, Diagnose und Therapie schwierig und chronische Verläufe häufig.

Weder die einen noch die anderen Experten können ihre Behauptungen auf eine solide Basis stellen, da die Epidemiologie aufgrund fehlender zuverlässiger Diagnostik keine wirkliche Basis liefert. Die sichere Diagnose ist nur beim Auftreten einer typischen Wanderröte möglich. Die Wanderröte tritt aber lange nicht bei allen auf. Schon hier beginnt der Expertenstreit. Es wird, je nach "Experte", eine Häufigkeit von 30 bis 90 Prozent angegeben. Es wird also ein bisschen in den Tag geschätzt, derweil der Eindruck entstehen soll, es bestünden belastbare Daten. So schätzte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit vor der Datenerhebung mittels Sentinella Statistik die Zahl der Neuinfektionen in der Schweiz auf 3000 pro Jahr. Mit der Sentinella Statistik sind sie nun auf durchschnittlich 9000 angestiegen. In der Statistik werden aber zu 90 % Patienten mit Wanderröte gemeldet. Je nachdem, welchem Experten ich glauben will, kann ich diese Zahl hinnehmen oder mit zwei bis drei multiplizieren. So funktioniert Wissenschaft. So funktioniert die Erhebung der Epidemiologie für die Borreliose.

Die Diagnose im Frühstadium ohne Wanderröte kann nicht gesichert werden. Diagnosen im Spätstadium können nur ganz selten in speziellen Fällen gesichert werden. Die Herausforderung sind die gängigen Tests und der Umstand, dass ausser der Wanderröte kein einziges klinisches Symptom beweisend für eine Borreliose ist. Die Tests messen Antikörper, die nicht zwischen aktiver und früher durchgemachter Infektion unterscheiden können. Die Tests sind nicht standardisiert. Es sind zig Tests auf dem Markt, über deren Sensitivität (Häufigkeit falsch negativer Resultate) oder Spezifität (Häufigkeit falsch positiver Resultate) absolut nichts ausgesagt werden kann.

Erkennst du langsam das Problem?

Fortsetzung folgt......


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Weiter gehts mit dem Fiasko. Tag 3.

Ich bin ja mittlerweile ziemlich genervt. Ich bin schon seit über 20 Jahren krank und seither verfolge ich die "Entwicklung" bei der Erforschung der Borreliose. An dieser Stelle meinen Dank an die deutschsprachigen Cracks, die englische Artikel in den deutschen Sprachraum tragen.

In den ersten Jahren glaubte ich nach jedem Artikel, der Beweise für chronische Verläufe, höher und länger dosierte Therapien oder Chancen für bessere Diagnostik liefert, dass das Borreliose-Fiasko in absehbarer beendet würde. Bis ich dann von Leuten, die mehr von der Interpretation wissenschaftlicher Ergebnisse verstehen, eines Besseren belehrt wurde. Die Basis für die "neuen" Erkenntnisse waren oftmals genauso schlecht wie die Forschungsbasis geltender Lehrmeinung, die sich ja auf den Standpunkt stellt, dass Borreliose einfach zu diagnostizieren und therapieren sei und chronische Verläufe selten seien.

Mittlerweile räumt aber auch geltende Lehrmeinung ab und zu ein, dass es bei geschätzten (man beachte: es wird wieder ein bisschen wissenschaftlich geschätzt) 10 Prozent der Patienten zu Therapieversagen kommen kann - im Frühstadium wohlgemerkt. Von den vielen Patienten in späteren Stadien und solchen, die nie diagnostiziert wurden, ist hier noch nicht die Rede. 10 Prozent Therapieversagen würde bedeuten, dass alleine in der Schweiz jährlich mindestens 900 Personen (10% der 9000 aus der Sentinella Statistik) trotz rechtzeitger Therapie chronisch an Borreliose erkranken.

Diese Patienten stehen dann gänzlich ohne medizinische Versorgung da, weil Ärzte das Krankheitsbild mangels Forschung und Information nicht verstehen können. Wenn der betroffene Patient selbst nicht weiss, was da abgeht, dürfte er sich bald selbst für wahnsinnig erklären.

Heute hast du Herzrasen, rufst den Arzt an und bis du den Termin hast, ist das Herzrasen weg, dafür hast du schlimme Fussgelenkschmerzen. Bis du zum Röntgen kannst, sind die Gelenkschmerzen weg, dafür hast du schmerzhafte Muskelverspannungen am Schulterblatt. Wenn du endlich einen Termin in der Physiotherapie hast, sind die Schmerzen am Schulterblatt weg, dafür hast du eine Depression, die sich gewaschen hat und du brichst in der Physiotherapie in Tränen aus. Der Hausarzt schickt dich in die Psychotherapie. Bis du dort endlich einen Termin bekommst, sind die Depressionen weg und du hattest mittlerweile schlimme Rückenschmerzen, das beängstigende Herzrasen war zweimal wieder da, das Knie schmerzte und du konntest nächtelang wegen neuropathischer Schmerzen nicht richtig schlafen. Der Psychiater kann mit dir auch nichts anfangen, weil du aktuell nicht mehr depressiv bist und eine Infektion statt einer Psychose hast.

Ist es dieses verwirrende Chaos, das im Körper veranstaltet wird, dass Betroffene mit chronischen Verläufen immer wieder psychiatrisiert werden? Werden chronische Verläufe bestritten, weil sie schwer zu verstehen sind? Oder hat das Ganze irgendein System?

Eigentlich wollte ich heute über das Hickhack bei der Therapie schreiben und bin abgedriftet. Fortsetzung folgt......


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 4.

Über den "Experten"-Streit habe ich schon am Tag 1 und 2 geschrieben. Aber was bedeutet es für die Patienten in der Praxis?

Die "Programmierer" geltender Lehrmeinung stellen sich auf den Standpunkt, Borreliose sei einfach zu diagnostizieren und therapieren und chronische Verläufe seien selten. Die Diagnose ist nur einfach, wenn die typsiche Wanderröte auftritt, die ausbleiben kann. Der Range liegt je nach "Experte" bei 30 bis 90 %. Aus meiner Beratungserfahrung weiss ich, dass Wanderröten teilweise nicht behandelt werden, wenn der Ring fehlt, obwohl ein Zeckenstich erinnerlich ist. Trotzdem im Frühstadium die Heilungschancen hoch sind, werden hier bereits Chancen vertan, weil die Diagnose offensichtlich doch nicht so einfach ist, nicht mal wenn beweisende klinische Befunde vorliegen. Des weiteren werden trotz beweisender Wanderröte Labortests zur Sicherung der Diagnose veranlasst, obwohl geltende Lehrmeinung wegen der hohen Rate an falsch negativen Laborbefunden im Frühstadium zur sofortigen Behandlung rät. Handelt es sich dabei um fehlenden Fortbildungswillen oder ist die Borreliose in der Arztpraxis schon ein solches Unding, dass man von fehlendem Diagnosewillen sprechen muss?

Jedenfalls kann es sein, dass der Patient sich schon im Frühstadium im Internet oder bei einer Selbsthilfegruppe schlau machen muss, wenn er das Risiko eines chronischen Verlaufs minimieren möchte. Die Berater der Selbsthilfe arbeiten alle ehrenamtlich. Dafür, dass sie die mangelhafte Fortbildung und Foschung ausgleichen, dürfen sie dann in Medienbeiträgen lesen und hören, dass sie Panik verbreiten und zu allerlei Unfug raten würden. Die Heimtücke der Borreliose, die dazu führt, dass eine Wanderröte auch ohne Behandlung abheilt und es Wochen bis Jahre dauern kann, bis Symptome der späteren Stadien auftreten, macht die Sache nicht einfacher.

Ist die Diagnose mal gestellt, geht es weiter mit der allgemeinen Verunsicherung. Derweil geltende Lehrmeinung und Fachinformation für die jeweiligen Medikamente die Therapie im Frühstadium auf maximal drei Wochen bei einer Dosis unabhängig des Körpergewichts bei Erwachsenen und unabhängig vom klinischen Verlauf plafoniert, raten andere "Experten" mit ihren Leitlinien, die von geltender Lehrmeinung abgelehnt werden, zu gewichtsadaptierter und längerer Dosierung von vier bis sechs Wochen, abhängig vom klinischen Verlauf. Weder für die einen noch die anderen Empfehlungen bestehen genügend belastbare Daten, insbesondere wenn aus irgendwelchen Gründen auf andere Antibiotika als Doxycyclin ausgewichen werden muss. Spätestens jetzt ist der betroffene Patient komplett verunsichert und verwirrt, denn er weiss ja noch nichts über das Experten-Hick-Hack bei der Borreliose. Da ist es vielleicht besser, man glaubt dem Arzt und geht sich nicht informieren. Leider steigt damit dann wiederum das Risiko eines chronischen Verlaufs, wenn sich die Borreliose nicht ans Schulbuch oder das gerade herrschende, vermeintliche Arztwissen hält.

Ist die Therapie durchgezogen, wird oftmals ein Bluttest gemacht statt kontrolliert, ob der Patient noch verdächtige Symptome hat. Die teuren Tests können aber nicht zwischen früher durchgemachter und aktiver Infektion unterscheiden, was in vielen Arztpraxen offensichtlich noch nicht angekommen ist. Die Testergebnisse können steigen, sinken oder gleich bleiben, ohne dass man daraus Erkenntnisse gewinnen könnte. Zurück bleibt ein verunsicherter, nicht über mögliche Symptome der Spätstadien aufgeklärter Patient, der fortan mit der Ungewissheit leben muss, vielleicht eines Tages schwer an einer Borreliose im Spätstadium zu erkranken. Vielleicht wäre es besser, der Patient informiert sich nicht. Aber dann hat er wieder das Risiko der verpassten Heilungschancen.

Hat der Patient nach Ende der Therapie noch Symptome, geht das grosse Rätselraten los. Die Tests können nichts. Die Symptome sind dubios und unspezifisch, ausser wenn die Wanderröte noch zu sehen ist. Geltende Lehrmeinung rät an erster Stelle, die Diagnose zu überprüfen. Was gibts an einer Wanderröte nach Zeckenstich zu überprüfen und vor allem: womit soll man es überprüfen, wenn die Tests nichts können und die Symptome unspezifisch sind? Bei solchen Verläufen kommen dann die anderen "Experten" ins Spiel, die eben behaupten, Borreliose sei schwierig zu diagnostizieren und therapieren. Leider arbeiten in D wegen den Regressen nur noch sehr wenige solcher "Experten" auf Kasse und die Kosten müssen zu grossen Teilen privat getragen werden. In der Schweiz wüsste ich nicht, wo ich einen solchen Patienten hinschicken sollte.

Die sogenannten Borreliosespezis machen dann in der Regel weitere Tests, wie z.B. LTT oder ELISPOT, die angeblich aktive von abgelaufenen Infektionen unterscheiden können. Über die Zuverlässigkeit dieser Tests kann aber auch nur wenig bis gar nichts ausgesagt werden. Sie müssen privat bezahlt werden. Bei den Goldgräbern (nicht alle!) unter den Borreliosespezis werden dann auch gleich noch weitere privat zu bezahlende Therapien verschrieben, für deren Wirkungen und Nebenwirkungen null belastbare Daten zur Verfügung stehen. In der Beratung entsteht bei mir der Eindruck, dass einige Borreliosespezis auch nicht über die Unsicherheiten der alternativen Tests und Therapien aufklären. Das überlässt man dann getrost den Beratern der Selbsthilfe, die oftmals selbst betroffen sind und am Limit ihrer Leistungsfähigkeit Fehlinformationen richtig stellen - ehrenamtlich, derweil die Goldgräber abzocken. Zurück bleibt ein massiv verunsicherter Patient, der nicht mehr weiss, wem oder was er glauben soll.

Alles einfach? Wo ist das Problem? Ich kann die Herausforderungen sehen. Du auch?

Ups! Wir sind ja immer noch beim Frühstadium, dass angeblich einfach diagnostiziert und therapiert werden könne. Also ich finde die Unwegsamkeiten beim Frühstadium nicht einfach. Fortsetzung folgt.......


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 5.

Heute kein langer Text. Nur soviel: Borreliose existiert weltweit. Weltweit kämpfen Betroffene, die noch können für zuverlässige Diagnostik, wirksame Therapien und bessere medizinische Versorgung für die Betroffenen von heute, die nicht mehr in den Genuss allfälliger Forschungsergebnisse kommen werden, wenn den wirklich mal intensiv geforscht würde.


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 6.

Borreliose hat viele Gesichter. Dieser Aspekt wird bei der Aufklärung der Bevölkerung oft aussen vor gelassen. Dabei wäre es wichtig, dass die Leute, die sich an einen Zeckenstich ohne Wanderröte erinnern, beim Arzt den Stich erwähnen, wenn sie plötzlich Gelenkschwellungen, Herzrhytmusstörungen, Gesichtslähmung, Hautveränderungen, Bindehautentzündung der Augen, Hirnentzündung, Hirnhautentzündung oder schmerzhafte Nervenentzüngen meist mit Höhepunkt in der Nacht bekommen. Dies sind nur die Symptome, wie sie der eng gefasste Katalog geltender Lehrmeinung beschreibt. Obwohl Borreliose praktisch jedes Organ und Gewebe befallen kann, lehnt geltende Lehrmeinung Borreliosetests ab, wenn nicht mindestens eins der obigen Symptome vorliegt. Die Rate falsch positiver Befunde wäre zu gross.

Wenn der Patient Glück hat, sind die Tests hoch positiv und er bekommt nach raschem Ausschluss anderer möglicher Ursachen eine Therapie. Mit noch etwas mehr Glück, ist die Standard-Therapie nach geltender Lehrmeinung wirksam und er kann sein Leben wie gewohnt weiterführen. Leider gibt es nicht viele klinische Studien zur Behandlung der späteren Stadien und die empfohlenen Antibiotika-Dosierungen sind deshalb mehr oder weniger willkürlich.

Wenn der Patient Pech hat und die Diagnose nicht gestellt wird oder wegen falsch negativer Testresultate nicht gestellt werden kann oder die Standardtherapie nicht ausreichend ist, wird es für den Betroffenen äusserst schwierig.

Wie oft und unter welchen Bedingungen es zu chronischen Verläufen kommt, ist nicht erforscht. Es geht sogar soweit, dass chronische Borreliosen bestritten werden, obwohl immer mal wieder klinische Studien mit chronischen Verläufen gemacht werden - leider bis jetzt ohne hilfreiche Erkenntnisse für die Betroffenen. Teilweise versucht man mit den Studien sogar chronische Verläufe zu bestreiten. Wem soll das was bringen? In meinen Augen bringt das nur den "Experten" etwas, die ihr Gesicht verlieren, wenn sich ihre damaligen Schnellsch(l)üsse als Fehleinschätzung (diese Schätzerei bei der Borreliose geht mir so auf die Nerven) herausstellen würden.

Natürlich können obige Symptome auch auftreten, wenn man sich nicht an einen Zeckenstich erinnert, denn die Zecken werden nicht immer bemerkt, weil sie in schlecht einsehbare Körperstellen stechen wie z.B. Achselhöhlen, Knieknehlen, Bauchnabel, Genitalbereich und Kopfhaare. Sie sind auch nicht immer so gross, wie in den Medien dargestellt. Zeckennymphen (2. Entwicklungsstadium) sind nur etwa 1 mm klein. Wenn also weder Zecke noch Wanderröte erinnerlich sind, kann man trotzdem Borreliose haben. Je nachdem, wie fit der Arzt in der Thematik ist, wird entsprechende Diagnotik durchgeführt oder verweigert.

Wo ist das Problem? Seht ihr das Problem? Ich kann es sehen.

Fortsetzung folgt.....


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 7.

Obwohl Allgemeinsymptome neben den Leitsymptomen, wie sie geltende Lehrmeinung im Katolog aufführt, in der Literatur beschrieben werden, dürfen Patienten mit Allgemeinsymptomen ohne entsprechende Leitsymptome keine Borreliose haben - auch nicht bei entsprechender Vorgeschichte und zeitlichem Zusammenhang mit einem Zeckenstich, egal ob die Tests positiv oder negativ ausfallen. Einige Ärzte sehen das aber anders. Ein Hoffungsschimmer für Patienten? Mitnichten!

Verläuft die Borreliose in späteren Stadien nicht nach Schulbuch mit fehlenden Leitsymptomen und/oder negativen oder grenzwertigen Testergebnisse und/oder weiterbestehenden Beschwerden nach vermeintlich adäquater Therapie, steht der Patient komplett am Berg. Wie häufig das in der Bevölkerung vorkommt, ist nicht erforscht und kann wegen fehlender zuverlässiger Diagnostik auch nicht ansatzweise erfasst werden.

Bei chronischen Verläufen werden häufig Leistungsknick und Schmerzzustände beschrieben. Die Leistungsfähigkeit sinkt auf ein existenzvernichtendes Niveau. Die Schmerzen sprechen nicht oder kaum auf gängige Schmerzmittel an. Dazu wird auch oft von Konzentrationsstörungen berichtet, wo Betroffene teilweise Angst haben, dement zu werden. Viele weitere Beschwerden können auftreten, die nicht bei jedem Patienten gleich sind. Der gesundheitliche Verfall kann schnell oder schleichend stattfinden.

Gehe ich mit Leistungsknick, Schmerzen und Konzentrationsstörungen z.B. in ein Spital oder zu einem "normalen" Arzt, darf das keinesfalls Borreliose sein, denn sie arbeiten nach geltender Lehrmeinung mit deren Leitlinien. Gehe ich mit denselben Beschwerden zum von der Selbsthilfe empfohlenen Borreliosespezi, darf ich eine Borreliose haben, denn sie arbeiten nach anderen Leitlinien. Die Herausforderung dabei ist, dass eine Borreliose mit lediglich Allgemeinsymtomen mit den heutigen zur Verfügung stehenden Tests weder sicher ausgeschlossen noch bewiesen werden kann. Hinter den Symptomen könnten zig andere Krankheiten stecken. Aber grundsätzlich ist auch eine Borreliose ist möglich.

Gehe ich also zu einem Arzt, der nach geltender Lehrmeinung arbeitet, werden zig Sachen untersucht und ich sehe Spezialisten verschiedenster Fachrichtungen. Sollte ich tatsächlich eine Borreliose haben, ergeben diese Untersuchungen meistens nichts Aussagekräftiges und ich lande beim Psychiater. Irgendeine Lebensgeschichte für eine psychiatrische Diagnose lässt sich fast immer finden......

Gehe ich zu einem von der Selbsthilfe empfohlenen Spezi, ist es möglich, dass ich im besten Fall einen erwische, der sich fast Tag und Nacht für seine Patienten aufopfert, derweil er von Kassen in Regress genommen wird, bis er gezwungen ist, seine Patienten nur noch privat zu behandeln. Im schlechtesten Fall gerate ich an einen Spezi, der die Borreliose als Goldgrube entdeckt hat und der allen eine Borreliose diagnostiziert ohne vorher auch nur einmal einen Blick auf die Krankengeschichte geworfen zu haben, um sich zu vergewissern, ob andere mögliche Krankheiten so gut wie möglich ausgeschlossen wurden. Diese Spezis sind dann sowieso ausschliesslich privat zu bezahlen. Für nicht so gut Betuchte oder entsprechend Versicherte ist schon Sackgasse, bevor sie überhaupt einen empfohlenen Spezi zu Gesicht bekommen. In der Schweiz wüsste ich nicht, wo ich einen Patienten mit unspezifischen Symptomen und möglicherweise chronischem Verlauf hinschicken sollte.

Egal, zu welchem Arzt mit welcher Glaubensrichtung ich gehe: Bei Borrelioseverdacht habe ich nur den Therapieversuch mit Antibiotika. Die sind bekanntlich keine Smarties. Aber die Entscheidung, ob ich einen solchen Therapieversuch mache, sollte nach sachlicher Aufklärung über Risiken und Nutzen schlussendlich mir obliegen. Genau das verhindert im Moment geltende Lehrmeinung.

Wo ist das Problem? Ich kann die Probleme sehen ohne Ende. Du auch?

Fortsetzung folgt........


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 8.

Wo ist das Problem? Wer meine bisherigen Einträge seit dem 1. Mai gelesen hat, erkennt vielleicht die umfassenden Probleme. Die grössten Herausforderungen bieten die chronischen Verläufe. Wenn "Experten", die geltende Lehrmeinung vertreten, sich zur Borreliose äussern, ist die Rede von Frühstadien oder akuten späteren Stadien. Chronische Verläufe werden auf Anfrage gerne bestritten, ansonsten gar nicht erst erwähnt.

Betroffene, Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen kämpfen hauptsächlich mit den Herausforderungen der chronischen Verläufe. Man redet also mehr oder weniger aneinander vorbei, respektive fehlt seitens der "Experten" der Wille zur Diskussion. Auch die "Experten", die patientenfreundlichere Ansichten pflegen, enttäuschen. In Artikeln und Vorträgen schildern sie zwar die Krankheitsverläufe, wie sie erlebt werden. Ausser teuren und oftmals privat zu zahlenden Therapien haben sie aber auch keine Lösungen zu bieten, wenn Antibiotikatherapien versagen oder nur teilweise helfen.

Wo ist das Problem? Ich kann einen Berg an Problemen sehen und es geht noch weiter. Fortsetzung folgt.


RE: Borreliose Blog - Wo ist das Problem? - Regi - 15.05.2019

Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 9.

Wo ist das Problem für die Patienten? Ich schildere nachfolgend, was eine chronische Borreliose mit dem Leben der Betroffenen machen kann. Es handelt sich dabei um eigene Erfahrungen und Erfahrungen Mitbetroffener.

Am Anfang ist die Diagnose die keiner stellen kann, will, darf oder soll. Folglich kann, will, darf oder soll keine Therapie eingeleitet werden. Die Betroffenen werden im besten Fall auf eine Ärzteodysse verschiedenster Fachrichtungen geschickt, die in der Regel zu keinen greifbaren Befunden führt. Am Ende landen sie entnervt und verunsichert beim Psychiater. Im schlechtesten Fall landen sie schon nach dem ersten kleinen Blutbild beim Psycho-Onkel, wenn das Blutbild keine Auffälligkeiten zeigt.

Psychotherapien können bei einem chronischen Leiden durchaus hilfreich sein, aber nicht wenn die Behandlung der eigentlichen Krankheitsursache unterbleibt. Vor allem dürfte es für den Patienten schwer zu akzeptieren sein, wenn man ihm nicht mal eine Chance mit einem Therapieversuch lässt, sollte er mittlerweile eine Ahnung haben, was mit ihm los ist und sich für einen Therapieversuch entschieden haben.

Mittlerweile ist der Patient nur noch erschöpft und möchte am liebsten sterben, weil er nirgends Hilfe bekommt - von den Schmerzen und den anderen dubiosen, angstmachenden Symptomen, die nicht erklärt werden können, ganz zu schweigen.

Mittlerweile ist der Patient arbeitsunfähig und froh, wenn er seine Körperhygiene und ein Minimum an Selbstversorgung auf die Reihe kriegt. Wenn man alleinstehend ist, beginnt einem die Isolation aufzufressen. Hat man Freunde oder Familie, ist man schnell überfordert damit. Glück hat, wer vom Umfeld unterstützt wird. Es kann aber auch sein, dass man fallengelassen oder gestresst wird. Der langjährige Hausarzt hat den Patienten vielleicht schon aufgegeben oder gar rausgeschmissen. Es geht eine verzweifelte Suche nach einem neuen Hausarzt los. Derweil beginnt sich der Patient im Internet umzuschauen, ob es Lösungen gibt (sofern er bereits einen Borrelioseverdacht hat) oder sucht nach möglichen Ursachen, wenn er noch keine Ahnung hat.

Wegen der Arbeitsunfähigkeit darf sich der Betroffene auch noch mit Versicherungen und/oder Ämtern rumschlagen, die nicht zahlen wollen, weil man angeblich komplett gesund ist. Die wenige Energie, die der Patient eigentlich für seine Genesung bräuchte, geht komplett für die Sicherung der Existenz drauf ohne Garantie, in den Genuss von Versicherungsleistungen zu kommen, wofür man jahrelang einbezahlt hat. Dies ist übrigens nicht nur bei der Borreliose so sondern bei allen chronischen Krankheiten, die nicht richtig bewiesen werden können. Das System hat System......

Wo ist das Problem? Seht ihr es? Ich schon.
Fortsetzung folgt........