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Therapieimpfehlungen- Warum liegen die unterschiedlichen Empf. so weit auseinander?
#1

Liebes Forum,
da ich mich situationsbedingt seit Tagen mit nichts anderes als "Borreliose" beschäftige (gerne auch mal bei meinen Post vorbeischauen) kam bei mir die Frage auf, warum die einzelnen Therapiemepfehlungen soweit auseinanderliegen.

Ich habe mir sämtliche Leitlinien, Ärzteblätter, Bericht, Vorträge durchgelesen und es jeder empfiehlt was anderes. 

Hier im Forum wird bei einer akuten Infektion immer davon gesprochen 30 Tage Antibiotika zu nehmen. Die DGB sagt 4 Wochen (ich denke das wären dann 28 Tage).

Leitlinien für Ärzte sagen 14-21 Tage. In den verschiedenen Länder wird dann auch immer noch was anderes empfohlen. Aber im Schnitt würde auch sagen 14 Tage.

Wie kann das sein? Vielleicht reichen wirklich 2 Wochen aus?! Und wenn nicht, und das auch wissenschaftlich begründet werden kann, warum wird dann nicht überall nach einem gewissen Standard therapiert?

Ich finde die Diskussion sehr spannend und würde mich über einen regen Austausch freuen!
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Thanks given by:
#2

Herzlich willkommen im Minenfeld.

Es gibt Studien die darauf hindeuten, dass Borreliose-Erreger nach 4 Wochen noch immer im Körper nachweisbar sind nach einer AB Behandlung. Die Empfehlungen der DBG kommt aus dieser Ecke.

Häufig berichten auch Betroffene von subjektiver Besserung wenn sie länger Antibiotisch behandeln.

Ich nehme an, dass sich die Empfehlungen der Neurologie von unkomplizierten Fällen und Frühinfektionen ableiten...

Ergo, nach meiner Auffassung haben beide Recht. Bei Chronikern tendiere ich zur DBG, bei akuten tendiere ich zur Neurologie....

Super eindeutig ist aber garnichts und das ist nur meine bescheidene Meinung!

Bei mir: Sobald ich das Mino absetze gehen bei mir alle Symptome wieder los, daher bin ich aktuell auch in Langzeitbehandlung.

War aber auch Neurologisch im Krankenhaus stationär und bin aktuell vollständig Arbeitsunfähig. Möglich dass ich auch ein "Extremfall" bin..
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Thanks given by: Claas , Sabine , borrärger
#3

Die Wurzel des Problems liegt darin, das es keine Möglichkeit gibt, den Therapieerfolg zu kontrollieren. Die Antikörpertests können nicht zwischen aktiver und früher durchgemachter Borreliose unterscheiden. Direktnachweise (PCR und Kultur) sind wenig sensitiv und können eine weeiterhin floride Infektion nicht ausschliessen. LTT, Elispot und Co. sind weder validiert noch von geltender Lehrmeinung anerkannt.

Also muss der Patient klinisch kontrolliert werden. Ausser der Wanderröte ist aber kein einziges Symptom klinisch beweisend und auch wenn die Wanderröte noch sichtbar ist nach Therapie, kann keiner sagen, ob es sich um weiterhin aktive Borrelien oder einen Residiualzustand handelt. Und unspezifische Symptome wie Schmerzen, Leistungsknick etc. sind keine Borreliose-Symptome nach geltender Lehrmeinung. Das ist dann höchstens noch ein PTLDS.

Klinisch haben wir null Kontrollmöglichkeiten. Die zugelassenen AB wurden in vitro auf ihre Wirksamkeit getestet. Aber zwischen der Petrischale und dem menschlichen Körper gibt es halt doch noch einige Unterschiede.

In der Praxis passiert dann folgendes: Hat ein vormals ultragesunder Patient nach stadiengerechter Therapie einer Borreliose weiterbestehende unspezifische Symptome, (er)findet der eine Arzt eine andere Diagnose und der andere Arzt macht sich Gedanken, vor allem wenn sich solche Fälle in seiner Praxis häufen oder er selbst oder nahestehende Personen betroffen sind.

Aus dieser Situation ist Lager A und B entstanden. Lager A behauptet, die Borreliose sei selten zu bekommen, gut therapierbar und chronische Verläufe selten. Lager B behauptet, Borreliose sei leicht zu kriegen, schwierig zu therapieren und chronische Verläufe häufig. Jeder, der will, findet die ihm genehme Literatur, die seine Meinung untermauert.
https://www.borreliose-nachrichten.de/wp...-20071.pdf

Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.

Nichts auf der Welt ist gefährlicher als aufrichtige Ignoranz und gewissenhafte Dummheit. (Martin Luther King)

Absenz von Evidenz bedeutet nicht Evidenz für Absenz
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Thanks given by: urmel57 , Filenada , micci , Claas , Blazer , FreeNine , Sabine , borrärger , r2017 , Nala
#4

Das stimmt, es scheint wirklich einen Mienenfeld zu sein. Wen aber doch Studien gibt, die beweisen, dass die Erreger meistens über Wochen bestehen, warum wird diese dann in "Standardleitlinien" außer acht gelassen?

Sehr interessanter Beitrag Regi! Der Beitrag ist von 2007 und die Kontroverse scheint ja immer noch zu bestehen. 

Die DBG Leitlinie ist mittlerweile ja auch schon ein paar Jahre alt, gibt es da denn was Neueres?

Wie lange war eure Therapie in der Akutphase und war das ausreichend?
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Thanks given by:
#5

Die Studien liefern eben keine eindeutigen Beweise sondern nur Hinweise, weil der Erreger in vivo so schwer zu fassen ist, sprich keine Therapiekontrolle möglich ist.

Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.

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Thanks given by: Blazer , Filenada
#6

(11.06.2023, 09:05)linux schrieb:  Sehr interessanter Beitrag Regi! ....

Die DBG Leitlinie ist mittlerweile ja auch schon ein paar Jahre alt, gibt es da denn was Neueres?

Wie lange war eure Therapie in der Akutphase und war das ausreichend?


Hallo Linux,

Regi hat die Situation und Kontroverse sehr gut beschrieben. Danke.

Zur DBG-Leitlinie gibt es nichts Neues bzw. ist mir nichts bekannt.
Es gibt in der Behandlung der Lyme-Borreliose eben nach wie vor keinen Goldstandard.
Das einzige was die DBG mittlerweile hervorhebt, dass bei der Diagnostik und Behandlung auch Co-Infekte mit in Betracht gezogen werden müssen.
Das kam auch in den Vorträgen in Fulda ausgiebig zur Sprache. Desweiteren wurde erwähnt, dass ein relativ junger Mensch sich besser erholen kann nach einer entsprechenden Behandlung als ein älterer Mensch (da dauert die Regeneration des Nervensystem nach Behandlung viel viel länger)
Ansonsten behandeln wohl die meisten Ärzte der DBG nur noch auf privater Basis und jeder nach seinem Prinzip bzw. seinen gemachten Erfahrungswerten in der Behandlung. Ich habe das Gefühl, dass da immer weniger an alle Patienten gedacht wird, denn die Arbeit muss sich ja lohnen um zu leben... Huh


Zu meiner eigenen Therapie in der Akutphase:
Die Akutphase sah so aus, dass meine Knie sehr stark schmerzten, aber ohne deutliche Anschwellung. Ich nach einem halben Jahr noch nicht weiter war, außer mit 3 starken Schmerzmitteln über den Tag verteilt noch meiner Arbeit (Büro) nachgegangen bin, aber vor Schmerzen kaum eine Stufe bewältigen konnte.
Der dritte Arzt stellte dann eine viel zu spät (siehe mein Profil) erkannte Borreliose fest. Ich bekam dann für 28 Tage Doxy in der Normaldosierung (nicht gewichtsabhängig). Damit war ich kurz darauf schmerz- und beschwerdefrei. (Außer einer gewissen leichten bleibenden Müdigkeit, die ich aber der fehlenden Schilddrüse zuschob.)
Das ganze hielt genau ca. 8 Wochen an. Danach begannen die Beschwerden in leichter Form wieder. Es fand Ausschlussdiagnostik in der Rheumatologie (stationär) statt, aber es wurden auch keine weitere Ursachen für die Beschwerden gefunden.

Mein IGM ist z.B. seit Jahren erhöht, wenn er kontrolliert wurde. Die Aussagen dazu sind die unterschiedlichsten...
Ich habe in den Folgejahren ab und zu durch einen Kassenarzt eine schubweise Antibiotikabehandlung erhalten, die mir nur noch kleine Verbesserungen gebracht hat, aber nie meinen alten Zustand zurück.

“Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.” Mahatma Ghandi

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Thanks given by: Regi , Filenada , urmel57 , borrärger , Nala
#7

Ich habe gelesen, dass dieses Jahr die Leitlinie von 2011 der DBG überarbeitet werden soll. Ich bin gespannt, ob es etwaige Änderungen gibt.
Es ist wirklich Wahnsinn, dass kein gemeinsamer Konsens gefunden wird, was aber wahrscheinlich an der fehlenden Forschung liegt.

FreeNi das tut mir leid!
Ich hoffe dennoch, dass du irgendwas deinen alten Zustand zurückererhälst.

Dennoch frage mich, wenn viele ätzte mit den obligatorischen 14-21 Tagen behandeln, ob alle danach eine in eine chronische Form gelangen. Das müsste doch eigentlich auffallen. Oder gibt es vielleicht auch viele, vielleicht nicht unbedingt die Personen die hier sind, denen diese Therapie gereicht hat. Sonst würden doch die Ärzte nicht so drauf beharren, oder?
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Thanks given by: FreeNine , urmel57
#8

Zitat:Dennoch frage mich, wenn viele ätzte mit den obligatorischen 14-21 Tagen behandeln, ob alle danach eine in eine chronische Form gelangen. Das müsste doch eigentlich auffallen.
Prozentual gesehen sind es vielleicht nicht viele oder die symptomfreie Zeit (Latenzzeit) dauert zu lange, dass ein Zusammenhang von Arzt oder Patient gesehen wird. Oder es bleiben eben unspezifische Symptome zurück, die der Borreliose nicht eindeutig zugeordnet werden können. Und die Tests können bekanntlich nichts.


Wenn es prozentual in nur 10 % der Fälle zum Therapieversagen kommt, dann sind das in absoluten Zahlen viele, weil die Borreliose weit verbreitet ist. Aber in der Praxis fallen 10 % nicht wirklich auf (vor allem wenn der chronische Verlauf mild beginnt und schleichend fortschreitet) und wir wissen nicht mal zuverlässig wie viele jährliche Neuinfektionen stattfinden, weil die Epidemiologie auf willkürlichen Kriterien abgestützt ist die hauptsächlich die Wanderröte erfasst und späte Stadien ohne vorherige Wanderröte praktisch aussen vor lässt, von den Fällen mit unspezifischen Symptomen ganz zu schweigen. Der Range für Deutschland liegt glaub bei 60- bis 400-tausend Neuinfektionen jährlich. 10 % wären dann 6'000 bis 40'000 chronische Verläufe pro Jahr. 40'000 mutmasslich chronische Verläufe sind für die Selbsthilfe nicht zu bewältigen, für federführende Leitlinienautoren offensichtlich eine zu vernachlässigende Grösse. Und die Patienten? Die müssen selbst schauen, wie sie zurecht kommen.

Nur meine Gedanken dazu
LG, Regi

Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.

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Thanks given by: Claas , Filenada , FreeNine , Nala
#9

Zitat:Ich habe gelesen, dass dieses Jahr die Leitlinie von 2011 der DBG überarbeitet werden soll. Ich bin gespannt, ob es etwaige Änderungen gibt.

Es ist wirklich Wahnsinn, dass kein gemeinsamer Konsens gefunden wird, was aber wahrscheinlich an der fehlenden Forschung liegt.
Da bin ich auch gespannt, denn soweit mir bekannt ist, wird auch seitens der Lyme-Docs in Deutschland nichts unternommen, dass die längst fällige Forschung, vor allem für Patienten mit chronischen Verläufen, angestossen wird. Nach wie vor fehlen vor allem aussagekräftige Diagnostika. Der Patient muss ja erst eindeutig diagnostiziert sein, bevor man entsprechende klinische Studien machen kann.

Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.

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Absenz von Evidenz bedeutet nicht Evidenz für Absenz
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Thanks given by: Filenada , FreeNine
#10

(13.06.2023, 23:20)Regi schrieb:  
Zitat:Nach wie vor fehlen vor allem aussagekräftige Diagnostika. Der Patient muss ja erst eindeutig diagnostiziert sein, bevor man entsprechende klinische Studien machen kann.

Das Problem sehe ich auch bei der Impfstoffentwicklung zur Vermeidung von Borreliose. Wie will man nachweisen, dass der Impfstoff wirklich sicher wirkt, wenn man die Infektion noch nicht mal sicher erkennen kann?  Huh

“Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.” Mahatma Ghandi

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Thanks given by: Filenada , Regi


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