Zu Beginn: es gibt keine Studien, die einen Nutzen von "Stammzellen-Therapien" bei akuter Borreliose oder bleibenden Beschwerden nach leitliniengerechter Therapie belegen. Für eine akute Infektion sind Stammzellentherapien auch eher ungeeignet und daher als skeptisch zu betrachten.
Zunächst muss man zwischen verschiedenen Formen von Stammzellen unterscheiden.
Es gibt embryonale Stammzellen, vor denen beim experimentellen Einsatz nur gewarnt werden kann. Abgesehen von der rechtlichen Situation, fehlt es hier an ausreichenden Studien. Es gibt aber Hinweise auf potenzielle krebsfördernde Eigenschaften und die Gefahr von Teratomen. Embryonale Stammzellen werden nur in sehr wenigen Ländern experimentell eingesetzt, aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen.
Was aktuell gerade ziemlich "in" ist, sind adulte Stammzellen. Die mesenchymalen Stammzellen werden aktuell in Studien erforscht und erscheinen für einige Erkrankungen als relativ vielversprechend und verhältnismäßig sicher. Einige private Praxen bieten auch experimentelle "Stammzellentherapien" an, wobei hier Vorsicht geboten ist.
In den USA und Kanada gibt es hier inzwischen erste rechtliche Eingriffe durch die Behörden, siehe z. B. hier:
https://ipscell.com/2019/06/groundbreaki...ral-court/
Der Markt ist hier extrem undurchsichtig und da läuft viel Marketing und, aus meiner Wahrnehmung, einiges an falschen Versprechungen und Abzocke.
Bei den adulten Stammzellen unterscheidet man prinzipiell zwischen zwei Formen:
-Fremde Stammzellen (Nabelschnur von Neugeborenen, Plazenta)
-Eigene Stammzellen (Knochenmark und aus Eigenfett des Patienten gewonnen)
Für gewöhnlich wird immer das, als das bessere Produkt bezeichnet, was von der jeweiligen Klinik angeboten wird. Neutrale Informationen sind da sehr schwer zu erhalten.
Therapien mit adulten Stammzellen werden in Europa, Amerika, Asien... angeboten, zu verschiedenen Zwecken, in vielen Fällen wird es als Wundermittel für eine vielzahl von Erkrankungen oder zur Verjüngung angeboten, teils mit prominenter Unterstützung.
Die meist konservative Fachmeinung ist hier sehr skeptisch, was da alles vermarktet wird, Studien zu Risiken, Wirkung und Nutzen für verschiedene Erkrankungen fehlen meist noch. Das systemische Verabreichen durch Infusion wird meist kritisch gesehen, da unklar ist, was es für Risiken bewirkt und es nicht zu erwarten sei, dass sich die Stammzellen auch tatsächlich dorthin begeben, wo sie benötigt werden und in das "verwandeln", was benötigt wird.
Bei alternativen, privat zu bezahlenden Therapien mit fremden Stammzellen (nicht zu verwechseln mit den Therapien, die bspw. bei Leukämie angewendet werden) wird das Produkt meist kommerziell gekauft (tiefgefroren), angeblich auf Infektionen getestet (sicher nicht alle...) und dann dem Patienten verabreicht. Die Schwierigkeit ist, dass man nie so genau weiß, was einem da verabreicht wird, das es wenig Regulationen gibt bzw. ohnehin in Ländern angeboten wird, in denen verhältnismäßig große Freiheiten bestehen. Bisherige Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die meisten Produkte aus Geburtsgewebe kaum oder keine lebende Stammzellen enthalten. Antientzündliche Effekte sind auch hier möglich, jedoch auch Möglichkeiten der Verschlechterung, zudem sind die Kosten sehr hoch bei der zu erwartenden Wirkung.
Einige Kliniken behaupten, auf lebende Stammzellen zu testen etc., aber man weiß es eben nie so genau.
Bei adulten Stammzellen aus dem Patienten selbst wird zwischen Eigenfett und Knochenmark unterschieden. Ersteres ist natürlich einfacher zu gewinnen, soll aber weniger Zellen enthalten. Hier ist die Frage, ob sauber gearbeitet wird, wieviele Stammzellen auch darin sind und ob eine Wirkung zu erwarten ist, die Kosten liegen teils in sehr hohem Bereich bei teilweise fragwürdiger Nutzung.
Skeptisch wäre ich, wenn jeder genommen und behandelt wird, ohne die Krankengeschichte zu bewerten oder Heilsversprechungen gemacht werden. In den USA geben private Kliniken "kostenlose Informationsveranstaltungen", die alles andere als neutral sind.
Bislang gleicht die Situation, nach Meinung vieler Fachleute, dem Wilden Westen. Es gibt einige positive Erfahrungsberichte und Kasuistiken, die jedoch mit Vorsicht zu genießen sind und eher anekdotischen Charakter haben. oft kommen die Berichte von Ärzten oder Praxen, die diese Therapien selbst kommerziell anbieten. Einige Patientenberichte werden auch durch entsprechende Unternehmen verbreitet.
Es gibt die Möglichkeit für einige Erkrankungen an klinischen Studien teilzunehmen, als Kriterium gilt hier: Wer bezahlt, nimmt an keiner seriösen Studie teil.
Meine Einschätzung: Stammzellen sind vielversprechend, insbesondere auch für orthopädische Geschichten (hier mit Ultraschall oder Röntgen unterstützt direkt in die betroffenen Stellen gespritzt, was recht vielversprechend zu sein scheint und eine OP hinauszögern oder sogar verhindern kann), aber auch andere Ekrankungen (degenerative Erkrankungen, Auto-Immunerkrankungen...) könnten von den Therapien profitieren in Zukunft. Es ist aber noch recht früh und die undurchsichtige Situation macht es sehr schwer. Wenn es keine sichere Alternative gibt, würde ich da mit großer Sorgfalt auswählen und keinem Verkäufer auf den Leim gehen.
Was Borreliose angeht: Was ich bisher so wahrgenommen habe, ist es alles andere als ein Wundermittel. Ich habe einige gesammelten, neutralen Berichte gelesen (sowohl eigene als auch fremde adulte Stammzellen), bei denen es gar nichts gebracht hat, einigen ging es sogar schlechter. Behandlungen waren in Deutschland, USA und auch in einer Klinik in Panama. Ich wäre da wirklich sehr vorsichtig.
Allgemeine Informationen findet man z. B. hier:
https://www.eurostemcell.org/de