CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
Valtuille - 01.07.2016
Eine weitere Studie unter Beteiligung von John Aucott (Johns Hopkins Universität):
76 Patienten mit dokumentiertem Erythema migrans wurden mit 26 Kontrollpatienten verglichen. Innerhalb eines Jahres wurden zu 6 Zeitpunkten 64 Zytokine, Chemokine und Entzündungsmarker gemessen.
Die Patienten wurden nach 6 Monaten und einem Jahr in 3 Gruppen eingeteilt: „Geheilt/wieder gesund“, „nur Symptome“ und „Post-Treatment Lyme Disease Syndrom“ (PTLDS).
Bei 7 der 64 getesteten Immunmediatoren zeigten sich signifikante Unterschiede und eine logistische Regression identifizierte schließlich das Chemokin CCL19 als Prädiktor für PTLDS.
Bei einem Cutoff von >111.67 pg/ml und einen Monat nach der Behandlung zeigte sich eine Sensitivität von 82% und eine Spezifität von 83% für ein späteres PTLDS.
Es wird spekuliert, dass persistierend erhöhte CCL19 Werte bei Patienten mit PTLDS für anhaltende immungesteuerte Reaktionen hinweisen.
Die Ergebnisse der Studien deuten auf die Relevanz von CCL19 während einer akuten Infektion und als immunologischer Risikofaktor während der Post-Treatment-Phase hin.
Die Identifizierung eines Biomarkers als Prädiktor soll die bislang ungeklärte Pathogenität des PTLDS verstehen helfen und frühzeitige Interventionen ermöglichen.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27358211
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
AnjaM - 01.07.2016
(01.07.2016, 15:04)Valtuille schrieb: Die Patienten wurden nach 6 Monaten und einem Jahr in 3 Gruppen eingeteilt: „Geheilt/wieder gesund“, „nur Symptome“ und „Post-Treatment Lyme Disease Syndrom“ (PTLDS).
Verständnisfrage: Was ist der Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen "nur Symptome" und "PTLDS"?
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
Valtuille - 01.07.2016
Das hängt davon ab, welche Definition für das PTLDS verwendet wurde. Es gibt ja keine allgemein anerkannte Definition. Nach IDSA sind es nur subjektive Beschwerden, die nicht objektiv feststellbar sind, aber je nach Studie und Autor wird das u.U. anders interpretiert.
Im Abstract steht, dass sowohl Symptome als auch die funktionelle Auswirkung berücksichtigt wurden.
Wie dann tatsächlich zur Differenzierung vorgegangen wurde, steht nicht im Abstract, wäre aber interessant.
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
AnjaM - 01.07.2016
Ich frage mich halt, was der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen sein soll. Bei beiden sind ja "nur Symptome" vorhanden. Und warum man dann einer Gruppe den Stempel PTLDS aufdrückt und der anderen nicht kapier ich nicht wirklich.
"Im Abstract steht, dass sowohl Symptome als auch die funktionelle Auswirkung berücksichtigt wurden."
Was ist eine funktionelle Auswirkung?????
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
Regi - 01.07.2016
Vielleicht bedeutet "Nur Symptome", dass die Symptome keine oder nur geringe funktionelle Auswirkungen haben. Bei Post Lyme hat man dann Symptome, die funktionelle Auswirkungen haben, also Einschränkung durch die Symptome in Sozialem Umfeld, Hobbys und/oder Beruf.
LG, Regi
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
Valtuille - 01.07.2016
Ich vermute es auch so wie Regi, hab aber noch keinen Zugriff auf den Volltext, erst dann lassen sich deine Fragen beantworten, Anja (z.B. wären bleibende Hautveränderungen auch ein Symptom, dass aber mit eher wenigen Einschränkungen einhergeht).
Dass zwischen allen möglichen Beschwerden nach Antibiotikatherapie und PTLDS unterschieden wird, ist aber nichts Neues, das war schon immer so von der IDSA Seite aus (wie auch deren Inklusion- und Exklusionskriterien zeigen). Sobald sich irgendwelche objektiv feststellbare Auffälligkeiten, die die Beschwerden erklären, zeigen, ist es nach IDSA kein PTLDS mehr (z.B. bleibende Schäden an Nerven, Haut und Gelenken, durch bildgebende Verfahren belegte Entzündungen etc.). Nach IDSA ist PTLDS salopp gesagt man findet nichts, aber der Patient hat Beschwerden (Fatigue, Schmerzen...).
Da es jedoch keine allgemeingültige Definition für PTLDS gibt, muss man im Einzelfall nachschauen, woran man sich orientiert hat. Denn einige verwenden PTLDS als Containerbegriff für jegliche Art von Beschwerden nach Antibiose.
Das führte dann bereits zu einigen Missverständnissen und macht es auch nicht unbedingt einfacher.
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
urmel57 - 01.07.2016
In Deutschland neigt man ja derzeit dazu, das PTLDS aufzudröseln. Es lässt sich bisher kein konkretes Krankheitsbild herausarbeiten. Die Studien dazu betrachten oft ganz unterschiedliche Symptome . Möglicherweise würde dieser Faktor ja auch bei anderen Infektionskrankheiten eine Rolle spielen ...
RE: CCL19 als Risikofaktor für Post-Treatment Lyme? -
Valtuille - 03.07.2016
Ich bin in einer älteren Studie von Aucott fündig geworden, wie PTLDS von ihm definiert wird (hätte ich auch früher darauf kommen können):
http://www.ijidonline.com/article/S1201-9712(13)00046-5/fulltext
Ich gehe davon aus, dass diese Definition auch in dieser Studie verwendet wurde.
Für eine PTLDS-Diagnose benötigt man (neben dokumentierter Borreliose und Behandlung mit AB etc.) mindestens eines der folgenden subjektiven Symptome innerhalb von 6 Monaten nach der Antibiose:
-Fatigue/Erschöpfung stärker als vor der Borreliose
-muskuloskelettale Schmerzen in mindestens 3 Stellen
-Wortfindungsstörungen, Konzentrationsstörungen oder Gedächtnisstörungen
Zusätzlich, da kommt nun der Aspekt der eingeschränkten Lebensqualität dazu, benötigt man einen SF-36-Wert unter 45 (SF-36 ist ein standardisierter Fragebogen zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität).