13.01.2019, 20:08
Hallo Regi, liebe Forums-Mitglieder,
gerade in den letzten Wochen habe ich erleben müssen, wie es Ärzten geht, die sich nicht an die z.T. kontraproduktiven Vorgaben ("Arzneimittelbudgets", "Arzneimittelrichtlinien", "Arzneimittelzielvereinbarungen") der Krankenkassen (kranken Kassen?) und der kassenärztlichen Vereinigungen (KV) halten, sondern ALLE Patienten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den neuesten internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen behandeln. Ob privat oder gesetzlich versichert, sollten alle Patienten gleich behandelt werden (so jedenfalls der Tenor der Sozialgesetze). Nun sind aber manche Arzneimittel nicht als billige Generika (die nicht unbedingt schlechter sein müssen) vorhanden, sodass teure Medikamente verordnet werden müssen. Das belastet natürlich das Arzneimittelbudget, das bis vor 2017 einzuhalten war. Einzige Möglichkeit, darüber hinaus etwas zu verordnen, war, Patienten oder Behandlungen als Praxisbesonderheit anzugeben. Diese muss dann auch anerkannt werden (was manchen Kollegen wohl nicht gefällt, gerade, wenn man eine andere Ansicht von der Therapie bestimmter Krankheiten hat). Aber es gibt in jeder Praxis und bei jeder Verordnung eine Grauzone, wo es keine Doppelblindstudie oder kein Konsens oder keine Leitlinie gibt. Als Arzt bin ich aber den Patienten verpflichtet und nicht der Krankenkasse. Natürlich wähle ich bei Gleichwertigkeit das preiswerte Präparat, auch bei Privatpatienten, denn auch diese müssen die Versicherung bezahlen.
Durch wiederholte Überschreitung der Arzneimittelbudgets und Verordnung notwendiger Arzneimittel seit 2001 sind Regressbeträge in Millionenhöhe entstanden, die die Kassen nun von mir zurückfordern. 1,5 Millionen Euro sollte ich sofort zahlen, was ich natürlich nicht kann, da ich kaum über finanzielle Reserven verfüge. Ich musste Insolvenz anmelden, sodass ich nun mittellos bin und wohl auch meine Bleibe verloren habe. Meine Klagen, die ich eingelegt habe (wegen der kassenärztlich verordneten Arzneimittel), liegen auf Eis, da ich ja sowieso insolvent bin...
Eine Situation, die jetzt zum Verlust der Kassenzulassung geführt hat (und ich war mit Leib und Seele Kassenarzt), sodass ich nun auch nur noch privatärztlich arbeiten kann. Manche gesetzliche Kassen haben signalisiert, dass evtl. Rezepte erstattet werden.
In diese Situation will natürlich keiner kommen.
Mir selber bleibt nur, durchzuhalten, um zumindest die Finger in die Wunden zu legen und Patienten (leider nur privat) zu beraten. Es fehlen tatsächlich Langzeitbeobachtungen bei Borreliose und Co, die aber wegen der "Leitlinien" kaum zu bekommen werden, da die Therapie der Borreliose nur für wenige Wochen vorgesehen ist.
Eigene Beobachtungen (und ich behandle seit ca. 30 Jahren Patienten mit Borreliose) zeigen aber, dass eine lange und ausreichend hohe Antibiotikatherapie, in Kombination mit Begleittherapien die besten Ergebnisse liefern. Nur einige, wenige Patienten profitieren nicht (warum? - evtl wurde irgendetwas nicht berücksichtigt oder die Dosierung hat nicht gepasst). Das Wichtigste ist, einen kompletten Überblick über die Leidensgeschichte zu erhalten (das dauert schon einmal eine Stunde oder mehr, alleine für die Anamnese), was leider in der Kassenmedizin nicht honoriert wird.
Wichtig für Patienten ist, möglichst selber zum Spezialisten zu werden, sich zu informieren (wie hier im Forum) und entsprechende Laborwerte und Untersuchungen einzufordern. Das ist das Recht jedes Patienten! Egal ob privat oder gesetzlich versichert.
Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft und Mut zum Durchhalten. Habe selber eine Katastrophe erlebt und war nicht mehr arbeitsfähig. Inzwischen arbeite ich von 06:00 bis 19:00 ohne Pause und bin nur noch fit (und das mit 60 Jahren), bin fitter als mit 20 Jahren, als ich schon die Borreliose hatte...
Liebe Grüße!
pitus
gerade in den letzten Wochen habe ich erleben müssen, wie es Ärzten geht, die sich nicht an die z.T. kontraproduktiven Vorgaben ("Arzneimittelbudgets", "Arzneimittelrichtlinien", "Arzneimittelzielvereinbarungen") der Krankenkassen (kranken Kassen?) und der kassenärztlichen Vereinigungen (KV) halten, sondern ALLE Patienten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den neuesten internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen behandeln. Ob privat oder gesetzlich versichert, sollten alle Patienten gleich behandelt werden (so jedenfalls der Tenor der Sozialgesetze). Nun sind aber manche Arzneimittel nicht als billige Generika (die nicht unbedingt schlechter sein müssen) vorhanden, sodass teure Medikamente verordnet werden müssen. Das belastet natürlich das Arzneimittelbudget, das bis vor 2017 einzuhalten war. Einzige Möglichkeit, darüber hinaus etwas zu verordnen, war, Patienten oder Behandlungen als Praxisbesonderheit anzugeben. Diese muss dann auch anerkannt werden (was manchen Kollegen wohl nicht gefällt, gerade, wenn man eine andere Ansicht von der Therapie bestimmter Krankheiten hat). Aber es gibt in jeder Praxis und bei jeder Verordnung eine Grauzone, wo es keine Doppelblindstudie oder kein Konsens oder keine Leitlinie gibt. Als Arzt bin ich aber den Patienten verpflichtet und nicht der Krankenkasse. Natürlich wähle ich bei Gleichwertigkeit das preiswerte Präparat, auch bei Privatpatienten, denn auch diese müssen die Versicherung bezahlen.
Durch wiederholte Überschreitung der Arzneimittelbudgets und Verordnung notwendiger Arzneimittel seit 2001 sind Regressbeträge in Millionenhöhe entstanden, die die Kassen nun von mir zurückfordern. 1,5 Millionen Euro sollte ich sofort zahlen, was ich natürlich nicht kann, da ich kaum über finanzielle Reserven verfüge. Ich musste Insolvenz anmelden, sodass ich nun mittellos bin und wohl auch meine Bleibe verloren habe. Meine Klagen, die ich eingelegt habe (wegen der kassenärztlich verordneten Arzneimittel), liegen auf Eis, da ich ja sowieso insolvent bin...
Eine Situation, die jetzt zum Verlust der Kassenzulassung geführt hat (und ich war mit Leib und Seele Kassenarzt), sodass ich nun auch nur noch privatärztlich arbeiten kann. Manche gesetzliche Kassen haben signalisiert, dass evtl. Rezepte erstattet werden.
In diese Situation will natürlich keiner kommen.
Mir selber bleibt nur, durchzuhalten, um zumindest die Finger in die Wunden zu legen und Patienten (leider nur privat) zu beraten. Es fehlen tatsächlich Langzeitbeobachtungen bei Borreliose und Co, die aber wegen der "Leitlinien" kaum zu bekommen werden, da die Therapie der Borreliose nur für wenige Wochen vorgesehen ist.
Eigene Beobachtungen (und ich behandle seit ca. 30 Jahren Patienten mit Borreliose) zeigen aber, dass eine lange und ausreichend hohe Antibiotikatherapie, in Kombination mit Begleittherapien die besten Ergebnisse liefern. Nur einige, wenige Patienten profitieren nicht (warum? - evtl wurde irgendetwas nicht berücksichtigt oder die Dosierung hat nicht gepasst). Das Wichtigste ist, einen kompletten Überblick über die Leidensgeschichte zu erhalten (das dauert schon einmal eine Stunde oder mehr, alleine für die Anamnese), was leider in der Kassenmedizin nicht honoriert wird.
Wichtig für Patienten ist, möglichst selber zum Spezialisten zu werden, sich zu informieren (wie hier im Forum) und entsprechende Laborwerte und Untersuchungen einzufordern. Das ist das Recht jedes Patienten! Egal ob privat oder gesetzlich versichert.
Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft und Mut zum Durchhalten. Habe selber eine Katastrophe erlebt und war nicht mehr arbeitsfähig. Inzwischen arbeite ich von 06:00 bis 19:00 ohne Pause und bin nur noch fit (und das mit 60 Jahren), bin fitter als mit 20 Jahren, als ich schon die Borreliose hatte...
Liebe Grüße!
pitus