Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
Luddi - 22.10.2015
Hallo,
ich wollte mal meine ersten Eindrücke aus der psychosomatischen Reha-Klinik schildern. Die Klinik ist schön, die Landschaft herrlich und das Personal sehr freundlich. Also alles so weit chic. Für meine Gesundheit ist es allerdings alles andere als gut, denn es ist schon sehr anstrengend zumal alles ziemlich bergig ist. Da kommt mein POTS so richtig in Schwung. Herzfrequenz 170 bis ich auf der Straße stehe, ist da keine Seltenheit.
Das medizinische Personal bildet ein gutes Abbild des wirklichen Lebens eines Borreliosekranken. Es ist alles hier vertreten. Meine Krankenschwester hat selber Borreliose und schon ziemlich viele Therapien hinter sich (und ist immer noch nicht vollständig wieder hergestellt). Der somatische Arzt wollte mich aufgrund meiner Befunde aus dem Krankenhaus sofort rehaunfähig schreiben und die Klinikleitung, eine Neurologin, meint ALLES sei psychosomatisch und warnte mich ausdrücklich vor dem Borreliose Centrum Augsburg (ganz schlimm - die vergiften die Leute).
Es herrschen hier also Zustände wie im richtigen Leben. Betroffene Krankenschwestern - engagierte Ärzte, die sicher sind, dass die Herzbeschwerden von der Borreliose kommen und eine Neurologin, die leider die Klinikleitung hat, und alle wieder "zurückpfeiffen" wird. Auf der Strecke bleibt ein Patient, der sich in jeder freien Minute ins Bett flüchtet, sich zu jeder Übung schleppt und als voll arbeitsfähig entlassen wird, nur weil die Neurologin der Meinung ist "das kommt alles von der Kindheit". Mein Paradigma, dass die Welt nicht verrückt ist - die Neurologen hingegen schon - hat sich wieder einmal bestätigt.
lg luddi
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben - Ehemaliges Mitglied - 22.10.2015
Luddi, das war schön zu lesen und so treffend.
Ich weiß nicht was dir dort der Arzt oder Apotheker empfiehlt.
Ich empfehle bei:
Zitat:Somatoformen Störungen. sind seit 1992 im europäischen Krankenverzeichnis der ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) enthalten.
Zitat:"Das wahre Leben": Bomben im Vorgarten
Von Christian Buß
Ist die Familie erst mal ruiniert, lebt’s sich völlig ungeniert: Als arbeitsloser Finanzmanager muss Ulrich Noethen der Demontage seines Eigenheimreichs beiwohnen. Eine wunderbare Tragikomödie mit therapeutischer Zielsetzung.
https://www.youtube.com/watch?v=ISzyuReZU_Q
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
johanna cochius - 22.10.2015
Hi Luddi,
Danke für Deine Schilderung...
Du hast ja noch ein Weilchen Zeit, vielleicht kannst Du die Neurologin noch " umprogrammieren"
Das du arbeitsfähig entlassen wirst kann ich mir nicht so recht vorstellen. Da spielen auch noch mehrere Meinungen eine Rolle als die der Klinikleitung. Und wie gesagt, Du bist doch gerade erst angekommen...
Ich hoffe jedenfalls daß das
gut ist, Du schon einige nette Leute kennen gelernt hast.
und nicht kaputter wieder kommst als wie Du hingefahren bist
Liebe Grüße
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
borrärger - 22.10.2015
oh man, ja, alles genau so wie wir das gewohnt sind. Sachen die du wirklich nicht mitmachen kannst, würde ich auch nicht mitmachen. Quälen sollte man sich nicht laßen.
Das hab ich mir auch für die Reha vorgenommen. Probieren ok, aber was nicht geht, geht eben nicht, dann mußt Du das kommunizieren, das kannste doch gut.
Einige sehen doch bestimmt dann auch, daß Du Dir Mühe gibst, aber manches eben einfach nicht schaffst.
Zitat:und als voll arbeitsfähig entlassen wird,
Und da Du in einer psychosomatischen Reha bist, haben die Neurologen auch nicht als einzige das Sagen. Schließlich sind Sie ja keine Psychiater oder Psychologen. Daß Borreliose nicht anerkannt wird um in die Rente zu gehen, wißen wir ja leider alle. Aber meist hat man ja noch was anderes. Nicht vorher die Flinte ins Korn werfen, es ist ja noch Zeit, wie Jo schon sagte.
Oh man da wird mir ganz sanders wenn ich das höre, ich bin ja am 18.11. dran. Aber die Ortopädische Reha geht zum Glück nur drei Wochen.
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
Rosenfan - 22.10.2015
Luddi, es kommt mir beim Lesen so vor, als wäre es meine Geschichte.
Ich bin auch immer gleich im Bett verschwunden, so bald es möglich war. Und musste mir deswegen auch noch dumme Sprüche vom Oberfuzzi anhören.
An alle anderen: ein Neurologe, egal ob m. oder w., ändert als Leiter einer Reha niemals seine Meinung
Das hieße ja, Fehler zuzugeben.
Trotzdem noch eine schöne Zeit
Gruß Rosenfan
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
Katie Alba - 22.10.2015
(22.10.2015, 12:22)Luddi schrieb: und die Klinikleitung, eine Neurologin, meint ALLES sei psychosomatisch
...nur weil die Neurologin der Meinung ist "das kommt alles von der Kindheit". Mein Paradigma, dass die Welt nicht verrückt ist - die Neurologen hingegen schon - hat sich wieder einmal bestätigt.
lg luddi
Ich könnte schreien, wenn ich das lese. Wenn Neurologen mit Küchenpsychologie anfangen... da erkennt sich die ICD doch selbst nicht wieder
Aber gut zu hören, dass es auch vernünftige Leute dort gibt - das ist eine hoffnungsvolle Botschaft.
Luddi, du leidest ja an POTS - und POTS ist ja ein anerkanntes neurologisches Syndrom. Was sagt denn die leitende Neurologin dazu? Hat sie dazu etwa auch hanebüchene küchenpsychologische Theorien? Sie könnte doch einen einfachen Schellong-Test machen. Oder einfach mal auf deine Pulsuhr schauen.
Ich finde es auch beängstigend, wenn du zu Aktivitäten getrieben wirst, die für deine Erkrankung eigentlich ungeeignet und auch nicht ungefährlich sind, das kann sich doch jeder denken, dass es nicht normal ist, wenn du ständig einen Puls von 170 bpm hast, das ist doch unnötige Quälerei. POTS ist ja nicht tödlich, aber mir machen solche Zahlen Angst.
Und jeder Neurologe müsste doch eigentlich inzwischen wissen, dass für POTS-Patienten eher Aktivitäten im Sitzen oder Halbsitzen empfohlen werden oder Schwimmen.
Für den Fall, dass es dir körperlich viel zu anstrengend wird, könntest du vielleicht auch nach einem Rollstuhl fragen. Dann könntest du mehr Aktivitäten mitmachen, ohne deinen Puls in schwindelerregende Höhen zu treiben. Ich habe mich davor selbst immer "gedrückt", aber es gibt viele Potsies die das machen, um mehr am Leben teilhaben zu können, ohne von ihrem Puls umgehauen zu werden.
Falls man dort POTS nicht kennt, könntest du der Neurologin natürlich noch die beiden deutschen POTS-Artikel (Haensch; Diehl) geben, aber das würde wohl auch nicht viel helfen
Bei allem Ärger über die leitende Neurologin wünsche ich dir trotzdem eine gute Zeit mit hoffentlich netten Mitpatienten und verständnisvollem Personal!
Liebe Grüße,
Katie
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
borrärger - 22.10.2015
Auf der Neuro, hatte ich sogar das Gefühl, daß die Ärzte uns gegenüber ein schlechtes Gewißen haben, und selbst nicht ganz glauben was sie sagen müßen, aber Sie müßen eben, weil es in deren leitlinien so steht. Und durch uns auch kein Geld in die Kasse kommt. Der Oberneurologe sagte mir beim gehen sogar unter vier Augen, "vielleicht haben Sie Borreliose die auch sehr schlimm sein kann, aber Neuroborreliose haben Sie nicht und nur dann sind wir Zuständig. So müßen wir Sie trotz Liquorentzündung und Läsionen im Kopf ohne Diagnose entlassen." Na ja AB hatte ich ja bekommen für 12 Tage
Natürlich entschuldigt das nichts, es ist der blanke Horror. Aber mit dem Gedanken konnte ich besser leben, allerdings nur bis mir der nächste Neurologe begegnet ist.
Ich bin jetzt bei einem Türkischen. Der hat mich gefragt, wie bekommt man denn solche Bakterien, er wußte noch nicht mal....
Aber er ist dafür auch nicht so eklig zu mir wie die anderen Neuros.
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
johanna cochius - 22.10.2015
Nimmst Du denn jetzt noch keine Medikament wegen dem POTS?
Ich habe in 2,5 Wochen den Termin, danke dir nochmal für den Tipp! ( Der Arzt ist wirklich sehr, sehr nett)
LG Jo
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
FreeNine - 22.10.2015
(22.10.2015, 15:30)johanna cochius schrieb: Danke für Deine Schilderung...
Du hast ja noch ein Weilchen Zeit, vielleicht kannst Du die Neurologin noch " umprogrammieren"
Das du arbeitsfähig entlassen wirst kann ich mir nicht so recht vorstellen. Da spielen auch noch mehrere Meinungen eine Rolle als die der Klinikleitung. Und wie gesagt, Du bist doch gerade erst angekommen...
So sehe ich das auch!
Ich habe damals letztendlich einen "verhältnismäßig" guten Therapeuten gehabt. Er hat mir jede Untersuchung (Labor, EKG, Echo ect.) in Kopie immer sofort ausgehändigt und man konnte mit ihm sprechen.
Deine ganzen Untersuchungen werden ja im Team ausgewertet und ob dann die Neurologin die entscheidende Rolle spielt, wird sich zeigen. Und ich denke, wenn ich es geschafft habe, da durch zu kommen - dann bist du rhetorisch 100 mal besser dran.
Wichtig ist, das Sie dort allen Problemen versuchen auf die Spur zu kommen (Untersuchungen) und das dann letztendlich richtig einschätzen. z.B. POTS ect.
Also nochmal - mach das Beste draus und dir noch keine Sorgen um die Entlassung. Du bist ja gerade mal angekommen!
PS. Und borrärger hat schon irgendwie Recht, die Art der Reha muss sich ja auch in der Abrechnung bestätigen, denn die Blöße werden Sie sich nicht geben und abrechnungstechnisch muss das ja alles stimmen. Wo kommen wir denn sonst hin!
d.h. m.E. die Statistik muss stimmen!
RE: Reha-Klinik: Wie im richtigen Leben -
Teggi - 23.10.2015
(22.10.2015, 18:47)Katie Alba schrieb: Ich könnte schreien, wenn ich das lese. Wenn Neurologen mit Küchenpsychologie anfangen... da erkennt sich die ICD doch selbst nicht wieder
Hihi, Katie,
oder auch das DSM IV - TR oder das DSM V...?
Nein, ohne Quatsch jetzt -
Katie hat absolut Recht:
Ich weiß nicht, nach welchen 'Standards' manche 'Allwissenschaft' bestimmter medizinischer Fachgruppen gebildet wird - sie ist zumindest offensichtlich nicht nach der WHO (s. ICD) entstanden, noch nach dem (durchaus zu kritizierenden) DSM V in Bezug auf psychische Erkrankungen.
Auch, wenn ich beide selbst sehr kritisch sehe -
danke, Katie!
Und wenn ich hier auch gerne den Begriff 'Küchenpsychologie 'aufgreife, dann nicht ohne Grund.
Zu oft bekommen Mediziner die Gelegenheit, mal eben 'nur im Vorbeilaufen' im Rahmen ihres Studiums ein bisschen 'Psychologie' zu schnuppern - für vllt. ein einziges Semester (wenn überhaupt) - toll...