(29.05.2014, 14:03)Ana schrieb: Ich bin bei einem Borreliose Spezi in Behandlung (seit einem Monat) - die Behandlung hat noch nicht begonnen, weil mein Spezi unbedingt möchte, dass ich zwei Wochen stationär parenteral mit Antibiotika versorgt werde (um dann in weiterer Folge 4-6 Wochen zu Hause oral mit den Antibiotika weiterzumachen - dann zwei Wochen Pause und wieder 6-8 Wochen Babesien Therapie oral) und meine Versicherung lehnt die Übernahme der Kosten ab. Mein Spezi scheint eine pragmatische Vorgehensweise zu haben - er ist zwar ILADS sowie der DBG wohl gesonnen - sagt aber, er therapiert solang sich die Klinik nicht bessert. Ich bin erst vor einem Monat mit der Diagnose konfrontiert worden und musste in diesem einen Monat so viel an Wissen nachholen, was ihr leider schon seit Jahren besitzt. Also meine nächste Frage: Ist es so wichtig, dass man parenteral stationär behandelt? Wirkt die Therapie intravenös besser? Falls meine Versicherung nicht zahlt, werde ich, ob ich möchte oder nicht, oral beginnen müssen. Ist das ein großer Nachteil für mich?
Mit parenteraler Antibiose erreicht man höhere Plasmaspiegeln als mit der oralen Einnahme und somit eine bessere Wirksamkeit, denn diese hängt ja u.a. von der Konzentration des AB am Wirkort. Deswegen wird diese Art der Behandlung von manchen Spezis bevorzugt.
Ich persönlich glaube, dass man auch mit einer reinen oralen Antibiose wieder gesund werden kann, denn ich kenne Patienten, die es auf dieser Weise geschafft haben, dauerhaft wieder beschwerdefrei zu werden.
Man sollte dabei darauf achten, dass die Wirkspiegel hoch genug sind, was man in manchen Labors messen lassen kann ( was gesetz. versicherte Patienten in D aber leider wieder selbst bezahlen müssen). Der Plasmaspiegel hängt dabei nicht nur vom Körpergewicht ab, sondern auch vom Stoffwechsel. Schnelle Metabolisierer benötigen höhere Dosen, weil ihr Körper die Wirkstoffe schneller abbauen.
In älteren Studien wurde außerdem gezeigt, dass Bromelain den Plasmaspiegel von manchen AB (welche genau habe ich gerade nicht mehr im Kopf) erhöhen kann. Das gilt auch für VitC und-glaube ich-Tetrazyklinen. Bromelain hat außerdem den Vorteil, langfristig antientzündlich zu wirken. VitC bekämpft den oxydativen Stress, der bei chronischen Infektionen hoch sein soll.
Mit diesen preiswerten Wirkstoffen müsste das Erreichen ausreichend hoher wirksamen Plasmaspiegeln bei einer oralen Antibiose möglich sein.
Für die meisten Patienten lässt sich leider nur eine orale Antibiose verwirklichen, denn eine parenterale Antibiose wird von den deutschen Leitlinien nur für bestimmte Fälle vorgesehen (so weit ich weiß bei nachgewiesener Neuroborreliose) und das auch nur über einem begrenzten Zeitraum (2-4 Wochen glaube ich).
Viele gesetz. versicherte Patienten in D müssen ihre Antibiotika selbst bezahlen, entweder weil sie von einem Privatarzt verschrieben worden sind oder weil der Kassenarzt, der sie theoretisch auf Kassenrezept verschreiben könnte, es doch auf Privatrezept macht, weil er Angst hat, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Rückerstattung der entstandenen Kosten (Regress) verlangt, falls sie der Auffassung ist, dass die Verschreibung nicht gerechtfertigt war. Das kann der Fall sein, wenn der Patient keine AKs gegen Bo hat (oder nur erhöhten IgG) oder bereits eine Antibiose bekommen hat und deswegen trotz persistierenden Symptomen als "gesund" betrachtet wird (in diesem Fall bezahlen die Versicherungen aber gerne Schmerztherapien, Psychotherapien, teure Reha-und anderen Klinikaufenthalte in Rheuma-, Schmerzkliniken, usw.)
Zitat:@Sunflower:
"Ich hoffe, er zweifelt nicht an einer aktiven Bo.?" - nein, er hat folgendes im Befund geschrieben: "Bei der Patientin besteht seit 2012 eine chronisch aktive Borreliose mit Co-Infektionen. Die letzten Befunde beweisen sogar eine chronische Aktivität der Borreliose. Die Patientin hat auch massive klinische Symptome."
Gut, wenn du zumindest einen Arzt hinter dir hast, der diese Diagnose unterstützt.
Ich hatte selber keine erhöhten AKs und gelte offiziell aufgrund einer postpartalen Depression vor 9 Jahren als psychisch krank (das Schlimmste ist, dass mein eigener Mann dies auch glaubt).
Was die IV Antibiose anbelangt: ich finde, eine orale Antibiose ist besser als gar keine. Deswegen halte ich es für besser, diese so schnell wie möglich zu beginnen, um keine Zeit mehr zu verlieren.
Zitat:Je mehr ich lese, desto mehr Fragen machen sich auf. War das bei euch auch so?
Ja, das ist bei mir immer noch so, obwohl ich bereit seit 6 Jahren krank bin.
Es liegt noch sehr viel im Dunkeln, sowohl für die Diagnostik als für die Behandlung der chronischen Borreliose. Man kann diese Erkrankung immer noch nicht 100% sicher diagnostizieren und man weiß nicht, wie man das chronische Stadium am Besten behandeln sollte. Und die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die gerade vorliegen ("round boundies" = Zysten seit 1995!!!, Biofilme seit 2007) werden von manchen Wissenschaftlern/Ärzten ignoriert/verschwiegen/bagatellisiert.
Dieser wissenschaftliche Streit (IDSA/ILADS), der seit Beginn an tobt, macht die Sache für die Patienten nicht leichter. Dieses Gefühl, eine Krankheit zu haben, die offiziell negiert wird, so dass ich unter Ärzten/Bekannten/Verwandten als "Hypochonderin" wahrgenommen werde, ist ein sehr unschönes Gefühl. Manchmal fühle ich mich sogar wie eine Außerirdische...ich habe irgendwie das Gefühl, nicht dazu zu gehören...es ist sehr schwer, anderen Menschen glauben zu lassen, dass man eine Krankheit hat, die die Medizin offiziell negiert oder nicht behandeln kann. Ich traue mich mittlerweile kaum, außerhalb der Borreliose Foren darüber zu sprechen. Ich habe zu viel Angst, als "Psycho" abgestempelt zu werden. Dabei bin ich 100% sicher, dass diese chronischen Schmerzen keine psychische Ursache haben, denn zu eindeutig ist der Zusammenhang mit diesem Zeckenstich vor 6 Jahren. Zu eindeutig meine Reaktionen auf Antibiotika (Herxheimer Reaktion, die ja nur bei spirochetalen Infektionen auftreten).
Aber wenn man bereits unter einer Depression gelitten hat, ein Kind mit oppositionellem Trotzverhalten (ADHS), Eheproblemen und keine AKs gegen Bo. hat, dann ist die psychosomatische Diagnose für die meisten Ärzten ja sicher. Also bleibt einem nichts Anderes übrig, als den eigenen Verdacht auf einer chronischen Infektion für sich zu behalten und seine Schmerzen zu verschweigen.
Gute Besserung und liebe Grüsse
Sunflower
Lyme-Borreliose seit 2008