RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
urmel57 - 26.08.2019
Zitat:Antibiotika reduzieren also durch die geringere Anzahl an Bakterien die Aktivierung des Immunsystems im ganzen Körper.
Danke JM1 für deine Überlegungen. Sicherlich spielt das eine Rolle. Aber erklärt es das Aufflammen der Beschwerden bereits direkt nach 1-3 Tagen nach Beendigung der Antibiotikagabe? Gerade Borrelien sind ja dafür bekannt erst nach 10 Tagen bis mehrere Wochen/ Jahre aktiv zu werden. Bei den Tetracyclinen wurde der Effekt auch im Niederdosisbereich unterhalb der minimalen Hemmkonzentration gefunden. Spielen andere Erreger dann eine Rolle oder ist es das immunsystem, was sich neu stabilisieren muss.
Ganz spannend finde ich dann auch die springenden Gelenkbeschwerden, die so typisch bei Borreliose beschrieben sind. Das spräche ja dafür, dass es Mechanismen gibt, die selektiv im Körper die Zytokine im Wechsel an-und ausschalten.
Sind dann doch ggf. Belastungen mit anderen Faktoren der entscheidende Punkt, wenn antibiotische Therapien nicht ausreichend und nachhaltig helfen? So viele Fragen und so wenige gute allgemeingültige Antworten...
LG Urmel
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
JM1 - 26.08.2019
wie gesagt, 2 oder man sagt glaube 4 Augen Prinzip.
Wenn eine Rezeptor alleine aktiviert wird passiert nichts. Wenn also TLR4 (als Rezeptor für Bakterienhüllen) nicht oder nur gering aktiviert wird (und auch kein anderer Rezeptor in der Art ( TLR5 erkennt zum Beispiel andere Bakterien) TLR3 viele Viren (es gibt 10 Toll-like-Rezeptoren)
Also wenn keiner dieser Rezeptoren aktiviert wird passiert nichts mit dem (adaptiven) Immunsystem. Es schläft und ist friedlich.
1-3 Tagen nach Beendigung der Antibiotikagabe explodieren die Bakterien im Darm geradezu. Klar werden da die TLR Rezeptoren im Darm gereizt und da etwa 90 % des Immunsystems in der Darmwand zu finden ist hat das auch Auswirkungen auf den Rest des Körpers. Ganz klar ist auch das nach einer (kurzen Antibotika Gabe) in dieser Zeit die Antikörpertiter nicht sinken und schon erkennen auch die Antikörper Bakterienreste oder auch ähnliche eigene Zellbestandteile und die Kaskade springt an .
Das erklärt also recht genau den Rückfall 1 bis 3 Tage nach Beendigung der Antibiotika Gabe .
" Sind dann doch ggf. Belastungen mit anderen Faktoren der entscheidende Punkt"
Es gibt fast nie den einen entscheiden Punkt. Es sind immer viele Punkte.
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
urmel57 - 27.08.2019
Hmmm. Rückfall hieße aber dann, dass das in diesem Fall ein rein immunologischen Problem wäre, nicht das ursächliche Problem mit dem unabdinglich lebenden Erreger, den man ursprünglich zum Ziel hatte.
Würde für mich zumindest plausibel klingen. Hast du da eine Quelle/ Link, in der es eine entsprechende Studie gibt, die den Mechanismus aufzeigt oder sind das allgemeine Überlegungen? Das Ziel wäre womöglich ja, in dem Fall, die Darmbakterien kaputt machen. Dazu kommen allerdings zahlreiche Resistenzen von Darmbakterien, die dann unbeschadet weiterarbeiten, was macht das dann denn?
Ich finde das jedenfalls ein sehr interessantes und wichtiges Thema.
Aus Erzählungen weiß ich, dass es Spezis gibt, die in solch einem Fall ( erneute Beschwerden direkt nach Absetzen) dann durchaus abwarten und höchstens alternativ weiterbehandeln, andere setzen auf Fortführung der antibiotischen Behandlung bis zur Beschwerdefreiheit. Sprich hier fangen große Meinungsverschiedenheiten unterschiedliche Erfahrungen damit und die Unsicherheit an. In diesem Feld bewegen wir uns. Das ganze Forum hier ist voll damit.
Schwierig zu entscheiden, was da der richtige Weg ist.
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
borrärger - 27.08.2019
Ich glaube auch an die Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika. Warum geht es mir sonst oft gerade in den ersten Tagen unter Ab besser ?? Die Bakterien können da noch nicht abgetötet sein. Unter Therapie wird es dann nach ein paar Tagen meist wieder schlechter und verbessert sich dann erst wieder nach längerer Gabe.
Ich habe mal ein paar
Pro links zum Thema gesammelt.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/66461/Rosazeatherapie-Mit-Doxycyclin-gegen-Inflammation
Allerdings ist das von einem Tiermedikamnetenhersteller der hier belget, also nur zur Warnung
https://www.vetion.de/buiatrikaktuell/taspezial/detailP.cfm?aktuell_id=17403
https://www.test.de/medikamente/wirkstoff/antibiotika-doxycyclin-minocyclin-und-tetracyclin-tetracycline-w1467/#ws.pharma
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika - Ehemaliges Mitglied - 27.08.2019
Aus #14
Hallo Borrärger und ...
Zitat:Warum geht es mir sonst oft gerade in den ersten Tagen unter Ab besser ?? Die Bakterien können da noch nicht abgetötet sein.
Doch sage ich, so auch meine Erfahrung. Wenn das AB im Blutkreislauf ist fängt es an zu arbeiten.
Kein Volltreffer meiner These
https://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Wie-lange-soll-man-Antibiotika-einnehmen-550971.html
Entzündungshemmende Wirkung stehen für mich bei vielen AB's außer Frage.
Wann könnte sonst ein Antibiogramm Hinweise liefern, zeitlich betrachtet.
https://www.medmix.at/antibiogramm-antibiotika-einsatz/
Hier wird es wissenschaftlich, aber MHK Werte werden in Stunden gemessen und nicht in Tagen.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/191956/Antibiotika-Empfindlichkeit-Grenzwerte-sind-hilfreich
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
JM1 - 27.08.2019
(27.08.2019, 06:52)urmel57 schrieb: Hmmm. Rückfall hieße aber dann, dass das in diesem Fall ein rein immunologischen Problem wäre, nicht das ursächliche Problem mit dem unabdinglich lebenden Erreger, den man ursprünglich zum Ziel hatte.
ja, so schnell erholen sich Borelien nach der Antibiose nicht, sind ja nicht die Schnellteiler. Der "sofort nach dem Absetzen der Antibiotika schlechter Effekt" kann nur der immunologische Effekt durch die TLR Rezeptoraktivierung sein.
Im Darm sind schnell teilende Bakterien. Die vermehren sich da in Stunden .
(27.08.2019, 06:52)urmel57 schrieb: Das Ziel wäre womöglich ja, in dem Fall, die Darmbakterien kaputt machen. Dazu kommen allerdings zahlreiche Resistenzen von Darmbakterien, die dann unbeschadet weiterarbeiten, was macht das dann denn?
nein, ziel wäre nach dieser Theorie die Antibiose solange fortführen bis auch die Antikörpertiter gefallen sind (die steigen ja zunächst am Anfang der Antibiose)
Erst danach beenden. Also mind 3 Monate. Das würde dann auch die autoimmunologischen Effekte vermindern die ja auch eine Rolle spielen . Stichwort reaktive Arthritis wo ja von Dr. Langer (glaube) das sehr ausführlich Beschrieben wurde das nur sehr lange Antibiose reaktive Arthriten nach Yersinieninfektion besseren können und erst die Antikörpertiter fallen müssen.
"zahlreiche Resistenzen von Darmbakterien"
Ja das wird eine Problem sein und kann eben dazu führen das es nicht funktioniert.
Ausnahmen, zum Regel bestätigen, muss es ja auch geben
Andererseits wenn man Antibiotika dauergefütterte Hühner unter schlechtesten Lebensbedingungen mit Ihren nicht Antibiotika gefütterten Artgenossen im gleichen ekligen Stall vergleicht sieht man schon das die einen trotz allem fett und gesund aussehen während die Antibotikaverächter eher einem Häufchen Kacke gleichen...
Also irgendwie hilft es auch dauerhaft. (Ausnahmen siehe oben)
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
JM1 - 27.08.2019
(27.08.2019, 08:38)borrärger schrieb: ..oft gerade in den ersten Tagen unter Ab besser ?? Die Bakterien können da noch nicht abgetötet sein...
Darmbakterien sind natürlich die ersten die dran glauben (die lebenden werden ausgeschieden (zumindest wenn du auch regelmäßig dieses Geschäft durchführst)) und neue wachsen unter Antibotika sehr schlecht nach , daher schon nach 1 Tag geht die TLR Rezeptoraktivierung drastisch runter. Was passt da nicht ? Bestätigt doch sogar diese Theorie ?
(27.08.2019, 08:38)borrärger schrieb: Unter Therapie wird es dann nach ein paar Tagen meist wieder schlechter und verbessert sich dann erst wieder nach längerer Gabe.
Ja, das wieder schlechter sind dann vermutlich die resistenten Keime die durchkommen...
Die Verbesserung später dann die echten weggemachten Borrelien oder sinkende AutoAntikörpertiter .
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
borrärger - 27.08.2019
Ob das nun alles stimmt was Du schreibst kann ich nicht beurteilen, aber es klingt wirklich sehr logisch
, das wäre endlich mal eine Erklärung für einige Vorgänge in unserem Körper.
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
JM1 - 27.08.2019
alles ist logisch. mir fällt kein anderer Grund für die unbestritten vorhandene (aber etwas unzuverlässige) imunsuppressive Wirkung von Antibiotika, wie zum Beispiel Tetracycline, auf das Immunsystem ein und ja vor allen habe ich diesen Effekt auch erlebt (erst massiv besser durch Antibiotika dann nach so 10 Tagen langsam wieder schlechter... bei > 3 Monate bin ich noch nicht. Aber hoffe.
" Die Tetracycline verhindern die Anlagerung der Aminoacyl-tRNA an die Akzeptorstellen der 30S-Untereinheit der Ribosomen und somit die Verlängerung der Peptidkette. Ihre geringe Toxizität für den Menschen kann durch die Selektivität für bakterielle Ribosomen gegenüber eukaryotischen Ribosomen erklärt werden. "
Ich meine was hat das sonst mit unseren Immunsystem zu tun. Da ist kein Rezeptor der da sonst passt.
RE: Entzündungshemmende Wirkung von Antibiotika -
magihe - 28.08.2019
Hallo zusammen,
ich war 2 Tage weg und habe den Thread nun durchgelesen. Die Fragestellungen sind (bzgl. #11 ff):
kommt es nach Absetzen der AB innerhalb 1- 3 Tagen zu einer Verschlechterung?
Ist dies dann möglicherweise eine Immunanreaktion?
Unterdrücken AB diese Reaktion (Entzündungshemmung)?
Kommt es denn nach Absetzen der AB innerhalb von 1- 3 Tagen zu einer Verschlechterung? Hat dies Jemand so beobachtet? JM1 spricht von 10 Tagen- das ist schon ein Unterschied.
Für mich kann ich dies verneinen. Eine so rasche Verschlechterung (innerhalb 3 Tagen) habe ich nicht beobachtet. Eher schleichend. Beginnend ab 1,5 Wochen, da wär ich dabei und selbst da wäre ich aber noch sehr, sehr vorsichtig. Mein Tagebuch umfasst mit 69 Seiten mehrere Jahre; ein oft verwirrendes auf und ab mit erstaunlicher Bandbreite, da einen Trend zu erkennen ist in der Regel keine leichte Aufgabe.
Es ist eine wichtige Fragestellung.
Ich habe die Sorge, dass Forschung seitens der Pharma Industrie verständicherweise auf patentierbare imunmodulierende Therapien abzielt, es den Menschen mit diesen besser geht aber der wahre Auslöser unangetastet bleibt.
Bei Psoriasis habe ich dort z.B. den Verdacht. Neuere Erklärungsansätze zeigen in Richtung Imunsystem. Die diagnostizierte Psoriasis wurde bei mir während 15 Jahre Low Dose MTX und unter diversen Salben, etc nur schlechter (abgesehen von kurzfristigen Sonnen- und Salzwassereffekten). Seit einer intensiven AB erstmalig seit 20 Jahren besser.
LG