Zitat:Dein Kommentar steht erst mal nur als unbewiesene Meinung im Raum...
Du machst es Dir sehr einfach mit Deinem einseitigen Verriss, finde ich. Und scherst alle über einen Kamm... ohne zu differenzieren.
Ich denke nicht, dass ich es mir einfach mache, sonst würde ich nicht einen nicht unerheblichen Anteil meiner Freizeit investieren, um möglichst differenziert zu informieren, jenseits von Echoräumen, Hypes und reiner Reproduktion der geltenden Lehrmeinung.
Um der Kritik dennoch sachlich zu begegnen:
Vorangestellt möchte ich betonen, dass ich der persönlichen Auffassung bin, dass wir dringend neue und bessere Diagnostik brauchen und der Phagen-Test ein sehr interessanter Ansatz sein kann (was das erwähnte Review ja auch sinngemäß bestätigt). Vielleicht ist er auch genau das, was benötigt wird. Aktuell kann das aber nicht sicher eingeschätzt werden und mich stört das Vorgehen des Testanbieters.
Ich habe übrigens selbst ein positives Ergebnis (B. miyamotoi), kann die Einschätzung des Arztes (zweifelsfreier Beweis) weder teilen noch nachvollziehen, zumal zu diesem Zeitpunkt die verlinkte Studie noch nicht veröffentlicht war, man sich also vermutlich auf reine Aussagen des Labors, das ja unstrittig kommerzielle Interessen verfolgt, bezogen haben muss.
Zum ersten Teil des Posts:
Ich wiederhole zunächst meine Frage: Woher soll der behandelnde Arzt wissen, ob das Phagentest-Ergebnis (oder der LTT/Elispot/Dunkelfeldergebnis) das aussagt, was der Test behauptet und es sich nicht um ein falsch positives Ergebnis handelt (oder falsch negatives, aber negative Ergebnisse werden ja ohnehin gerne ignoriert), wenn es keine ausreichenden Daten zu dem Test gibt? Es bleibt doch praktisch in den allermeisten Fällen nur die Serologie als Vergleich, deren Einschränkungen man ja zumindest einigermaßen kennt. Ich erkenne also keinen Mehrwert für den Patienten, aber nicht unerhebliche Kosten. Einen Therapieversuch könnte man auch ohne starten. Kritisch wird es dann, wenn ein eigentlich falsch-positives Testergebnis zur Dauerbehandlung führt. Die beste Therapie bringt nichts, wenn es die falsche Krankheit therapiert.
Zum zweiten Teil des Posts:
Ich sehe hier keinen Rundumschlag, aber ich versuche aber gerne die zugespitzte Formulierung zu ergänzen.
Alternative Testverfahren wie der LTT, der Elispot oder der hier erwähnte Phagentest werden rein auf Selbstzahlerbasis angeboten. Da ein nicht unerheblicher Anteil auch international verwendet wird (meist aufgrund von Fortbildungen oder Konferenzbeiträgen, in welchen Vertreter der jeweiligen Labore zu ihren kommerziellen Tests referieren) und zudem ja häufig zur Therapiekontrolle mehrere Tests gemacht werden, ist das durchaus ein Millionenmarkt. Ich lese in jüngster Zeit (sowohl in Deutschland, als auch im europäischen und außereuropäischen Ausland) von mittleren vierstelligen Beträgen nur für Diagnostik, die privat zu bezahlen ist und Voraussetzung für einen Behandlungsversuch ist.
Um es klarzustellen: Ich sage nicht, dass alle Ärzte dies tun, aber es gibt einen (subjektiv wachsenenden) Anteil, bei dem das praktiziert wird und bei dem den Patienten nicht im Vorfeld erläutert wird, dass es sich dabei um wissenschaftlich nicht ausreichend validierte und daher nicht offiziell anerkannte und privat zu bezahlende Tests handelt. Dass verschiedene Ärzte unterschiedliche Tests befürworten (und dies auch gerne mal wechselt) dürfte unstrittig sein.
Um etwas zu differenzieren: Man kann dem IMD zu gute halten, dass sie keine zellulären Tests auf bestimmte Coinfektionen anbieten, weil in internen Tests zu viele falsch positive Ergebnisse rauskamen. Man kann auch dem IMD und RedLabs zu gute halten, dass sie es zumindest mit entsprechende Studien versucht haben, auch wenn diese Mängel aufweisen. Kritisch anmerken muss man, dass man auf die berechtigte Kritik unzureichend eingeht bzw. neuere, äußert
unschmeichelhafte Studien gerne unerwähnt lässt oder, wie in diesem Fall, auch nach zwei Jahren nicht auf die Kritik eingeht, weder in der jüngsten Publikation, noch auf der Homepage wo der Test angeboten wird. Seriös wirkt das nicht oder sieht das wirklich jemand anders?
Um zum Thema Pionierarbeit zurückzukommen:
Pionierarbeit würde meiner Meinung nach so aussehen, dass gesagt wird: Wir haben einen tollen Testansatz, der eine dringend benötigte Lücke schließen könnte. Man beantragt Fördergelder (es gibt international Stiftungen wie Bay Area Lyme, Cohen Stiftung) und startet eine Studie in Kooperation mit fähigen Wissenschaftlern mit klar definierten Borreliosepatienten (und nicht diffus "nach Ilads Kriterien diagnostizierten") und Kontrollgruppen. Wenn man keine Fördergelder kriegt, kann man, zur Not über Umwege, eine Fundraisingaktion bei Ärzten und Patienten betreiben, um die Studie zu finanzieren. Nach erfolgreicher Validierung kann man den Test vielleicht anbieten, bis die sonstigen Mühlen gemahlt haben, wenn man transparent macht, dass es sich um einen Test in der Entwicklung handelt. Dies ist aber nicht der Fall. Die Kosten tragen momentan nur die Patienten. Das ist ethisch fragwürdig und in Wissenschaftskreisen disqualifiziert man sich meiner Meinung nach mit solchen Praktiken ebenfalls.
EDIT: Und weil es gerade passt, erinnere ich an den Blutkulturtest vor 10 Jahren, der für teures Geld privat angeboten wurde (vielleicht noch wird?). Damals haben ranghohe ILADS-Mitglieder den Test und das Verfahren gefeiert. Inzwischen hört man davon gar nichts mehr. Es gab auch damals kritische Stimmen zur Validierungsstudie, die Kontaminationen vermutet hatten, die bis heute nicht ausgeräumt wurden.
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