Hallo zusammen,
ich bin neu hier, und weiß, dass ihr keine Diagnostik ersetzen könnt; aber vielleicht könnt ihr etwas zur Symptomatik sagen, und vielleicht auch einschätzen, ob aufgrund dieser Symptome eine Borreliose oder eine MS wahrscheinlicher ist.
Ich bin männlich, 29, und hatte in der Vergangenheit immer mal wieder Zeckenbisse, allerdings noch nie einen mit Wanderröte. Kurzdurchlauf meiner Symptomatik:
- Oktober 2014: Allgemeines, diffuses Unwohlsein, dass ich als Stresssymtome aufgrund eines neu angefangenen Vollzeitjobs abgetan habe
- Dezember 2014: Ein an Heiligabend einsetzender Benommenheitsschwindel inkl. kurzzeitiger Übelkeit dauert mehrere Wochen an, ist mal schlimm, mal weniger schlimm und bessert sich erst nach krankengymnastischer Behandlung der Halswirbelsäule im Januar/Februar. Ein MRT der HWS ist ohne Befund, mein Physio spricht aber von starken Verspannungen.
- Zeitgleich: Extreme Hautprobleme an den Händen, die auch nicht auf Cortison-Salbe ansprechen. Die Ekzeme klingen erst nach Wochen ab, zurück bleibt an zwei Fingern eine Haut, die im Vergleich zur Haut an den anderen Fingern um Jahre gealtert aussieht. Das Problem besteht bis heute.
- Januar 2015: Arztbesuch wegen des Schwindels. Dabei wird ein hoher Blutdruck festgestellt, der sich in einer 24h-Messung wenige Tage später bestätigt. Dabei ist es insbesondere der diastolische Wert, der zwischen 90 und 100 liegt. Ende Januar kardiologische Abklärung, EEG und Herzultraschall allerdings unauffällig.
- Ebenfalls Januar 2015: Zunehmendes Rauschen auf dem Ohr, mehrmals am Tag (v.a. in Stresssituationen) kurzzeitiger Tinnitus, der aber nach wenigen Minuten wieder nachlässt. Besuch beim HNO, der aber weder für den Benommenheitsschwindel noch den Tinnitus einen Grund feststellen kann.
- Februar 2015: Ab Mitte Januar Einnahme von Bipreterax als Blutdrucksenker (Kombipräparat aus ACE-Hemmern und Diaretikum), ab Anfang Februar aber massive Beschwerden in Form von Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Lichtempfindlichkeit, die der Hausarzt auf den Blutdrucksenker zurückführt. Blutdruck damit gut unter Kontrolle. Ab etwa der 2. Februarwoche aber vermehrt Probleme beim Stuhlgang (in Form von Verstopfung).
- März 2015: Der Benommenheitsschwindel kehrt kurzfristig zurück, diesmal zusätzlich mit Gleichgewichtsstörungen, die nach kurzer Zeit aber wieder vorüber gehen. An mehreren Tagen in dieser Zeit Hitzewallungen, ein hochrot angelaufener Kopf (Blutdruck aber in Ordnung) und das Gefühl, der Kopf explodiere vor Hitze. Aber: Kein Fieber und objektiv auch keine Erhöhung der Körpertemperatur feststellbar. Zunehmende Nackenprobleme und -steifigkeit, die mein Physiotherapeut aber mit der krankengymnastischen Behandlung der HWS erklärt.
- März 2015: Arztbesuch wegen der Abgeschlagenheit und Verstopfung; Hausarzt verordnet Candesartan als Blutdrucksenker. Dieser senkt v.a. den diastolischen Wert nicht so gut wie das Bipreterax, aber Abgeschlagenheit/Müdigkeit und Verstopfung sind von heute auf morgen verschwunden.
- Anfang April 2015: Mache meine Freundin und Familie mit meinen Wehwehchen so bescheuert, dass sie mir anraten, mich mal hinsichtlich psychosomatischen Beschwerden untersuchen zu lassen. Glaube mittlerweile selbst auch daran, da ich das Gefühl habe, den ganzen Tag hochnervös zu sein. Meine Finger zittern leicht, nachts wache ich auf, weil ich das Gefühl habe, dass mein Körper innerlich vibriert. Nach solchen Nächten morgens wie gerädert und das Gefühl, die Bauchmuskulatur sei schwach. Zusätzlich: Permanente Faszikultionen am ganzen Körper (bis heute).
- April 2015: Während eines Städtetrips, verbunden mit viel Lauferei, plötzlich eine Art Bandagengefühl in beiden Füßen, welches sich so anfühlt, als würde ein zu eng geschnürter Schuh auf den Fuß drücken. Nach der Rückkehr Besuch beim Hausarzt. Dachte eigentlich an ein orthopädisches Problem, da ich eine sehr starke Skoliose habe. Hausarzt aber überweist mich zum Schädel-MRT und Neurologen.
- Ende April: Der Schock sitzt tief. Das MRT zeigt mehrere, nicht kontrastmittelanreichernde Läsionen im Hirn, deren Verteilung der Radiologe aber als "nicht unbedingt MS-typisch" beschreibt. Ich solle das aber weiter neurologisch abklären lassen. Rückenmarks-MRT (HWS und BWS) unauffällig.
- Anfang Mai: Besuch beim Neurologen: Anamnese, neurologische Reflexuntersuchung (unauffällig), EEG (unauffällig), aber der Neurologe spricht sofort von MS, will zur Diagnosesicherung am liebsten ambulant Nervenwasser ziehen. Die Einschätzung des Radiologen teile er nicht, die Läsionen sähen schon sehr MS-verdächtig aus, ich solle am besten sofort mit einer Basistherapie beginnen. So gehe ich mit der mir mal eben so an den Latz geknallten Verdachtsdiagnose MS heim (die der Neurologe eigentlich schon als gesichert ansieht) und verkrieche mich ein ganzes Wochenende unter der Decke.
- Die letzten beiden Wochen: Auf Anraten einer Ärztin einer MS-Selbsthilfegruppe Termin an einer Uniklinik gemacht, um eine vernünftige MS-Diagnostik in die Wege zu leiten. Beim Neurologen hier vor Ort wurde differenzialdiagnostisch überhaupt nichts gemacht. Diese Ärztin (sowie eine Userin in einem allg. Medizinforum) bringen mich dann auch das erste Mal auf die Idee einer Neuroborreliose, auch wenn ich mich nicht mehr genau an meinen letzten Zeckenstich erinnern kann. Aber ich hatte als Jugendlicher öfters damit zu tun.
Was mich insgesamt an der MS-Diagnose gestört hat, war die Interpretation meiner klinischen Symptomatik durch den Neurologen: Den Benommenheitsschwindel (der aber wie erwähnt gut auf krankengymnastische Behandlung anspricht) und die Nackensteifigkeit wertete er als Erstsymptom der MS, die Phase im Februar mit Abgeschlagenheit und Verstopfung als ersten Schub. Spannungsgefühle in den Füßen im April: Zweiter Schub. (Aber hätte dann nicht das MRT auch eine Läsion zeigen müssen, die Kontrastmittel aufnimmt, wenn es gerade akut war?). Meinen Einwand, dass die Phase der Müdigkeit aber mit Einnahme von Bipreterax begonnen und mit Absetzen aufgehört hat, lässt er nicht gelten.
Die Ärztin der Selbsthilfegruppe sagte, dass man einen Schub merke und dieser sich in deutlicherer Symptomatik manifestiere als Müdigkeit. Müdigkeit (Fatigue) sei eher ein permanentes Begleitsymptom bei MS und kein Zeichen eines Schubs. Auch Schwindel sei zwar im späteren Verlauf der MS oft begleitend, aber i.d.R. nicht Erstsymptom. Gleiches gelte für Verstopfung: Die Beteiligung des Darms sei vergleichsweise selten und eigentlich erst später, in der sekundär-progredienten Phase der MS üblich. Andere Probleme wie der hohe Blutdruck, die Hautprobleme, die Hitzewallungen und die Faszikulationen ließen sich aber eigentlich nicht wirklich durch eine MS erklären. Im Gesamtbild der klinischen Symptomatik und des MRT-Befunds seien das aber durchaus Symptome (insb. der erhöhte diastolische Blutdruck, für den sich keine Ursache finden ließ und der vor ziemlich genau einem Jahr noch ganz normal war), die durch eine Neuroborreliose erklärbar wären.
Wie gesagt: Die "vernünftige" Diagnostik inkl. Lumbalpunktion, Blutbild etc. steht noch aus und ist erst Mitte Juni. Mich würden trotzdem eure Meinungen als Betroffene interessieren: Könnte das tatsächlich ein klinisches Bild sein, welches auf eine Neuroborreliose hinweist? Wie oder woran wurde die Neuroborreliose bei euch erkannt? Und wurdet ihr auch zunächst auf die MS-Schiene geschoben?
Viele Grüße!
ich bin neu hier, und weiß, dass ihr keine Diagnostik ersetzen könnt; aber vielleicht könnt ihr etwas zur Symptomatik sagen, und vielleicht auch einschätzen, ob aufgrund dieser Symptome eine Borreliose oder eine MS wahrscheinlicher ist.
Ich bin männlich, 29, und hatte in der Vergangenheit immer mal wieder Zeckenbisse, allerdings noch nie einen mit Wanderröte. Kurzdurchlauf meiner Symptomatik:
- Oktober 2014: Allgemeines, diffuses Unwohlsein, dass ich als Stresssymtome aufgrund eines neu angefangenen Vollzeitjobs abgetan habe
- Dezember 2014: Ein an Heiligabend einsetzender Benommenheitsschwindel inkl. kurzzeitiger Übelkeit dauert mehrere Wochen an, ist mal schlimm, mal weniger schlimm und bessert sich erst nach krankengymnastischer Behandlung der Halswirbelsäule im Januar/Februar. Ein MRT der HWS ist ohne Befund, mein Physio spricht aber von starken Verspannungen.
- Zeitgleich: Extreme Hautprobleme an den Händen, die auch nicht auf Cortison-Salbe ansprechen. Die Ekzeme klingen erst nach Wochen ab, zurück bleibt an zwei Fingern eine Haut, die im Vergleich zur Haut an den anderen Fingern um Jahre gealtert aussieht. Das Problem besteht bis heute.
- Januar 2015: Arztbesuch wegen des Schwindels. Dabei wird ein hoher Blutdruck festgestellt, der sich in einer 24h-Messung wenige Tage später bestätigt. Dabei ist es insbesondere der diastolische Wert, der zwischen 90 und 100 liegt. Ende Januar kardiologische Abklärung, EEG und Herzultraschall allerdings unauffällig.
- Ebenfalls Januar 2015: Zunehmendes Rauschen auf dem Ohr, mehrmals am Tag (v.a. in Stresssituationen) kurzzeitiger Tinnitus, der aber nach wenigen Minuten wieder nachlässt. Besuch beim HNO, der aber weder für den Benommenheitsschwindel noch den Tinnitus einen Grund feststellen kann.
- Februar 2015: Ab Mitte Januar Einnahme von Bipreterax als Blutdrucksenker (Kombipräparat aus ACE-Hemmern und Diaretikum), ab Anfang Februar aber massive Beschwerden in Form von Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Lichtempfindlichkeit, die der Hausarzt auf den Blutdrucksenker zurückführt. Blutdruck damit gut unter Kontrolle. Ab etwa der 2. Februarwoche aber vermehrt Probleme beim Stuhlgang (in Form von Verstopfung).
- März 2015: Der Benommenheitsschwindel kehrt kurzfristig zurück, diesmal zusätzlich mit Gleichgewichtsstörungen, die nach kurzer Zeit aber wieder vorüber gehen. An mehreren Tagen in dieser Zeit Hitzewallungen, ein hochrot angelaufener Kopf (Blutdruck aber in Ordnung) und das Gefühl, der Kopf explodiere vor Hitze. Aber: Kein Fieber und objektiv auch keine Erhöhung der Körpertemperatur feststellbar. Zunehmende Nackenprobleme und -steifigkeit, die mein Physiotherapeut aber mit der krankengymnastischen Behandlung der HWS erklärt.
- März 2015: Arztbesuch wegen der Abgeschlagenheit und Verstopfung; Hausarzt verordnet Candesartan als Blutdrucksenker. Dieser senkt v.a. den diastolischen Wert nicht so gut wie das Bipreterax, aber Abgeschlagenheit/Müdigkeit und Verstopfung sind von heute auf morgen verschwunden.
- Anfang April 2015: Mache meine Freundin und Familie mit meinen Wehwehchen so bescheuert, dass sie mir anraten, mich mal hinsichtlich psychosomatischen Beschwerden untersuchen zu lassen. Glaube mittlerweile selbst auch daran, da ich das Gefühl habe, den ganzen Tag hochnervös zu sein. Meine Finger zittern leicht, nachts wache ich auf, weil ich das Gefühl habe, dass mein Körper innerlich vibriert. Nach solchen Nächten morgens wie gerädert und das Gefühl, die Bauchmuskulatur sei schwach. Zusätzlich: Permanente Faszikultionen am ganzen Körper (bis heute).
- April 2015: Während eines Städtetrips, verbunden mit viel Lauferei, plötzlich eine Art Bandagengefühl in beiden Füßen, welches sich so anfühlt, als würde ein zu eng geschnürter Schuh auf den Fuß drücken. Nach der Rückkehr Besuch beim Hausarzt. Dachte eigentlich an ein orthopädisches Problem, da ich eine sehr starke Skoliose habe. Hausarzt aber überweist mich zum Schädel-MRT und Neurologen.
- Ende April: Der Schock sitzt tief. Das MRT zeigt mehrere, nicht kontrastmittelanreichernde Läsionen im Hirn, deren Verteilung der Radiologe aber als "nicht unbedingt MS-typisch" beschreibt. Ich solle das aber weiter neurologisch abklären lassen. Rückenmarks-MRT (HWS und BWS) unauffällig.
- Anfang Mai: Besuch beim Neurologen: Anamnese, neurologische Reflexuntersuchung (unauffällig), EEG (unauffällig), aber der Neurologe spricht sofort von MS, will zur Diagnosesicherung am liebsten ambulant Nervenwasser ziehen. Die Einschätzung des Radiologen teile er nicht, die Läsionen sähen schon sehr MS-verdächtig aus, ich solle am besten sofort mit einer Basistherapie beginnen. So gehe ich mit der mir mal eben so an den Latz geknallten Verdachtsdiagnose MS heim (die der Neurologe eigentlich schon als gesichert ansieht) und verkrieche mich ein ganzes Wochenende unter der Decke.
- Die letzten beiden Wochen: Auf Anraten einer Ärztin einer MS-Selbsthilfegruppe Termin an einer Uniklinik gemacht, um eine vernünftige MS-Diagnostik in die Wege zu leiten. Beim Neurologen hier vor Ort wurde differenzialdiagnostisch überhaupt nichts gemacht. Diese Ärztin (sowie eine Userin in einem allg. Medizinforum) bringen mich dann auch das erste Mal auf die Idee einer Neuroborreliose, auch wenn ich mich nicht mehr genau an meinen letzten Zeckenstich erinnern kann. Aber ich hatte als Jugendlicher öfters damit zu tun.
Was mich insgesamt an der MS-Diagnose gestört hat, war die Interpretation meiner klinischen Symptomatik durch den Neurologen: Den Benommenheitsschwindel (der aber wie erwähnt gut auf krankengymnastische Behandlung anspricht) und die Nackensteifigkeit wertete er als Erstsymptom der MS, die Phase im Februar mit Abgeschlagenheit und Verstopfung als ersten Schub. Spannungsgefühle in den Füßen im April: Zweiter Schub. (Aber hätte dann nicht das MRT auch eine Läsion zeigen müssen, die Kontrastmittel aufnimmt, wenn es gerade akut war?). Meinen Einwand, dass die Phase der Müdigkeit aber mit Einnahme von Bipreterax begonnen und mit Absetzen aufgehört hat, lässt er nicht gelten.
Die Ärztin der Selbsthilfegruppe sagte, dass man einen Schub merke und dieser sich in deutlicherer Symptomatik manifestiere als Müdigkeit. Müdigkeit (Fatigue) sei eher ein permanentes Begleitsymptom bei MS und kein Zeichen eines Schubs. Auch Schwindel sei zwar im späteren Verlauf der MS oft begleitend, aber i.d.R. nicht Erstsymptom. Gleiches gelte für Verstopfung: Die Beteiligung des Darms sei vergleichsweise selten und eigentlich erst später, in der sekundär-progredienten Phase der MS üblich. Andere Probleme wie der hohe Blutdruck, die Hautprobleme, die Hitzewallungen und die Faszikulationen ließen sich aber eigentlich nicht wirklich durch eine MS erklären. Im Gesamtbild der klinischen Symptomatik und des MRT-Befunds seien das aber durchaus Symptome (insb. der erhöhte diastolische Blutdruck, für den sich keine Ursache finden ließ und der vor ziemlich genau einem Jahr noch ganz normal war), die durch eine Neuroborreliose erklärbar wären.
Wie gesagt: Die "vernünftige" Diagnostik inkl. Lumbalpunktion, Blutbild etc. steht noch aus und ist erst Mitte Juni. Mich würden trotzdem eure Meinungen als Betroffene interessieren: Könnte das tatsächlich ein klinisches Bild sein, welches auf eine Neuroborreliose hinweist? Wie oder woran wurde die Neuroborreliose bei euch erkannt? Und wurdet ihr auch zunächst auf die MS-Schiene geschoben?
Viele Grüße!