Hallo in die Runde!
Ich werde natürlich keine Namen nennen und es geht mir auch nicht darum, jemanden öffentlich zu verurteilen - ich möchte nur fragen, wie Ihr damit umgeht, wenn Ihr schlechte Erfahrungen mit Eurem Arzt macht. Und ich muß mir das mal von der Seele reden - ich bin immernoch geschockt.
Der Anlaß: Gestern war ich mit unserer Tochter bei unserem neuen Kinderarzt in spe - einfach weil wir der Meinung waren, daß ein Kinderarzt in der Betreuung eines Kindes auch Sinn macht und wir immernoch davon ausgehen, daß es eine Zeit nach der Yersiniose (oder doch Borreliose) geben wird. Wir wollten ihn schlicht auf Stand bringen, seine Meinung hören, im Team mit unserem Borreliose/Yersiniosespezi zusammenarbeiten. Ich versuche, es kurz zu machen, obwohl mir so viele Gesprächsfetzen noch durch den Kopf huschen, die mich immer wieder auf´s Neue aufregen.
Er hat mich von Anfang an sehr von oben herab behandelt, ist mir über den Mund gefahren, hat meine ohnehin durch Arztbesuche leidgeprüfte Tochter auf eine Art und Weise befragt, die sie immer mehr verschüchtert hat. Er hat dann als ich doch reden durfte immer wieder versucht, mir Lücken in meiner Darstellung des Falles aufzuzeigen und versucht, meine Beobachtungen auseinander zu nehmen oder gleich als falsch darzustellen - ich war anfangs eher schüchtern und zurückhaltend, auch etwas perplex ob dieser Behandlungsweise, habe aber nach bestem Wissen und Gewissen versucht, einen mehr als 2 Jahre andauernden Fall in wenigen Minuten zu schildern.
Das wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn meiner Ansicht nach hatte dieser Mediziner seine Meinung über unseren Fall und v.a. über mich lange gefaßt, bevor er mich kannte. Er hatte unsere Unterlagen vor dem Termin zur Ansicht und ich weiß jetzt (erst), daß er den Kinderarzt persönlich kennt, dessen Praxis wir verlassen hatten, weil wir für unsere Tochter dort keine Hilfe mehr bekamen - wir hatten schon dort die Vermutung, daß sie auf die Psychoschiene gerutscht war. Ich war aber schon sehr vorsichtig und habe diesen Arzt nicht einmal vor dem neuen Arzt kritisiert, sondern nur gesagt, daß ich denke, ein neuer Blickwinkel kann ja u.U. auch mal sehr nützlich sein. Er wollte mir seine Interpretation aber nicht sagen, sondern meinte, er wolle uns erst weiter anhören. Klingt gut, war es aber nicht.
Beispiel: "Hat denn die Klassenlehrerin eine Meinung zu ihrem Kind. Was vermutet sie denn als Ursache für Alias Fehlen?" Unsere Lehrerin vertraut uns glücklicherweise, aber was soll die Frage? Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß wir in engem Kontakt mit der Schule stehen, Alia aber keine Probleme mit Lehrern oder Klassenkameraden hat, daß sie eigentlich unbedingt die Klasse schaffen möchte, um bei ihren Freunden zu bleiben und erst vor kurzem einen Tag Schule aus tiefer Eigenmotivation heraus versucht hat und dann leider mit einem erneuten Krankheitsschub dafür bezahlen mußte.
Die Erschöpfung als momentan ganz klar hervorstechendes Hauptsymptom hat er gar nicht ernst genommen, trotz angeführter aktueller Beispiele.
Die Schmerzen - wir waren mal in der Schmerzambulanz in Datteln, da man sich Alias Schmerzen nicht erklären konnte und auf psychosomatische Probleme tippte. Dort hat uns die Psychologin - genau wie die aus der Kinderneurologie in Kassel und auch die dort anwesende Erzieherin, die uns länger kennengelernt haben, da wir dort eine Woche verbrachten - als unauffällig bewertet. Man hat uns sogar bestätigt, unseren Weg mit Alia weiter zu gehen, psychologisch sei alles in Ordnung. Die Ärztin vor Ort war aber anderer Meinung und hat die Psychologin überstimmt, ihre Diagnose in den Bericht geschrieben, die Alia eben ein beginnendes psychosomatisches Problem unterstellte. Mein Mann und ich haben uns nach Besichtigung der Anstalt in Datteln dagegen entschieden, unser Kind dort drei Wochen abzugeben. Sie wäre mit großem Abstand die Jüngste dort gewesen und zu dem Zeitpunkt schienen die Probleme gerade am Abklingen - wir haben keine Notwendigkeit gesehen, aber die Diagnose stand eben auf Papier und damit im Raum.
"Wenn sie Schmerzen hat, deutet sie dann auf die Stelle, die ihr weh tut?" So gefragt, als wären es nur dann echte Schmerzen, ansonsten Simulation oder als würde ich ohne genau hinzuschauen mein Kind bei jeder Gelegenheit zu Hause lassen wollen - ich hätte bald gesagt: "Sie ist neun. Sie kann sprechen." - habe ich mir da aber noch verkniffen. Natürlich hat sie mir genau gezeigt - oder gesagt - wo es weh tut. Ich habe jedes Mal gefragt und es mir angesehen!
Er hat mich dann nach einiger Zeit in der ich das Gefühl hatte, mich pausenlos rechtfertigen zu müssen, nach meiner eigenen Meinung zu den Testergebnissen gefragt - eigentlich wollte ich ja seine hören, um sie in mein Gesamtbild einfließen zu lassen und mit meinen Informationen zu vergleichen, evtl. etwas zu lernen - aber ich habe sie ihm gesagt, ihr kennt sie, denn ich gehe mit den Ansichten hier sehr konform. Es begann, ärgerlicher zu werden, aber ich hatte auch keine Lust mehr, mir das Wort im Munde umdrehen zu lassen. Er hat auch dann immer wieder versucht, mich argumentativ lahmzulegen, mich zu unterbrechen, ohne mir richtig zuzuhören (da kamen dann Fragen wie: "Was meinen SIE denn überhaupt mit Multiorganerkrankung?" so als könnte ich diesen Fachterminus gar nicht verstehen - na, habe ich ihm erklärt, ist ja auch eigentlich nicht schwer, nicht einmal für Laien und er konnte meine Ansicht auch nicht widerlegen, hat mich aber mit hochgezogener Augenbraue, spitz lächelnd betrachtet, als wäre ich schon ein sehr eigenartiger Zeitgenosse). Ich habe dann, als er immer wieder meine Aussagen falsch verstanden, Teile ignoriert oder umgedreht hat auch darauf hingewiesen, daß ich mich fehlinterpretiert fühle, habe meine Argumente wiederholt und trotz seiner ganzen Unterbrechungen am Ende auch schlüssig rüberbringen können, denke ich. Es fühlte sich an wie ein Machtkampf, der aber nach außen hin noch nach Höflichkeitsregeln gespielt wurde.
Nachdem er meine Tochter dann für eine Blutdruckuntersuchung vor die Tür geschickt hatte (auch so ein Knaller - er erklärt meiner Tochter die Untersuchung, dann sage ich ganz freundlich:"Das kennt sie schon, das ist in Kassel auch gemacht worden. Es steht zwar nicht im Bericht, aber ich war dabei." "Ach, SIE lesen diese Berichte alle wohl SEHR genau, was?" - mit einem fies-spitzen Unterton. Ich habe nur gesagt:"Na klar. Hier geht es doch um mein Kind!"), habe ich dann seine Meinung zu hören bekommen:
Die Bindung zwischen meinem Kind und mir wäre viel zu eng - das hat er nach insgesamt maximal 15 Minuten mit einem bei Arztbesuchen mittlerweile sehr ängstlichen Kind festgestellt - sie hat kein Vertrauen mehr zu Ärzten, hat Angst vor den Schmerzen, die ihr in den Praxen in den letzten zwei Jahren zugefügt wurden, hat noch nicht erfahren dürfen, daß man ihr dort helfen kann. Sie wollte eigentlich gar nicht mitkommen. Natürlich war sie anhänglich! Da muß man doch kein Psychologe sein, um dafür eine ganz normale Erklärung zu finden.
Er hat sich dann aber komplett daran aufgehängt, daß unsere Tochter ein psychisches Problem habe und ich die Ursache sei. Die Diagnose aktive Yersiniose hat er dabei mal schlicht unter den Tisch fallen lassen und mir noch dargestellt, wie unverantwortlich es sei, daß ich eine völlig überzogene Langzeitantibiose befürworte. Er hat mir sogar unterstellt, das sei meine Idee und nicht die des behandelnden Arztes, dabei stand das auch in seinen Unterlagen, aber er hat nur gelesen, was er lesen wollte - ich habe später in den Unterlagen gesehen, was er mit Textmarker angestrichen hatte - nur psychologische Dinge, alles andere - sogar wenn es entkräftend direkt daneben stand - hat er ignoriert. Ob wir denn überhaupt einmal versucht hätten, das Kind trotz der scheinbaren Beschwerden in die Schule zu bringen. Ja, was denkt er denn? Einmal? Hundertmal! Wir haben sie hingefahren und abgeholt solange es eben ging, auch auf Krücken. Jeder Schultag, der sich irgendwie machen ließ, manchmal auch stundenweise, wurde wahrgenommen und wenn sie zu Hause bleiben mußte, habe ich mit ihr den Stoff aufgearbeitet, solange es ging. Es geht nicht mehr. Wir hätten sie höchstens noch schluchzend und tief elend mit Gewalt und entgegen ihrem Willen in der Klasse absetzen können. Daß sie auch nicht mehr auf Kindergeburtstage gehen, reiten oder tanzen kann, keine Spaziergänge mehr mit den von ihr so heiß geliebten Hunden der erweiterten Familie, keine wild-freien Tobenachmittage mit ihren Freunden in Wald und Dorf, keine Stadtbummel mehr mit mir oder Fernsehnachmittage mit ihrer Omi, ja nicht mal mehr schwimmen oder auch nur baden gehen möchte in unserer großen Badewanne, obwohl sie all diese Dinge so geliebt hat, hat er nicht einmal wissen wollen. Unsere Tochter wollte auch am liebsten alle Nachmittagszusatzkurse in der Schule buchen - Nähen lernen, Kochen, Sport machen - klingt für mich nicht nach jemandem, der einfach nur nicht in die Schule möchte. Das alles kann sie einfach nicht mehr. Ich denke mittlerweile, wir haben sie viel zu lange nicht ernst genug genommen und ihr lange, lange zu viel Druck gemacht. Meine Tochter fragte der Arzt vorher:"Willst DU denn dann morgens nicht in die Schule gehen oder sagt DEINE MAMA Du sollst nicht gehen?". Puh - ich muß mal kurz durchatmen.
Wie kann ein Mensch, der mich überhaupt nicht kennt, sich erdreisten, ein so umfassendes Urteil zu fällen? Seit mittlerweile mehr als zwei Jahren mache ich mir zunehmend Sorgen um dieses Kind - eines von vieren hier, von denen die anderen alle "ganz normale, gut funktionierende Erdenbürger" von 6, 8 und 16 Jahren sind. Wir (mein Mann und ich, meine Eltern und Schwiegereltern, alle Onkel und Tanten, z.T. Ärzte und Lehrer) haben so viele Versuche, so viele Gedanken durch, so viele Gespräche, so viele Ideen - wir haben immer versucht, objektiv zu sein und uns auch kritischen Kommentaren gestellt, darauf reagiert, weiter probiert. Mit all diesen Theorien sind wir aber bislang an gar kein Ziel gekommen! Alias Zustand ist einfach nur langsam aber stetig schlechter geworden.
Irgendwann wurde ich innerlich glücklicherweise (vorübergehend) kühl und habe den Arzt dann auf die Studien verwiesen, die ich gelesen habe, ihm angeboten, die links zu schicken, ihm Zahlen und Fakten präsentiert (ich bin so froh, daß sie mir dann auch alle eingefallen sind!) und mich nicht weiter auseinandernehmen lassen. Dann sagte er schließlich zu mir:"Nun. Sie sind ja nuuuuur Tierärztin - ich sag das jetzt mal so. Der Herr Dr. Soundso arbeitet 32 Jahre in der Kindermedizin, ich 30 Jahre. Meinen Sie nicht, sie sollten das uns überlassen?" Nein. Meine ich ganz und gar nicht. Ich habe an diesem Punkt das Gespräch beendet, meine Kinder aus der Kartei nehmen lassen, ihm noch gesagt, daß ich mir das Selberdenken nicht verbieten lasse und daß ein Arzt noch lange kein guter Arzt ist, bloß weil er lange Arzt ist, hab mir mein Kind und meine Unterlagen geschnappt, bin raus ins Auto und mußte dann erstmal das Zittern unter Kontrolle bringen.
Mir ist immernoch zum Heulen. Natürlich zweifelt man in meiner Position immer und immer wieder an sich, an den Diagnosen, am Kind - an allem. Menschen wie dieser Arzt helfen dabei leider gar nicht und ich finde es sehr erschreckend, wie man so auf der Nase landen kann, nachdem man eigentlich so positiv, offen und ehrlich, hilfesuchend in ein Gespräch startet.
Ich fürchte, ich konnte das jetzt gar nicht kurz darstellen
Tut mir leid. Ich bin nicht alleine mit solch blöden Erfahrungen, oder? Was ist denn da draußen nur los? "Kenn ich nicht gibt´s nicht" oder was? Ich hoffe, dieser Arzt und auch der letzte Kinderarzt können uns nicht in irgendeiner Form an den Karren fahren. Muß ich da Angst haben?
Ich hätte doch meine Tochter so wahnsinnig gerne wieder in der Schule! Ich freue mich jeden Tag, wenn sie dann doch geht (tut sie ja momentan nicht mehr, aber in der Zeit, als das noch öfter der Fall war) - es hat mir immer die Hoffnung gegeben, daß jetzt alles wieder gut wird. Ich hätte so wahnsinnig gerne etwas mehr Freiraum für mich, anstatt meiner Kleinen so viel beistehen zu müssen. Ich habe meine gerade begonnene Selbständigkeit wieder an den Nagel gehängt, als das alles so schlimm wurde, weil ich eben in erster Linie Mutter bin. Ich möchte eigentlich nur endlich einen stinknormalen, gesunden Alltag mit all diesen kleinen grauen Widrigkeiten, die alle so unbedeutend sind. Dann wäre ich glücklich.
Ich werde natürlich keine Namen nennen und es geht mir auch nicht darum, jemanden öffentlich zu verurteilen - ich möchte nur fragen, wie Ihr damit umgeht, wenn Ihr schlechte Erfahrungen mit Eurem Arzt macht. Und ich muß mir das mal von der Seele reden - ich bin immernoch geschockt.
Der Anlaß: Gestern war ich mit unserer Tochter bei unserem neuen Kinderarzt in spe - einfach weil wir der Meinung waren, daß ein Kinderarzt in der Betreuung eines Kindes auch Sinn macht und wir immernoch davon ausgehen, daß es eine Zeit nach der Yersiniose (oder doch Borreliose) geben wird. Wir wollten ihn schlicht auf Stand bringen, seine Meinung hören, im Team mit unserem Borreliose/Yersiniosespezi zusammenarbeiten. Ich versuche, es kurz zu machen, obwohl mir so viele Gesprächsfetzen noch durch den Kopf huschen, die mich immer wieder auf´s Neue aufregen.
Er hat mich von Anfang an sehr von oben herab behandelt, ist mir über den Mund gefahren, hat meine ohnehin durch Arztbesuche leidgeprüfte Tochter auf eine Art und Weise befragt, die sie immer mehr verschüchtert hat. Er hat dann als ich doch reden durfte immer wieder versucht, mir Lücken in meiner Darstellung des Falles aufzuzeigen und versucht, meine Beobachtungen auseinander zu nehmen oder gleich als falsch darzustellen - ich war anfangs eher schüchtern und zurückhaltend, auch etwas perplex ob dieser Behandlungsweise, habe aber nach bestem Wissen und Gewissen versucht, einen mehr als 2 Jahre andauernden Fall in wenigen Minuten zu schildern.
Das wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn meiner Ansicht nach hatte dieser Mediziner seine Meinung über unseren Fall und v.a. über mich lange gefaßt, bevor er mich kannte. Er hatte unsere Unterlagen vor dem Termin zur Ansicht und ich weiß jetzt (erst), daß er den Kinderarzt persönlich kennt, dessen Praxis wir verlassen hatten, weil wir für unsere Tochter dort keine Hilfe mehr bekamen - wir hatten schon dort die Vermutung, daß sie auf die Psychoschiene gerutscht war. Ich war aber schon sehr vorsichtig und habe diesen Arzt nicht einmal vor dem neuen Arzt kritisiert, sondern nur gesagt, daß ich denke, ein neuer Blickwinkel kann ja u.U. auch mal sehr nützlich sein. Er wollte mir seine Interpretation aber nicht sagen, sondern meinte, er wolle uns erst weiter anhören. Klingt gut, war es aber nicht.
Beispiel: "Hat denn die Klassenlehrerin eine Meinung zu ihrem Kind. Was vermutet sie denn als Ursache für Alias Fehlen?" Unsere Lehrerin vertraut uns glücklicherweise, aber was soll die Frage? Ich habe ihn darauf hingewiesen, daß wir in engem Kontakt mit der Schule stehen, Alia aber keine Probleme mit Lehrern oder Klassenkameraden hat, daß sie eigentlich unbedingt die Klasse schaffen möchte, um bei ihren Freunden zu bleiben und erst vor kurzem einen Tag Schule aus tiefer Eigenmotivation heraus versucht hat und dann leider mit einem erneuten Krankheitsschub dafür bezahlen mußte.
Die Erschöpfung als momentan ganz klar hervorstechendes Hauptsymptom hat er gar nicht ernst genommen, trotz angeführter aktueller Beispiele.
Die Schmerzen - wir waren mal in der Schmerzambulanz in Datteln, da man sich Alias Schmerzen nicht erklären konnte und auf psychosomatische Probleme tippte. Dort hat uns die Psychologin - genau wie die aus der Kinderneurologie in Kassel und auch die dort anwesende Erzieherin, die uns länger kennengelernt haben, da wir dort eine Woche verbrachten - als unauffällig bewertet. Man hat uns sogar bestätigt, unseren Weg mit Alia weiter zu gehen, psychologisch sei alles in Ordnung. Die Ärztin vor Ort war aber anderer Meinung und hat die Psychologin überstimmt, ihre Diagnose in den Bericht geschrieben, die Alia eben ein beginnendes psychosomatisches Problem unterstellte. Mein Mann und ich haben uns nach Besichtigung der Anstalt in Datteln dagegen entschieden, unser Kind dort drei Wochen abzugeben. Sie wäre mit großem Abstand die Jüngste dort gewesen und zu dem Zeitpunkt schienen die Probleme gerade am Abklingen - wir haben keine Notwendigkeit gesehen, aber die Diagnose stand eben auf Papier und damit im Raum.
"Wenn sie Schmerzen hat, deutet sie dann auf die Stelle, die ihr weh tut?" So gefragt, als wären es nur dann echte Schmerzen, ansonsten Simulation oder als würde ich ohne genau hinzuschauen mein Kind bei jeder Gelegenheit zu Hause lassen wollen - ich hätte bald gesagt: "Sie ist neun. Sie kann sprechen." - habe ich mir da aber noch verkniffen. Natürlich hat sie mir genau gezeigt - oder gesagt - wo es weh tut. Ich habe jedes Mal gefragt und es mir angesehen!
Er hat mich dann nach einiger Zeit in der ich das Gefühl hatte, mich pausenlos rechtfertigen zu müssen, nach meiner eigenen Meinung zu den Testergebnissen gefragt - eigentlich wollte ich ja seine hören, um sie in mein Gesamtbild einfließen zu lassen und mit meinen Informationen zu vergleichen, evtl. etwas zu lernen - aber ich habe sie ihm gesagt, ihr kennt sie, denn ich gehe mit den Ansichten hier sehr konform. Es begann, ärgerlicher zu werden, aber ich hatte auch keine Lust mehr, mir das Wort im Munde umdrehen zu lassen. Er hat auch dann immer wieder versucht, mich argumentativ lahmzulegen, mich zu unterbrechen, ohne mir richtig zuzuhören (da kamen dann Fragen wie: "Was meinen SIE denn überhaupt mit Multiorganerkrankung?" so als könnte ich diesen Fachterminus gar nicht verstehen - na, habe ich ihm erklärt, ist ja auch eigentlich nicht schwer, nicht einmal für Laien und er konnte meine Ansicht auch nicht widerlegen, hat mich aber mit hochgezogener Augenbraue, spitz lächelnd betrachtet, als wäre ich schon ein sehr eigenartiger Zeitgenosse). Ich habe dann, als er immer wieder meine Aussagen falsch verstanden, Teile ignoriert oder umgedreht hat auch darauf hingewiesen, daß ich mich fehlinterpretiert fühle, habe meine Argumente wiederholt und trotz seiner ganzen Unterbrechungen am Ende auch schlüssig rüberbringen können, denke ich. Es fühlte sich an wie ein Machtkampf, der aber nach außen hin noch nach Höflichkeitsregeln gespielt wurde.
Nachdem er meine Tochter dann für eine Blutdruckuntersuchung vor die Tür geschickt hatte (auch so ein Knaller - er erklärt meiner Tochter die Untersuchung, dann sage ich ganz freundlich:"Das kennt sie schon, das ist in Kassel auch gemacht worden. Es steht zwar nicht im Bericht, aber ich war dabei." "Ach, SIE lesen diese Berichte alle wohl SEHR genau, was?" - mit einem fies-spitzen Unterton. Ich habe nur gesagt:"Na klar. Hier geht es doch um mein Kind!"), habe ich dann seine Meinung zu hören bekommen:
Die Bindung zwischen meinem Kind und mir wäre viel zu eng - das hat er nach insgesamt maximal 15 Minuten mit einem bei Arztbesuchen mittlerweile sehr ängstlichen Kind festgestellt - sie hat kein Vertrauen mehr zu Ärzten, hat Angst vor den Schmerzen, die ihr in den Praxen in den letzten zwei Jahren zugefügt wurden, hat noch nicht erfahren dürfen, daß man ihr dort helfen kann. Sie wollte eigentlich gar nicht mitkommen. Natürlich war sie anhänglich! Da muß man doch kein Psychologe sein, um dafür eine ganz normale Erklärung zu finden.
Er hat sich dann aber komplett daran aufgehängt, daß unsere Tochter ein psychisches Problem habe und ich die Ursache sei. Die Diagnose aktive Yersiniose hat er dabei mal schlicht unter den Tisch fallen lassen und mir noch dargestellt, wie unverantwortlich es sei, daß ich eine völlig überzogene Langzeitantibiose befürworte. Er hat mir sogar unterstellt, das sei meine Idee und nicht die des behandelnden Arztes, dabei stand das auch in seinen Unterlagen, aber er hat nur gelesen, was er lesen wollte - ich habe später in den Unterlagen gesehen, was er mit Textmarker angestrichen hatte - nur psychologische Dinge, alles andere - sogar wenn es entkräftend direkt daneben stand - hat er ignoriert. Ob wir denn überhaupt einmal versucht hätten, das Kind trotz der scheinbaren Beschwerden in die Schule zu bringen. Ja, was denkt er denn? Einmal? Hundertmal! Wir haben sie hingefahren und abgeholt solange es eben ging, auch auf Krücken. Jeder Schultag, der sich irgendwie machen ließ, manchmal auch stundenweise, wurde wahrgenommen und wenn sie zu Hause bleiben mußte, habe ich mit ihr den Stoff aufgearbeitet, solange es ging. Es geht nicht mehr. Wir hätten sie höchstens noch schluchzend und tief elend mit Gewalt und entgegen ihrem Willen in der Klasse absetzen können. Daß sie auch nicht mehr auf Kindergeburtstage gehen, reiten oder tanzen kann, keine Spaziergänge mehr mit den von ihr so heiß geliebten Hunden der erweiterten Familie, keine wild-freien Tobenachmittage mit ihren Freunden in Wald und Dorf, keine Stadtbummel mehr mit mir oder Fernsehnachmittage mit ihrer Omi, ja nicht mal mehr schwimmen oder auch nur baden gehen möchte in unserer großen Badewanne, obwohl sie all diese Dinge so geliebt hat, hat er nicht einmal wissen wollen. Unsere Tochter wollte auch am liebsten alle Nachmittagszusatzkurse in der Schule buchen - Nähen lernen, Kochen, Sport machen - klingt für mich nicht nach jemandem, der einfach nur nicht in die Schule möchte. Das alles kann sie einfach nicht mehr. Ich denke mittlerweile, wir haben sie viel zu lange nicht ernst genug genommen und ihr lange, lange zu viel Druck gemacht. Meine Tochter fragte der Arzt vorher:"Willst DU denn dann morgens nicht in die Schule gehen oder sagt DEINE MAMA Du sollst nicht gehen?". Puh - ich muß mal kurz durchatmen.
Wie kann ein Mensch, der mich überhaupt nicht kennt, sich erdreisten, ein so umfassendes Urteil zu fällen? Seit mittlerweile mehr als zwei Jahren mache ich mir zunehmend Sorgen um dieses Kind - eines von vieren hier, von denen die anderen alle "ganz normale, gut funktionierende Erdenbürger" von 6, 8 und 16 Jahren sind. Wir (mein Mann und ich, meine Eltern und Schwiegereltern, alle Onkel und Tanten, z.T. Ärzte und Lehrer) haben so viele Versuche, so viele Gedanken durch, so viele Gespräche, so viele Ideen - wir haben immer versucht, objektiv zu sein und uns auch kritischen Kommentaren gestellt, darauf reagiert, weiter probiert. Mit all diesen Theorien sind wir aber bislang an gar kein Ziel gekommen! Alias Zustand ist einfach nur langsam aber stetig schlechter geworden.
Irgendwann wurde ich innerlich glücklicherweise (vorübergehend) kühl und habe den Arzt dann auf die Studien verwiesen, die ich gelesen habe, ihm angeboten, die links zu schicken, ihm Zahlen und Fakten präsentiert (ich bin so froh, daß sie mir dann auch alle eingefallen sind!) und mich nicht weiter auseinandernehmen lassen. Dann sagte er schließlich zu mir:"Nun. Sie sind ja nuuuuur Tierärztin - ich sag das jetzt mal so. Der Herr Dr. Soundso arbeitet 32 Jahre in der Kindermedizin, ich 30 Jahre. Meinen Sie nicht, sie sollten das uns überlassen?" Nein. Meine ich ganz und gar nicht. Ich habe an diesem Punkt das Gespräch beendet, meine Kinder aus der Kartei nehmen lassen, ihm noch gesagt, daß ich mir das Selberdenken nicht verbieten lasse und daß ein Arzt noch lange kein guter Arzt ist, bloß weil er lange Arzt ist, hab mir mein Kind und meine Unterlagen geschnappt, bin raus ins Auto und mußte dann erstmal das Zittern unter Kontrolle bringen.
Mir ist immernoch zum Heulen. Natürlich zweifelt man in meiner Position immer und immer wieder an sich, an den Diagnosen, am Kind - an allem. Menschen wie dieser Arzt helfen dabei leider gar nicht und ich finde es sehr erschreckend, wie man so auf der Nase landen kann, nachdem man eigentlich so positiv, offen und ehrlich, hilfesuchend in ein Gespräch startet.
Ich fürchte, ich konnte das jetzt gar nicht kurz darstellen

Ich hätte doch meine Tochter so wahnsinnig gerne wieder in der Schule! Ich freue mich jeden Tag, wenn sie dann doch geht (tut sie ja momentan nicht mehr, aber in der Zeit, als das noch öfter der Fall war) - es hat mir immer die Hoffnung gegeben, daß jetzt alles wieder gut wird. Ich hätte so wahnsinnig gerne etwas mehr Freiraum für mich, anstatt meiner Kleinen so viel beistehen zu müssen. Ich habe meine gerade begonnene Selbständigkeit wieder an den Nagel gehängt, als das alles so schlimm wurde, weil ich eben in erster Linie Mutter bin. Ich möchte eigentlich nur endlich einen stinknormalen, gesunden Alltag mit all diesen kleinen grauen Widrigkeiten, die alle so unbedeutend sind. Dann wäre ich glücklich.