19.03.2020, 08:42
(18.03.2020, 22:15)borrärger schrieb: Ich wüsste schon gerne was wirklich los ist, ich lebe doch nicht in einer Diktatur.
Nein, lebst Du nicht.
Ich bin in einer großgeworden. - Könnte man nun wild drüber spekulieren, was in der DDR jetzt gemacht werden würde, wär aber schade um die Zeit und eh sinnlos. Außerdem gibt's ja ein wunderbares (wenn auch nicht wirklich vergleichbares) Beispiel: Tschernobyl 1986. Unsere Regierung hat das totschweigen wollen. Nur durch das "Westfernsehen" haben wir von der Reaktorkatastrophe gehört; dann mußte es auch die Regierung zugeben, hat aber so wenig wie möglich Infos dazu rausgegeben. Keine Ahnung, ob davon überhaupt alle im Land was mitbekommen haben (Westfernsehen war ja bei weitem nicht flächendeckend und viele ham die Ostnachrichten eh nicht geguckt, weil die mehr als weltfremd waren). Während in Westberlin der Sand von Spielplätzen komplett ausgetauscht wurde und die Leute auf dem kürzesten Weg nach Hause sind, haben wir uns gefreut, daß es in den Obst- und Gemüseläden plötzlich sone große Auswahl und Menge an Früchten gab. Kein Wunder, Westberlin wollte das logischerweise nicht mehr haben, also isses bei uns gelandet (war ja auch größtenteils unsere Produktion). Meine Eltern hatten damals einen Garten. Wir waren Selbstversorger, da es in den Läden ja kaum was gab. Also haben wir auch 1986 alles Geerntete gegessen. Warum auch nicht - es wußte ja keiner vom "Fußvolk", wie gefährlich Radioaktivität wirklich war und wie weit die sich ausdehnen kann usw. Inna Theorie hatten wir das (gab ja ein exzellentes Bildungssystem), aber die Reflexion auf's eigene Leben ist dann noch mal was anderes, was auch von den Umständen im Land abhängt.
So ist's auch jetzt mit der Reflexion. Von vielen werden Katastrophen scheinbar nur wahrgenommen, wenn man die Ursache allen Übels "sehen" kann. Beispielsweise entwurzelte Bäume, Schlamm-/Schneelawinen, brennende Wälder, Brandgeruch, Hochwasser, Glatteis, tote Fische in Gewässern, vertrocknete Felder usw. Andere Dinge wie o. g. Radioaktivität, Feinstaub oder wie jetzt unsichtbare Viren werden "ausgeblendet". Vielleicht aufgrund fehlender Information (deshalb läuft ja auf den Kanälen zur Zeit kein anderes Thema, um es auch dem Letzten ins Bewußtsein zu bringen) oder Ignoranz oder Dummheit oder Selbstüberschätzung oder auch absichtliche Ausblendung aus Selbstschutz, weil sie nicht damit umgehen können.
Und weil's so viele davon gibt (wie Du ja schon erwähnt hast mit den Spielplätzen und Parks; aber es gibt hier Kneipen, die einfach ihre Fenster zukleben und drinnen fröhlich weitermachen, wie die Berliner Polizei gestern schrieb), müssen eben radikale Maßnahmen ergriffen werden.
Zurück zur Diktatur. Auch heute gibt's Diktaturen verschiedener Art. Manche handhaben die momentane Pandemie auf die eine Tour, manche auf die andere. Kann sehr unterschiedlich sein - siehe zig Berichte aus den jeweiligen Ländern.
Vorteil dort ist, das Volk ist obrigkeitshörig (ob freiwillig oder durch Zwang sei mal dahingestellt). Genau das kann aber auch ein großer Nachteil sein. Kommt immer auf die Entscheidungen der Regierung an.
Hier haben wir definitiv keine Diktatur. Auch wenn diverse Populisten grad sowas verbreiten. Wir ham hier ein Infektionsschutzgesetz, das in einem Fall der Pandemie greift. Und laut diesem ist auch eine Ausgangssperre (incl. der Folgen bei Nichtbeachtung) möglich. Nicht um unsere Freiheit einzuschränken, sondern die Verbreitung z. B. eines Virus zu verhindern oder einzudämmen oder zu verzögern, also zum Schutz (aktuell Schutz der Risikogruppen und des Gesundheitssystems).
Shit happens. Mal bist Du die Taube, mal das Denkmal...
Gehört zu den OnLyme-Aktivisten: www.onlyme-aktion.org