Chronische Borreliose? -
lillymarlen - 20.06.2024
Hallo liebe Mitglieder,
ich bin neu hier, denn ich habe gestern die (wahrscheinliche) Diagnose „chronische Borreliose“ erhalten.
Ich schreibe hier um mich auszutauschen, in Erfahrung zu bringen ob meine Symptome einigen hier bekannt vorkommen und hoffe auch auf positive Erfahrungen.
Ich bin weiblich, 30 Jahre alt und habe 2 kleine Kinder. Zeckenstiche habe ich als Kind mehrmals gehabt, kann mich jedoch an keine Wanderröte oder danach aufgetretene Probleme erinnern.
Im letzten Jahr hatte ich mehrere Anginen während der Schwangerschaft, habe dann im April meine Tochter bekommen und danach wieder 2 Anginen gehabt. Während der letzten Angina fing ich urplötzlich an, furchtbar zu zittern und dachte, ich kippe gleich um. Ansonsten hatte ich auch mehrere Symptome, die ich von den vorherigen Anginen nicht kannte. Normalerweise habe ich nie Fieber, doch diesmal hatte ich welches und dazu extremen Schüttelfrost über mehrere Stunden. Am folgenden Tag bekam ich ein Antibiotikum gegen die Angina. Nach weiteren 3 Tagen kribbelte plötzlich meine linke Körperhälfte, als würde sie einschlafen. Zudem hatte ich in beiden Händen/armen ein Schwächegefühl. Dies alles schob ich auf die Angina. Jedoch blieben die Symptome noch einige Wochen, auch als die Angina längst abgeklungen war.
Irgendwann gingen die Symptome weg, lediglich das Zittern (Tremor) blieb in abgeschwächter Form (und ist bis heute da). Ich lies dies untersuchen und bekam die Diagnose „essentieller Tremor“ - alle anderen Symptome waren zu dem Zeitpunkt nicht da und wurden als „psychisch“ abgestempelt. Im August ließ ich mir die Mandeln entfernen. Ca. 1 Monat später kam dieses einseitige Kribbeln wieder und hielt einige Tage an. Das Zittern war auch wieder stärker. Ich fühlte mich auch ständig aus dem Nichts wie aufgeregt, spielte mit meinen Kindern und urplötzlich war mir, als müsste ich gleich vor 1000 Leuten sprechen. Ich ging danach zu 3 Neurologen. MS wurde anhand von Kopf- und Rücken-MRT ausgeschlossen. EEG, SEP und Muskel-Ultraschall waren absolut unauffällig.
Final diagnostizierten mir alle Ärzte eine neurologische Funktionsstörung bzw. eine Angststörung und schickten mich zum Psychologen.
Mittlerweile gesellen sich zu den Symptome auch Muskelzuckungen, die sichtbar sind und auftreten, sobald ich mich in Ruhe befinde. Außerdem ist das anfängliche Zittern in einen atypischen Rigor übergegangen. Sobald ich ein Körperteil (Hand, Rücken, Bein, Kopf, Arm) beuge, zittert es ruckeln im Gelenk - die Bewegung ist nicht flüssig. Dies passiert aber nur bei aktiver Bewegung, also wenn ich sie selbst ausführe. Bei passiver Bewegung wäre das wohl typisch für Parkinson.
Zudem leide ich seit Anfang des Jahres unter Problemen beim Gehen. Erst hatte ich wochenlang einen erhöhten Muskeltonus im rechten Bein, dann plötzlich das Gefühl, als wären beide Beine aus Wackelpudding. Seitdem das wieder besser ist, wechseln sich der erhöhte Muskeltonus mit einem unsicheren Gefühl in beiden Beinen ab. Ich habe oft nach einer Weile, das dringende Gefühl mich zu setzen. Nach dem Sitzen geht es dann auch kurzzeitig wieder. Ich liebe es zu wandern, klettern und zu rennen und habe mittlerweile echt Angst, im Rollstuhl zu landen. Wenn ich mich hinknie, fangen die Beine an zu zittern, ich habe kaum Halt. An manchen Tagen ist es mit der Feinmotorik schwierig, zudem sind auch Kauen & Schlucken manchmal anstrengend.
Wenn ich nachts oder morgens aufwache, zittere ich am ganzen Körper. Das hält kurz an, bis ich richtig wach bin, ist aber sehr beängstigend.
Meine Muskeln im ganzen Körper fühlen sich an, als hätte ich Kraftsport gemacht, als wären sie überanstrengt worden. Manchmal jucken und vibrieren die Muskeln/Nerven auch von innen, ist ganz seltsam und schwer zu beschreiben. Insgesamt fühle ich mich sehr wackelig und unsicher, aber auch als wäre ich gleichzeitig sehr angespannt.
Im Dezember hat mein Hausarzt Borrelien igG-AK (ELISA) und Borrelien IgM-AK (ELISA) kontrollieren lassen, aber beides war mit 0.51 Al und 0.26 Al im Referenzbereich. Kann mir hier vielleicht jemand erklären, wie das geht? Warum war beides unauffällig, obwohl nun doch Borreliose nachgewiesen wurde?
Ich war vor kurzem dann, weil ich einfach keine Ruhe geben möchte, bei einem auf Borreliose spezialisierten Arzt. Gestern hat die Auswertung dann ergeben, dass doch Borreliose vorliegt.
Rückblickend ist mir auch aufgefallen, dass ich die letzten Monate immerwieder Hüftschmerzen und schmerzende Füße (vor allem morgens) hatte. Teilweise konnte ich kaum auftreten und es ist immerwieder von selbst verschwunden.
Meine aktuellen Werte sind wohl nicht ganz eindeutig, er sagte jedoch, dass ja nichts anderes gefunden wurde und die Symptome schon passen könnten (nur den Rigor kennt er bisher nicht als Symptom).
Meine Werte:
CRP 0.46 mg/dl (< 3.0)
TNF-Alpha 8.6 pg/ml (< 8.1)
ATP 2.88 uM (> 2.5)
Borrelia afzelii 2.6 SI (< 2.0)
Borrelia sensu stricto 2.8 SI (< 2.0)
Borrelia garinii 4.2 SI (< 2.0)
Borrelia OspC 2.3 SI (< 2.0)
CD57+/NK-Zellen 54.8 /ul (60-360).
Er sagte, dass die Borrelien jetzt nicht extrem hoch sind, wie er es bei vielen anderen hat. Jedoch sind sie außerhalb des Normbereichs. Zudem Sprüche der CD57-Wert ebenfalls für eine chronische Borreliose, da werte unter 60 bisher wohl nur bei chronischer Borreliose aufgetreten wären und auch hauptsächlich bei Menschen, bei denen das Nervensystem betroffen ist.
Was auch passen würde ist, dass ich seit einigen Monaten mit dem Kubitaltunnelsyndrom zu tun habe.
Da die Behandlungen privat bezahlt werden müssen und ordentlich kosten, bin ich aktuell sehr unsicher. Er klang recht sicher, dass die Borreliose der Ursprung allen Übels ist. Jedoch sind die Werte so niedrig und dass er den Rigor so bisher nicht gesehen hat, hat mich auch verunsichert. Er sagte jedoch auch, dass das plötzliche Auftreten während eines Infekts auch für eine Borreliose sprechen würde. Der Infekt hat dann wohl das Fass zum Überlaufen gebracht, da mein Körper insgeheim eh schon mit der Borreliose zu kämpfen hatte und diese ist dann ausgebrochen.
Nun würde ich gern eure Meinung dazu wissen. Wie schätzt ihr meine Werte ein? Hattet ihr ähnliche Symptome? Ist es typisch, dass alles so wechselhaft ist? Symptomfrei bin ich nie, aber die Symptome verändern sich immerwieder.
Ich habe große Angst dass die Symptome trotz Behandlung schlimmer werden könnten. Der Jackpot wäre natürlich, wenn die Symptome auch wieder zurückgehen würden. Ich weiß, dass positiv denken ganz wichtig ist und ich arbeite daran :-)
Sicherlich wird ein Teil der Symptome auch von meiner Angst herrühren, denn sich permanent zu sorgen was man hat, macht natürlich was mit einem. Ich denke das können hier fast alle nachvollziehen.
Für eure Antworten bin ich jetzt schon sehr dankbar :-)
RE: Chronische Borreliose? -
Claas - 20.06.2024
Moin,
willkommen hier!
Ich habe/hatte nach einem Zeckenbiss im Februar 2020 tatsächlich genau die Symptome die du beschrieben hast. (Plus so manches andere wie extremen Tinnitus, Herzattacken und Schmerzen an Händen und Füßen, als ob man auf einem Bluterguss rumdrückt.)
Manches ist nach 3 Jahren und diversen Antibiotika Bombardements, Heilkräutern etc besser geworden(zB das in Klammern Geschriebene) - manches ist geblieben.
Es geht in Schüben mal besser mal schlechter - wenn ich Schübe habe dann habe ich genau wie du ein verrückt aufgeregtes Gefühl als ob ich 100 Tassen Kaffee getrunken habe, Muskelzuckungen, absurde Krämpfe und Schwächegefühl mit dem Drang mich hinzusetzen.
Ich versuche so gesund zu leben wie es eben geht, alles auf der Ernährungsseite zu tun und in den symptomarmen Zeiten so viel Sport zu machen wie es geht.
Meine Boreliosemarker zeigen an, dass mein Immunsystem sich mit Borrelien beschäftig hat- ob das noch der Fall ist kann kein Test der Welt bestätigen.
Alle meine Entzündungsparameter im Blut sind auf Vollausschlag, meine Ärzte sagen, ich bin halt ein Allergiker...
Also ja - es ist normal, dass das in Schüben verläuft...
RE: Chronische Borreliose? -
lillymarlen - 20.06.2024
Vielen lieben Dank für deine Antwort :-)
Hast du denn auch so einen Rigor? Er ist bei allen Bewegungen da… sobald ich eine beuge-Bewegung mache, ruckelt das Gelenk. Und kannst du behaupten, dass keine neuen Symptome dazugekommen sind, seid du behandelt wurdest? Das wäre ja ein Ziel, die Ausbreitung einzudämmen…
Liebe Grüße :-)
RE: Chronische Borreliose? -
lena_lemon - 20.06.2024
Hi liebe lillymarlen,
was du schreibst, kommt mir natürlich auch mehr oder weniger bekannt vor, es ist einfach fies! Ich würde auf jeden Fall den Weg der Behandlung gehen, auch wenn ich verstehe, dass es dich fertig macht, an die Kosten und den Aufwand zu denken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Symptome schlimmer werden durch eine Behandlung, zumindest nicht langfristig, da wäre ich wirklich eher optimistisch, denn so, wie es ist, wird es doch auch nicht besser, nehme ich mal an. Die Wahrscheinlichkeit ist ja höher, dass es unbehandelt schlimmer wird.
Den Rigor kenne ich übrigens so nicht, aber ganz ehrlich, mich wundert mittlerweile gar kein Symptom mehr. Wer weiß, welche neuen Untergruppen von Erregern es mittlerweile gibt, die noch keiner kennt, und wer weiß, was in deinem Immunsystem schon wieder individuell so ist, dass du eben reagierst, wie du reagierst, meiner Erfahrung nach ist jeder sowas von anders und ich hab jetzt selbst schon so viel crazy Zeug erlebt in Sachen Symptomen - bei mir und anderen Betroffenen.
Einen Gedanken, den ich kurz hatte: Inwiefern könnte es auch mit Covid Infektionen und Impfungen zusammenhängen? Dieses dumme Virus und die Impfungen haben das Leben mit Borreliose/chron. Erkrankungen ja leider noch viel schwerer gemacht, weil einfach eine riesige komplizierte Gefahren/Triggerquelle dazugekommen ist... ich meide die Infektion wie die Pest und trage noch immer Maske, wo es geht. Kenne zu viele Leute, die Long Covid bekommen haben oder Post Vac.
Möglicherweise wird es ein langer Weg, und ein Auf und Ab, und du wirst gut beobachten und sehen müssen, was auf dich persönlich am besten passt. Du darfst dich nicht entmutigen lassen, auch wenn es manchmal schwer wird, sich an dieses Vorhaben zu halten :) Aber unbehandelt müsste schon ein Wunder passieren, dass alles wieder weggeht, oder?
Ich drücke feste die Daumen!
RE: Chronische Borreliose? -
lillymarlen - 20.06.2024
Hallo lena-lemon:-)
Ich danke dir sehr für deine Worte. Du hast definitiv recht, behandelt werden sollte es definitiv. Ich würde lieber direkt heute als nächste Woche anfangen.
Mein Gedanke ist nur, kann es nicht vielleicht doch etwas anderes sein, da die Blutwerte ja nicht so eindeutig zeigen, dass die Ursache die Borreliose ist. Wobei das wohl sowieso schwer festzustellen ist…
Also zu den Corona-Impfungen bzw. Infektion konnte ich bisher keinen Zusammenhang feststellen. Ich wurde geimpft, aber lange bevor die Borreliose ausgebrochen ist. Eine leichte Infektion hatte ich auch, aber schon im April 2022. Mein Borreliose-Arzt ist im Übrigen auch auf LongCovid spezialisiert und konnte bisher auch keinen Zusammenhang bei mir sehen. Aber ja, letzten Endes weiß ja keiner, was das Immunsystem so beeinflusst und wie es zu diesen Reaktionen kommt.
Liebe Grüße :-)
RE: Chronische Borreliose? -
Claas - 20.06.2024
(20.06.2024, 17:40)lillymarlen schrieb: Vielen lieben Dank für deine Antwort :-)
Hast du denn auch so einen Rigor? Er ist bei allen Bewegungen da… sobald ich eine beuge-Bewegung mache, ruckelt das Gelenk. Und kannst du behaupten, dass keine neuen Symptome dazugekommen sind, seid du behandelt wurdest? Das wäre ja ein Ziel, die Ausbreitung einzudämmen…
Liebe Grüße :-)
Musste erstmal Rigor googlen
Ja, hatte/habe ich auch in den Händen.
Und ja, ich würde sagen, es sind keine Symptome dazugekommen, die ich der Borreliose zuordnen würde.
RE: Chronische Borreliose? -
lillymarlen - 20.06.2024
(20.06.2024, 19:23)Claas schrieb: (20.06.2024, 17:40)lillymarlen schrieb: Vielen lieben Dank für deine Antwort :-)
Hast du denn auch so einen Rigor? Er ist bei allen Bewegungen da… sobald ich eine beuge-Bewegung mache, ruckelt das Gelenk. Und kannst du behaupten, dass keine neuen Symptome dazugekommen sind, seid du behandelt wurdest? Das wäre ja ein Ziel, die Ausbreitung einzudämmen…
Liebe Grüße :-)
Musste erstmal Rigor googlen
Ja, hatte/habe ich auch in den Händen.
Und ja, ich würde sagen, es sind keine Symptome dazugekommen, die ich der Borreliose zuordnen würde.
Vielen Dank für deine Auskunft :-) Es macht mir tatsächlich Mut dass du schreibst, du hättest den Rigor auch. Das war ja das einzige Symptom, das mein Arzt bisher nicht von seinen Patienten kannte. Was mich natürlich schonwieder zweifeln ließ, ob denn dann wirklich Borreliose dahintersteckt ?
Aber nachdem ich mich immer mehr mit dem Thema auseinandersetze merke ich, dass Borreliose ja wirklich ALLES an Symptomen verursachen kann ?
RE: Chronische Borreliose? -
urmel57 - 20.06.2024
Hallo Lilly Marlen,
da Du die Symptome nach einer Streptokokken Infekt bekommen hast:
Ist
Chorea minor ausgeschlossen worden?
Mit vager Borrelien Diagnostik würde ich das bei einem Rheumatologen ausschließen lassen, bzw. überprüfen lassen, bevor ich teure Privatbehandlung beginnen würde. Die von Dir beschriebenen Symptome könnten, so wie ich es deiner Beschreibung nach verstanden habe, passen?
Alles nicht so einfach.... Symptome verschiedener Krankheiten können sich leicht überlagern. Daher ist Ausschlussdiagnostik sehr wichtig.
Liebe Grüße Urmel
RE: Chronische Borreliose? -
lillymarlen - 21.06.2024
(20.06.2024, 22:04)urmel57 schrieb: Hallo Lilly Marlen,
da Du die Symptome nach einer Streptokokken Infekt bekommen hast:
Ist Chorea minor ausgeschlossen worden?
Mit vager Borrelien Diagnostik würde ich das bei einem Rheumatologen ausschließen lassen, bzw. überprüfen lassen, bevor ich teure Privatbehandlung beginnen würde. Die von Dir beschriebenen Symptome könnten, so wie ich es deiner Beschreibung nach verstanden habe, passen?
Alles nicht so einfach.... Symptome verschiedener Krankheiten können sich leicht überlagern. Daher ist Ausschlussdiagnostik sehr wichtig.
Liebe Grüße Urmel
Hallo Urmel :-)
Obwohl ich nun fast täglich seit einem Jahr gegoogelt habe, was ich haben könnte, bin ich noch nie auf Chorea Minor gestoßen. Verrückt.
Tatsächlich würden einige Symptome passen. Ich werde das definitiv abklären lassen, danke für diesen Ansatz! :-)
liebe Grüße
RE: Chronische Borreliose? -
lena_lemon - 21.06.2024
Das ist ja wirklich spannend, Urmel, ich kannte Chorea Minor auch nicht. So ein Forum ist echt toll.
Aber es stellt sich mir weiterhin die Frage, inwiefern nicht auch diese Erkrankung von eine breit aufgestellten Borre&Co-Behandlung profitieren könnte – wenn ich das richtig sehe, behandelt man Chorea minor u.a. auch mit Antibiotika, und all die anderen antibakteriellen und teils auch antiviralen Kräuter etc. mit ihren superbreiten Wirkspektren könnten da ja auch positiven Einfluss nehmen? Ich finde es immer wieder erstaunlich, wieviele Erkrankungen letztlich so behandelt werden können, wie Borre&Co, und wenn man davon ausgeht, dass z.B auch Depressionen von AB gelindert werden, weil sie oft eben auch nur Entzündungen und Infektionen zur Ursache haben, ist das doch wirklich oft ein guter Ansatz. Oder?