Scheinbar bezieht sich der BFBD in der Pressemitteilung auf den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/945 der Kommission vom 22. Juni über die „epidemiologischen Überwachung“ zu erfassender übertragbarerer Krankheiten und damit zusammenhängenden besonderen Krankheitsrisiken, sowie über die entsprechende Falldefinition.
In dem neben dem Dengue, Chikungunya- und Zika-Viruskrankheit die „Lyme-Neuroborreliose“ neu aufgenommen wurde.
https://www.google.com/url?sa=t&source=w...P-v23p1fCq
Bei dem aber als schon Überschrift steht „Rechtsakte ohne Gesetzescharakter“
Es geht dabei um Erkrankungen die vom „Netz für die epidemiologische Überwachung“ erfasst werden sollen“ sowie dessen Falldefinitionen, in die mit diesem Beschluss die „Lyme-Neuroborreliose“ zusätzlich aufgenommen werden soll.
Nach meiner Auffassung geht es dabei nur um eine „epidemiologischen Überwachung“, wie immer die auch aussehen mag. Z.B. Sentinel Studien, Erfassung über Krankheitsdaten ICD etc., aber keinesfalls um eine generelle „Meldepflicht“ geschweige mit Gesetzescharakter wie der BFBD verbreitet!
Unter epidemiologischer Überwachung bzw. Surveillance wird die systematische und kontinuierliche Überwachung von Erkrankungen bzw. Todesfällen in der Bevölkerung verstanden.
Surveillance bedeutet, dass zunächst Krankheiten erkannt und erfasst werden müssen. In einem zweiten Schritt werden die gewonnenen Daten bewertet und schließlich überlegt, welche Maßnahmen zur Eingrenzung oder Verhinderung einer Infektionskrankheit getroffen werden können.
Zur „epidemiologischen Überwachung“ ist jedoch keine „Meldepflicht“ erforderlich. Dafür gibt es auch andere mögliche Verfahren wie z.B. Stichprobenartige Sentinel-Studien.
In der EU-Liste der 52 zu erfassenden Krankheiten ist u.a. auch schon länger die Grippe enthalten, für die es zwar keine generelle „Meldepflicht“ gibt, aber gemäß den Vorgaben epidemiologischen vom RKI über sogenannte „Sentinel-Praxen“ laufend überwacht wird.
D.h. nur einige ausgewählte Arztpraxen melden ihre Grippefälle an das RKI, das daraus die Verbreitung auf gesamt Deutschland hochrechnet.
Dieses oder ähnliche Verfahren würden aber, satt einer generellen „Meldepflicht“ dem EU-Durchführungsbeschluss völlig genügen.
Außerdem sollte man bei einer „Meldepflicht“ der „Lyme-Neuroborreliose“ durchaus auch mal dessen mögliche Nachteile betrachten.
Erstens beträgt laut S3-Leitlinie die Häufigkeit einer Neuroborreliose nur 3,3% aller Borreliosefälle.
Unter Hinblick, dass (speziell von Neurologen) eine Borreliose meist mit einer Neuroborreliose gleichgesetzt wird, fallen somit in der Statistik schon 97% aller Borreliosen unter den Tisch.
Unter der Tatsache, dass in den Bundeländern mit Meldepflicht der Borreliose nur ein kleiner Bruchteil der tatsächlich von Krankenkassen abgerechneten Fällen gemeldet werden, würde selbst bei generellen Meldepflicht der Neuroborreliose nur weit weniger als 1% aller Borreliose in der Statistik auftauchen und somit nur der Verharmlosung des Problems dienen!
Im Übrigen gibt es nirgends eine Meldepflicht der „Borreliose“, sondern in div. Bundesländern nur eine Meldepflicht für einzelne Borreliosemanifestationen gemäß Falldefinitionen.
Alle Borreliosefälle die nicht dieser Falldefinition entsprechen fallen unter den Tisch, werden und dürfen nicht gemeldet werden!