Borreliose nach 20 Jahren -
Floh - 20.11.2013
Hallo, ich bitte um Rat. Kurz zu mir: Ich hatte vor über 20 Jahren einen Zeckenbiss mit Wanderröte, wurde -leider nur- mit 7 Tagen Antibiotika behandelt, da ich einen Ausschlag bekam. Es folgten noch zwei Zeckenbisse ohne Wanderröte. Über all die Jahre hatte ich etliche Symptome einer Borreliose, aber nie mehr daran gedacht,bis die Schmerzen massiver und gehäufter auftraten.
Aktuell die Laborbefunde:
Elisa Borrelien IgG-AK: 14,7, Ref. 16-22
Elisa Borrelien IgM.AK: 107, Ref. 16-22
Borrelien Blot IgG negativ
Borrelien Blot IgM positiv
Es wurden folgende Banden nachgewiesen:OspC Bg +, OspC Bb +, OspC Ba +, p 39 +, p 41 +
Meine Fragen: Kann nach so vielen Jahren noch der IgM hoch sein?
Habe ich die Borreliose ausgeheilt?
Soll ich (als Versuch) Antibiose beginnen, wie mein Hausarzt (kein Spezi) meint?
Soll ich noch weitere Tests machen lassen?
Danke für eure Einschätzung und Erfahrung
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
amaz0ne - 20.11.2013
Eigentlich deutet der hohe IgM auf eine frische Infektion hin. Wobei das ja auch sein kann, unbemerkt.
Hast du derzeit noch Symptome, die du auf die Borreliose zurückführst? Nach meiner Meinung kannst du so lange nicht von einer ausgeheilten Borreliose ausgehen, wie du nicht symptomfrei bist. Wobei ich denke, eine 'ausgeheilte' Borreliose ist eine, die dein Immunsystem im Griff hat.
Ich hatte einen ähnlichen Werdegang wie du, hatte allerdings 2007 eine erneute Infektion, auch mit Wanderröte, und habe nunmehr eine aktive B. , die ich gerade mit AB behandele. Hintergrund war eine Krebschemo. Auf die Spur gekommen bin ich der B., weil ich (zufällig) mit AB behandelt wurde und meine Beschwerden sich dadurch schlagartig besserten, was nicht hätte sein können, wenn sie (noch) Nebenwirkungen der Krebschemo gewesen wären.
Auch bei mir hat es einen solchen AB Versuch gegeben, mit der Folge, dass der HA sich bereit erklärt hat, anschließend den Therapieplan eines Spezi umzusetzen.
Ich halte das für keine schlechte Idee, würde dann aber versuchen, den HA dazu zu bringen, die AB in ausreichender Dosierung und Dauer durchzuführen. Im Falle, dass ihr es mit Doxy versuchen wollt, also 4-5 mg je kg Körpergewicht pro Tag, und mindestens 6 Wochen lang.
Wenn du das tust, dann solltest du bedenken, dass jede Reaktion eine Bestätigung der Diagnose sein kann, auch wenn die AB zunächst verschlimmern.
Man könnte als weitere Blutuntersuchungen auf Co-Infektionen untersuchen lassen, und man könnte den Immunstatus überprüfen.
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
Floh - 20.11.2013
Hallo Amazone, danke für deine schnelle Antwort. Bin noch ganz aufgeregt über den Befund und über die Möglichkeit, sich hier auszutauschen.
Ja, ich habe noch Symptome. Zur Zeit hauptsächlich Gelenkbeschwerden in den Fingern, auch Taubheitsgefühle, ständig wiederkehrende Sinusitis trotz zweier Kieferhöhlenop`s, rechts Kiefergelenkschmerzen mit Schwellung bis zum Ohr, lange bestehende Herzrythmusstörungen, die sich nachts verschlimmerten, jetzt wieder besser. Manchmal wache ich nachts auf, weil ich denke in Ohnmacht zu fallen. Komisch oder. Bei allen Beschwerden stresst mich momentan am meisten, dass ich so friere. Im Wohnzimmer sind 24 Grad, mein Mann und Kinder schwitzen und sind genervt und ich werde nicht warm. Ganz neu auch ein blauer Fußnagel seit 1 Woche, ohne dass ich mich verletzt hätte!?
Zur Antibiotika Gabe: Immer wieder habe ich schon gelesen, dass auf Doxy 200mg 20 Tage eine Chronifizierung ausgelöst wurde und dass das ein Antibiotika bei Frischinfektion ist. Mein HA würde aber genau das verschreiben. Ich tendiere dazu, noch den LTT und CD 57 Test zu machen, auch wenn mich der HA verrückt erklärt, er würde morgen gleich starten wollen.
Sowieso müsste ich doch eine genauere Diagnose haben. Ich verstehe nicht, warum ich keine IgG habe aber nach 20 Jahren IgM? Ich gehe nicht von einer Neuinfektion aus.
Jetzt schlafe ich darüber erst einmal -mit zwei Wärmflaschen und Heizkissen....
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
Rosa45 - 20.11.2013
Hallo Floh,
es hat eine 30-tägige Doxy 200mg AB Therapie gebraucht, bis sich bei mir erste IgG Antikörper gebildet haben.... und ich hatte zu der Zeit schon ein Jahr Monarthritis mit florider Synovialitis (Gewebeentnahme ohne auf Borreliose zu testen) und massiven Gelenkerguss und beginnende Neuritis...
Ich gebe nicht mehr so viel auf "Le(e)hrbücher".
Es dreht sich eh jeder Arzt wie er´s haben möchte.
LG Rosa
Erstaunlich ist, das ein gerichtlich bestellter Gutachter eindeutig festgestellt hat, IgM Antikörper sprechen eindeutig für eine frische als auch chronische aktive Infektion (Akutantikörper).
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
leonie tomate - 21.11.2013
Hallo Floh,
herzlich willkommen bei uns!
über Borreliose-Tests und die Bildung/Nichtbildung von Antikörpern, könnte man Romane schreiben.
Ich will es hier mal verkürzen: Trenne dich von der Vorstellung, dass die Tests sicher sind und dir Gewissheit verschaffen könnten.
Sie liefern bestensfalls Anhaltspunkte - mehr nicht.
Du hast ein "bildschönes" positives Testergebnis, dass zusammen mit einem erinnerlichen Zeckenstich, der Wanderröte und deiner Symptomatik, sprechen eine deutliche Sprache.
Mehr geht fast nicht bei der Bestätigung einer Borreliose-Diagnose.
Zitat:Ich tendiere dazu, noch den LTT und CD 57 Test zu machen,
Das würde ich persönlich in dieser Situation nicht machen, außer ich hätte Langeweile und zuviel Geld.
Ne, im Ernst: Diese Tests würde ich dann in Auftrag geben, wenn die anderen Serologien negativ wären, trotz bestehender Klinik.
Zitat:Zur Antibiotika Gabe: Immer wieder habe ich schon gelesen, dass auf Doxy 200mg 20 Tage eine Chronifizierung ausgelöst wurde und dass das ein Antibiotika bei Frischinfektion ist.
Das ist aus meiner Sicht vollkommen zutreffend.
Wobei mich genannte Standardtherapie bereits bei einer frischen Infektion, in die Chronifizierung getrieben hat.
Das muss nicht passieren, aber ich würde das Risiko nicht eingehen wollen - schon gar nicht, wenn es Anhaltspunkte dafür geben würde, dass die Infektion schon länger besteht und die Erreger sich bereits "häuslich eingerichtet" haben könnten.
Liebe Grüße
Leonie
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
amaz0ne - 21.11.2013
Ich halte es nicht für falsch, Doxy zu nehmen. Es schlägt bei mir zB an. Nur die Dosis und die Dauer muß passen. Was dein HA machen will, ist allenfalls halbe Dosis und halbe Dauer.
Ich unterstütze die Therapie auch noch mit weiteren Mitteln, mit Samento und Banderol, Artemisia annua 400 und Knoblauchkapseln. Aber für die unterstützenden Maßnahmen brauchst du keinen HA.
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
Floh - 21.11.2013
Guten Morgen und Danke für euren Beitrag. Ich sehe dadurch schon klarer und tendiere zur AB. Die Frage ist nur, ich kann meinem HA schlecht vorschlagen, welches Mittel, Dauer und Dosierung ich für sinnvoll halte.
Danke noch einmal Leonie Tomate, dass ich mir 200€ sparen kann für weitere Tests. Andererseits wüsste ich dann wahrscheinlich genauer, ob ich eine "alte" Infektion habe oder neue und entsprechend die AB auswähle.
Noch dazu habe ich unglaublichen Respekt, AB zu nehmen. Denn ich kann soweit ganz gut mit den Symptomen leben, brauche nur selten Schmerzmittel und mache sehr viel für meine Immunsystem. Nur wenn ich einen Infekt habe oder (auch vom Sport) geschwächt bin, verschlimmern sich alle Beschwerden oder kommen neue hinzu.
Ich habe Angst durch die AB eine "Welle" der Beschwerden loszutreten, die ich vorher nicht hatte.
Also, ich merke schon, ich zweifel noch stark.....
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
Regi - 21.11.2013
Sage deinen Arzt, dass du lieber den Leitlinien der DBG vertrauen möchtest als geltender Lehrmeinung. Beide Leitlinien sind mit entsprechenden Studien gestützt. Wer recht hat und wer nicht, kann keiner sagen. Als Patient sollte die Entscheidung aber dir überlassen werden, welchen Leitlinien du vertraust. Es ist schliesslich dein Körper.
http://www.borreliose-gesellschaft.de/Texte/Leitlinien.pdf
Zu deinem IgM: Möglicherweise wurde durch die frühe AB-Therapie die Antikörperproduktion gehemmt. Das heisst, es fand kein Wechsel von IgM auf IgG statt. Aber die Möglichkeiten, warum du keine IgG hast sind meiner Meinung unzählig - vielleicht sogar ein komplett unbekannter, individueller Vorgang.
Ich würde an deiner Stelle nach den Leitlinien der DBG behandeln, sofern du die Dosierung verträgst, denn das Risiko von Nebenwirkungen erachte ich als wesentlich geringer als das Risiko einer Chronifizierung oder das Risiko, dass die Borreliose ein für allemal vom Tisch ist, wenn du auf die Minidosierung nicht ansprichst.
LG, Regi
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
Floh - 21.11.2013
Also mit "Kanonen auf Spatzen schießen"...für mich sind das alles ganz neue Gedanken, schließlich lebe ich schon seit über 20 Jahren mit den Borellien. Klar, mal besser, mal schlechter.
Die komplette Heilung einer Borreliose ist ja auch nicht garantiert und dann all die Nebenwirkungen etc.
RE: Borreliose nach 20 Jahren -
urmel57 - 21.11.2013
Hallo Floh,
auch von mir ein herzliches Wilkommen hier im Forum.
Der IgM kann durchaus auch in der Spätphase persistieren oder durch Reaktivierung wieder positiv werden .
Wenn du bereits 20 Jahre infiziert bist und deine Beschwerden auf diesen Stich zurückführst, wirft sich natürlich auch die Frage auf, was ist mit deinem Immunsystem passiert, dass es jetzt mit de Erreger nicht mehr zurechtkommt. Wahrscheinlich kommen also auch andere Baustellen auf dich zu, die du näher unter die Lupe nehmen solltest.
Als Spatz sehe ich eine Borreliose nicht. Von daher ist eine Antibiose bei einer Borreliose mit ausgeprägten Symptomen, durchaus sinnvoll, um schlimmeres zu verhindern. Dabei würde ich mich auch an die Letilinien der deutschen Borreliosegesellschaft halten. Meine Erfahrungen und was ich aus einer ähnlichen Situation heraus gemacht habe, findest du in meinem Profil.
Ob du eine komplette Heilung nach so langer Zeit erfahren kannst, ist die Frage, aber es geht immer auch um Lebensqualität und um die Herstellung eines Gleichgewichts im Körper. Ist das zu sehr nach einer Seite Krankheit verschoben, kommt man nicht an härteren Maßnahmen (Antibiotika) vorbei, ansonsten bleibt die Suche danach, was dein Immunsystem so moduliert, dass es von alleine gegen die Krankheit ankämpfen kann.
Das Immunsystem ist leider eine sehr komplexe Angelegenheit und nur schwer von außen zu beherrschen. Da kommt die Frage nach Mineralstoffmängel, Vitaminmängel ebenso auf, wie auch andere Infektionen, Grunderkrankungen,die auch eine Rolle spielen können.
Lange Rede kurzer Sinn. Man muss vieles "einfach" ausprobieren, um zu sehen, was das Richtig für einen ist.
Liebe Grüße Urmel