Langzeitantibiose wirkt -
Mainz06 - 19.06.2016
Da (auch hier) hin und wieder Zweifel aufkommen, ob eine lange Antibiotikabehandlung überhaupt Wirkung zeigt möchte ich meinen Krankheitsverlauf als positives Beispiel schildern.
Zunächst die Vorgeschichte
06/2005
heftige "Grippe". hohes Fieber, kurzer Verlauf (ca. 1 Woche).
Kurz danach, über einige Wochen, heftige Kopfschmerzen. Ich habe jeden Tag etliche Aspirin geschluckt (die aber auch gut gewirkt haben).
07/2005
Neurologe "diagnostiziert" abgelaufene virale Meningitis - per Augenschein. Im Befund stehen einige Empfehlungen für Untersuchungen. Wurden aber nicht gemacht. Ich habe es damals auch nicht wirklich Ernst genommen, da ich dachte das wird schon wieder.
Im weiteren Verlauf dieses Jahres war ich sehr eingeschränkt und konnte, soweit ich mich erinnere, erst wieder Ende des Jahres Fußball spielen und musste im Spätsommer eine damals jährlich stattgefundene Fahrradtour nach 10KM kraftlos abgebrochen.
11/2006
Kardiologin, v.A. auf Mayokarditis - da ich im Verlauf 2006 mehrmals bei meinem HA war wg. schmerzhaften Herzklopfen. Die Kardiologin hatte dann aber im Grunde auch nichts gefunden.
2008
Blinddarm"fast Durchbruch" - Erwähnenswert, da ich 1 Woche Antibiotika i.V. bekam und in dieser Zeit keine Beschwerden erinnerlich sind.
03/2009
KH mit Vorhofflimmern - Diagnose: Holiday heart syndrom :-)
05/2010
HWS - konnte den Kopf nicht mehr drehen (k.a. ob das wirklich damit zusammen hängt, aber seit dieser Zeit hatte ich auch das permanente knacken im Nacken, was immer noch ein Rolle spielt)
09/2013
"Depressionen" - Wenn ich heute die Diagnose lese und vergleiche mit dem was ich dem erzählt habe, könnte ich weinen. Psychiater sind Idioten!
Das Citalopram hat keine Verbesserung gebracht und habe ich 04/2014 wieder abgesetzt.
Dann ging es "richtig" los
Ab diesem Zeitraum wurde es schlimm und ich war Dauergast bei Ärzten und der Notaufnahme. Vor allem der Sommer 2014 war sehr schlimm, da ich auch nciht wusste was da mit mir los ist.
Die Beschwerden waren vor allem:
* Gefühlstörungen und Schmerzen in den Füßen/Waden
* kribbeln in den Händen
* extreme Blutdruckschwankungen/-entgleisungen
* Entzündungen im und an den Augen, Ohren, Mund und Nase
* heftige Hitzewallungen
* Vibrieren des ganzen Körpers
* absolute körperliche Schwäche
* Konzentrationsschwäche
* Dazu die allseits bekannten Schreibstörungen mit Buchstabenvertauschen
* Vergesslichkeit von Wörter und anderem (in der schlimmsten Phase stand ich mehrmals in der Küche und wusste nicht mehr warum ich dort hingegangen bin)
Das alles verschlimmerte sich immer wieder in Schüben. Oft war es so, dass ich mich morgens halbwegs gut fühlte und dann im Verlauf des Tages schlechter und schlechter und lag dann abends vibrierend, mit starken Herzschmerzen im Bett und dachte ich sterbe.
Dieses Gefühl das der Körper die Lebensgeister aufgibt, war für mich auch das schlimmste und über 2014 und 2015 das anhaltenste Symptom.
Das war grob der Verlauf des Jahres 2014.
Das ich durch diese Beschwerden mein ganzes soziales Leben verloren habe, ist noch so ein Aspekt dieser Krankheit.
Bis 2013 habe ich mehrmals in der Woche Fußball gespielt (mit über 40 u.a. gegen 20 jährige in der
http://rheinhessen.die-bunte-liga.de/). War jeden Tag auf dem Fahrrad. Bin häufig die ca. 10 KM nach Wiesbaden zu Freunden und Bandprobe gefahren und habe am Wochenende längere Touren um Mainz gemacht.
Darüber hinaus war ich regelmäßig auf Konzerten oder habe Parties besucht.
Zuerst (so ab 2012) ging das mit den Parties und Konzerten nicht mehr so gut und wurde immer weniger. Dann (anfang 2013) musste ich das Fußball spielen sein lassen. Ende 2014 bin ich dann nicht mehr zur Bandprobe und seit 12/2014 fahre ich mit dem Auto zur Arbeit - ca. 500m!
Zu diesem Zeitpunkt wurde mir klar, das die mehrmals energisch von den Ärzten aufgestellte Behauptung, das das keine Borreliose sein kann - keine Antikörper, mehrere negative ELISA - nicht stimmen kann.
Der Termin beim Spezi
Ich habe mir Doxycyclin besorgt und einen LTT gemacht. Als dieser positiv zurück kam, habe ich begonnen 2x200mg zu nehmen und von der erste Woche wurden die Beschwerden weniger.
Für mich am beeindruckensten war es, dass ich das erste mal seit vielen Jahren wieder frei atmen konnte, da die Entzündung der Nase zu einer permanenten Verstopfung geführt hatte. Die war fast sofort weg und ist seidem auch nicht mehr aufgetreten.
2 Wochen nahm ich Doxy. Dann hatte ich einen Termin bei einem Spezi der AK-negative Patienten mit einem positiven LTT behandelt. Er verschrieb mir Minocyclin und Tinidazol.
Das komplette Jahr 2015 habe ich mehrmals jeweils über 4-8 Wochen diese Kombination verschrieben bekommen. Danach jedesmal versucht 4-6 Wochen Pause zu machen, um einen erneuten LTT durchzuführen. Das klappte letztlich aber erst im November.
Der 2.LTT ist aber sehr seltsam. Negativ gegenüber dem Stamm der beim 1. stark positiv war und umgekehrt. Der Spezi hat sich schriftlich nicht dazu geäußert und seitdem laboriere ich ohne Arzt
Denn die Rückfälle sind mittlerweile deutlich milder. Die Symptome wie das kribbeln in den Händen, die Schmerzen in den Füßen und das Herzstechen oder auch das vibrieren des ganzen Körpers sind erträglich und die Schübe in denen sie auftreten kürzer.
Trotzdem habe ich mir Doxyclin besorgt und nehme seit Januar immer bei Bedarf über unterschiedliche Zeiträume (3-14 Tage) unterschiedliche Dosen. Zwischendurch habe ich mal das KUF Schema probiert (
http://forum.onlyme-aktion.org/showthread.php?tid=8633). Aber 4 Wochen Pause und 3 Tage Einnahme klappt bei mir noch nicht.
Meist kamen Beschwerden nach ca. 1 Woche und ich habe dann eine Woche oder länger das AB eingenommen.
Geheilt?
Grundsätzlich, und deshalb habe ich mich auch entschlossen das ganze unter Erfolgsberichte einzustellen, ist der Verlauf sehr positiv.
Ich fühle mich zwar immer noch relativ kraftlos im Vergleich zu früher und fahre immer noch mit dem Auto zur Arbeit oder längere Radtouren sind noch nicht wirklich möglich. Aber was ich merke, ist ein deutlicher Rückgang der Empfindungstörungen. kribbeln in den Händen habe ich eigentlich gar nicht mehr. Die Schmerzen in den Füßen nur noch manchmal - vor allem abends im Bett. Kein schmerzhaftes Herzklopfen mehr, "nur" noch stechen ab und zu. Der Blutdruck ist seit längeren wieder stabil und die Hautprobleme, die ich seit AB-nahme hatte, werden auch besser.
Selbst so "kleine" Symptome wie der Haarausfall hat sich gebessert. Viele schüttere Stellen sind wieder dicht bewachsen. Ich habe keine Apthen mehr und das permanete Tränen der Augen ist deutlich besser.
Also, alles in allem ist für mich die Behandlung mit Antibiotika über einen Zeitraum von nunmehr 17 Monaten erfolgreich gewesen. Auch die Mittel Minocyclin und Doxycyclin waren richtig und haben bei mir gewirkt.
Da aber immer noch Rückfälle in unregelmäßigen Abständen auftreten, ist die Sache vermutlich noch nicht durch und ich kann mich nicht als geheilt bezeichnen.
Aber wer sich so fühlt wie ich mich Ende 2014 gefühlt habe kann vielleicht ein wenig Hoffnung haben. Es besteht die Chance, das die Beschwerden verschwinden oder besser werden, wenn man das richtige tut auch gegen den Rat der Ärzte.
Ich habe damals selbst viel nach den Symptome gegoogelt und war lange Zeit skeptisch darüber, was mich da plagt. Es ist aber zum Verzweifeln, was für ein Mist die Ärzte erzählen. Ich habe im Verlauf dieser ganzen Episode von keinem der Dutzend (Fach-)Ärzten die mich untersucht haben Hilfe bekommen.
Mit keine - meine ich KEINE!
Keine Diagnose, keine Theraphie - kein gar nichts!!!!
Und deshalb finde ich es auch enorm wichtig
http://onlyme-aktion.org/ zu unterstützen und jeder der davon betroffen ist sollte das dringend auch tun!
Danke!
RE: Langzeitantibiose wirkt -
Filenada - 19.06.2016
(19.06.2016, 10:49)Mainz06 schrieb: Grundsätzlich, und deshalb habe ich mich auch entschlossen das ganze unter Erfolgsberichte einzustellen, ist der Verlauf sehr positiv.
Und den Rest schaffste auch noch

, da bin ich mir sicher! Ich drück Dir von ganzem Herzen die Daumen dafür.
RE: Langzeitantibiose wirkt -
Aber01 - 19.06.2016
Toll. Ich drücke die Daumen!!! Das wird wieder. Habe gerade das Buch "Cure Unknown" gelesen - das ermuntert und motiviert zum Kämpfen.
Das Leben ist zu schön, um aufzugeben!
LG
Axel
RE: Langzeitantibiose wirkt -
anfang - 19.06.2016
(19.06.2016, 10:49)Mainz06 schrieb: Mit keine - meine ich KEINE!
Das glaube ich dir unbesehen,krass-aber leider zu wahr...
Keine Diagnose, keine Theraphie - kein gar nichts!!!!
Und deshalb finde ich es auch enorm wichtig http://onlyme-aktion.org/ zu unterstützen und jeder der davon betroffen ist sollte das dringend auch tun!
...da könnt man bestimmt auch noch dran arbeidde.. . . . . - anfang -
Danke!
RE: Langzeitantibiose wirkt -
Klaus - 19.06.2016
Freut mich sehr, das die AB bei Dir gut angeschlagen haben und es Dir besser geht
AB helfen längst nicht jedem mit B. und Co.
Kann mir gut vorstellen, wenn Du mit AB weitermachst, die Beschwerden fast ganz weggehen...ich wünsche es Dir !
RE: Langzeitantibiose wirkt -
Borrimaus - 20.06.2016
das freut mich für dich Mainz06. Andererseits macht mich dein Beitrag auch traurig. Wenn ich lese, dass KEINER der Fachärzte dir geholfen hat, dann erinnert mich das an meinen Leidensweg. Wir müssen so glücklich sein, dass es einige ganz wenige, mutige Ärzte gibt, die - trotz heftiger Anfeindungen von Kollegen und teilweise auch von Patienten - uns behandeln. Die übrigen Ärzte behandeln streng nach Leitlinien und das heisst für viele uns: keine Behandlung und ewiger Leidensweg. Da müsste man mal endlich was Wirkungsvolles dagegen tun. Mir fällt nur nichts ein!
RE: Langzeitantibiose wirkt - Ehemaliges Mitglied - 20.06.2016
Freut mich, Mainz06.
Es ist auch nicht so, dass das nur bei dir klappt. Manche sollten es nur einmal wertfrei betrachten, erforschen ...
http://www.praxis-berghoff.de/dokumente/berghoff30062014_2/Kapitel_22-2_Serologie_im_Spaetstadium.pdf
http://forum.onlyme-aktion.org/showthread.php?tid=6463
RE: Langzeitantibiose wirkt -
borrärger - 21.06.2016
Super, dass Du das eingestellt hast. Toll für Dich , die Erfolge durch die Therapie

Ich finde es immer sehr wichtig für uns alle zu sehen, was den Einen oder Anderen nach vorne gebracht hat. Denn leider müssen sich viele von uns selbst helfen, wie Du weisst
RE: Langzeitantibiose wirkt -
Mainz06 - 15.07.2016
Danke!
Das "lustige" war, dass genau am Tag nach dem ich das geschrieben habe, hat sich ein neuer Schub bemerkbar gemacht. Der sich dann noch ordentlich manifestierte. Die Hitze tat ihr übriges (war letztes Jahr schon der Horror). So bin ich erstmal wieder in der nächsten AB Schleife.
@fischera: Naja, das es nicht nur bei mir klappt, war mir klar, aber es schwang in dem einem oder anderen Beitrag so eine gewisse Resignation wieder, ob AB überhaupt helfen, die wollte ich hiermit durchbrechen ;-)
Aber auch für mich selbst, da das ganze sehr belastend ist.
Ich bin mittlerweile drei Jahre extrem in meinem Leben eingeschränkt und freue mich, wenn ich Erfolge von anderen lese und möchte deshalb auch gerne meine weiter geben.
Ergänzend zum Beitrag noch: Der Spezi meinte zum 2. LTT da diese Reaktionen auf die einzelnen Stämme nichts zu bedeutet hätten, er sieht EINE Reaktion und war nicht so glücklich darüber dass ich Doxy genommen habe.
Und weil ich den ersten Beitrag nicht mehr bearbeiten kann:
Ein Symptom das ich vergessen habe
* schrecklicher Nachtschweiß (oft übelriechend)
RE: Langzeitantibiose wirkt - Ehemaliges Mitglied - 09.03.2017
dieselbe geschichte zu den ärzten kann ich von mir geben, nur habe ich noch nicht herausgefunden was bei mir die ursache aller probleme ist