[Luddi]

Liebe Toffifee,

ich kann deine Sorgen sehr gut verstehen. Manche gehen lieber auf Nummer Sicher und andere leben lieber nach dem Motto "no riks - no fun" bzw. haben einfach weniger Angst als Andere.

Normalerweise können wir als Menschen immer selbst entscheiden, ob wir lieber auf Nummer Sicher gehen oder nicht. Wir können entscheiden, ob wir uns ein zweites Schloss in die Wohnungstür einbauen lassen, wir können entscheiden, ob wir lieber nicht ins tiefe Wasser gehen oder ob wir eine Absperrung um unseren Swimmingpool bauen (falls wir einen haben).

Die Medizin ist der einzige Bereich, in dem Andere für uns entscheiden. Wir sind den Ärzten ausgeliefert. Wir können nicht einfach sagen, "ich würde lieber"... andere sagen stattdessen, was wir zu tun und zu lassen haben. Das Problem ist dabei, dass auch Ärzte, die selber AB nehmen würden, uns keins geben, weil es die Leitlinien so nicht vorsehen oder weil sie überzeugt sind, dass das Risiko minimal ist.

Ich persönlich kann nicht verstehen, wenn man einen Menschen, der Angst hat - nicht ernst nimmt und seine Präferenz nicht respektiert. Was mich nervt ist die Salbe, die er Arzt auf die Stichstelle geschmiert hat. Was war das? Eine antibiotische? eine kortisonhaltige? Dies alles könnte die normale Entwicklung einer Wanderröte beeinflussen, zumal nicht in allen Fällen eine Wanderröte auftaucht.

Du musst jetzt für dich entscheiden:
Kannst du mit dem Restrisiko leben? Auch wenn die Chance, dass Du nicht krank wirst, groß ist.
Stellt deine Angst ein große Beeinträchtigung deiner jetzigen Lebensqualität dar?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du dich nach ein paar Tagen wieder beruhigst und die Sache vergisst?

Beantworte dir selbst diese Fragen und wenn Du für dich entscheidest, dass Du AB willst (denn 2-3 Wochen Doxycyclin ist nun wirklich verkraftbar - wir reden hier nicht von einer Chemotherapie), dann geh zu deinem Arzt und sage ihm, dass Du ein Typ bist, der auf Nummer Sicher gehen will! Punkt.
Wenn er dir nichts gibt, erfinde Nachtschweiss oder sonstige grippalen Symptome oder mache eine Ärztetournee bis Du einen findest.

Die Entscheidung liegt bei dir! Ich würde mir wünschen, dass Ärzte Patienten ernst nehmen - auch ängstliche!
Angst ist nämlich eine sinnvolle Erfindung der Natur (sie schützt uns vor Dummheiten und Gefahren) und Angst ist nichts, dessen man sich schämen braucht! Viele Ärzte haben das aber immer noch nicht kapiert. Sie wissen nicht, was sie einem ängstlichen Patienten antun, wenn sie ihn nach Hause schicken - oder es ist ihnen egal.

Dein Risiko ist überschaubar.
Siehe zu, dass deine Angst nicht in Panik umschlägt.
Atme tief durch und überlege, was dir lieber ist.

Wenn Du dich für AB entscheidest, dann gehe mit einem kühlem Kopf zu deinem Arzt und sage ihm - ohne panisch zu wirken - was du willst. Paradoxerweise steigen dadurch oft die Chancen doch noch ein Rezept zu bekommen.

Also zusammengefasst:
Du brauchst kein AB!
ABER
Meines Erachtens hast Du ein Recht, wenn Du es willst.
Es ist dein Körper!
Du bestimmst!
Es kann nicht sein, dass wir in diesem Land selber entscheiden dürfen, ob wir eine Abtreibung vornehmen, aber nicht entscheiden dürfen (nach gründlicher Aufklärung) zwei Wochen Doxycyclin zu nehmen, das tagtäglich auf der ganzen Welt MILLIONENFACH wegen Bagatellen verordnet wird. (sorry, wenn das ein vielleicht drastisches Beispiel ist, aber manchmal muss man auch etwas überziehen, um die Absurdität einer Situation zu begreifen)

Es wird Zeit, dass die Patientenpräferenz wirklich mit in die Therapieentscheidung einbezogen wird.

lg Luddi