Ich finde es schade, dass sich Ärzte auf Boulevard-Niveau bewegen und sich zum Reproduzieren von reißerischen Verschwörungstheorien hinleiten lassen und dabei jede Spur von Wissenschaftlichkeit vermissen lassen.
Einige Hintergrundinformationen, Fragen und Anmerkungen, die hoffentlich Patienten davon abhalten, zu denken, dass wir alle an einer vertuschten Biowaffen-Epidemie leiden und dies evtl. noch im nächsten Arztgespräch rauszuposaunen.
Wieso sollte Burgdorfers Arbeit mit
Rickettsien, die kein großes Geheimnis war, die Therapie der
Borreliose beeinflussen?
Ich sehe auch nicht, wie diese Erkenntnisse, sollten sie zutreffend sein, in irgendeiner Form die Argumente, die zuvor gesammelt wurden, widerlegen:
https://forum.onlyme-aktion.org/showthre...#pid149082
https://forum.onlyme-aktion.org/showthre...#pid149085
https://forum.onlyme-aktion.org/showthre...#pid149387
Der erwähnte Rickettsien-Stamm wurde übrigens 1973 in Tennessee(!)entdeckt:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5893998/
Welche Relevanz besitzt das nun zu Old Lyme und der Therapie der Borreliose, wenn laut Folie die ersten Fälle bereits ab 1972 auftraten und das Biowaffenprogramm 1969 von Nixon verboten wurde?
Die Zecken wurden in Virginia und Montana freigelassen, was vom nächsten Punkt auf dem Landweg immer noch mehrere Hundert Kilometer bis zu Old Lyme bedeutet.
Es wurde nicht zu Borrelien, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt waren, sondern zu Rickettsien geforscht. Es handelt sich nicht um den klassischen Borrelien-Vektor, sondern um zwei Zeckenarten, die Borrelia burgdorferi nur in seltenen Fällen übertragen und eine geringere Vektorkompetenz aufweisen (RMSF dafür übertragen).
Borrelien wurden aus anderen Zecken isoliert, die anscheinend nicht freigelassen worden sind (unabhängig davon, dass die Entfernung ohnehin ziemlich groß ist). Zum Thema Erstbeschreibung der Borrelien lohnt sich dieser Artikel von zwei der verbleibenden Forscher, die darin mitgearbeitet haben:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6751065/
Zudem wurden 1959 von Burgdorfer laut einem Brief Zecken (auch hier Dermacentor andersoni) im Labor wohl mit Colorado-Tick-Fever und Rickettsia rickettsii infiziert, um zu schauen, wie die beiden Erreger interferieren. Was Manipulationen angeht, bitte den Post von Towanda im Hinterkopf behalten. Das Biowaffen-Programm wurde 1969 beendet, doch erst 1970 gab es die Entsprechende Entdeckung in der Molekularbiologie, wenn man dann berechnet, wie lange es dauert, bis sich Entdeckungen in die Praxis umsetzen...
Wenn wir das Gedankengerüst um die Rickettsien weiterspinnen:
Wenn nun angeblich Rickettsien und nicht Borrelien das große Problem darstellen, bricht auch das ganze Konstrukt zusammen, inklusive die alternativen (und teils ziemlich lukrativen) Therapie- und Diagnostik-Konzepte zu Borreliose.
Fakt ist, dass für die Behauptung, Borreliose sei eine aus Plum Island versehentlich entkommene Biowaffe, keine Belege gefunden worden sind. Stattdessen wurde mit anderen Zecken, anderen Erregern und an anderen Orten gearbeitet.
Was in den USA im Kontext von Rickettsien und Biowaffenforschung sonst so passiert ist, wird vielleicht noch ans Licht kommen (vielleicht aber auch nicht).
Welche Relevanz das ganze nun für die Therapie der Borreliose in Europa bzw. Deutschland hat, erschließt sich mir noch nicht bzw. fallen mir keine plausiblen Argumente ein, wenn man Verschwörungstheorien mal ausklammert.