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Normale Version: Review zur antimikrobiellen In-Vitro-Empfindlichkeit von Borrelien
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Neues Review aus Deutschland von Hunfeld et al., beteiligt war auch das Paul-Ehrlich-Institut und die Johns-Hopkins-Universität (USA)

Abstract:
DeepL schrieb:Die Lyme-Borreliose (LB) des Menschen ist eine Multisystemerkrankung, die stufenweise verlaufen kann. Die Erreger werden von Stechzecken des Ixodes ricinus-Komplexes übertragen, die mit der Spirochäte Borrelia burgdorferi sensu lato infiziert sind. LB gilt heute als die wichtigste durch Zecken übertragene Krankheit des Menschen in der nördlichen Hemisphäre. Der Erreger wurde 1982 identifiziert und erfolgreich isoliert, und kurz darauf erwies sich die antibiotische Behandlung als sicher und wirksam. Seitdem wurden verschiedene In-vitro-Studien durchgeführt, um unser Wissen über die Wirkung antimikrobieller Mittel gegen B. burgdorferi s.l. zu verbessern. Das gesamte Spektrum der In-vitro-Antibiotika-Empfindlichkeit ist für einige der in jüngster Zeit entwickelten Verbindungen noch immer nicht definiert. Darüber hinaus ist unser derzeitiges Verständnis der In-vitro-Wechselwirkungen zwischen B. burgdorferi s. l. und antimikrobiellen Wirkstoffen und ihrer möglichen Resistenzmechanismen nach wie vor sehr begrenzt und beruht weitgehend auf In-vitro-Empfindlichkeitsexperimenten an nur wenigen Borrelienisolaten. Noch weniger ist über die möglichen Mechanismen der In-vitro-Persistenz von Spirochäten bekannt, die in Gegenwart von menschlichen und tierischen Zelllinien antimikrobiellen Wirkstoffen ausgesetzt sind. Es wurde nur eine relativ geringe Anzahl von Laborstudien und Zellkulturexperimenten durchgeführt.Diese Übersichtsarbeit fasst zusammen, was über die In-vitro-Empfindlichkeit von B. burgdorferi s. l. bekannt ist und was nicht. Sie soll Licht in die bekannten Unbekannten bringen, die die aktuellen Debatten über mögliche Behandlungsresistenzen und Mechanismen der Persistenz von Borreliose-Spirochäten in Gegenwart von antimikrobiellen Wirkstoffen weiter anheizen.

Übersetztes Zitat aus dem Fazit:
Deepl schrieb:die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit bei Patienten, bei denen Borrelien nach einer antimikrobiellen Therapie persistieren, sind schwer abzuschätzen. Extrapoliert man die oben genannten Zahlen aus klinischen Untersuchungen, so ergibt sich bei einer Persistenzrate von 1,5 % bei EM-Patienten und einer jährlichen Zahl von >200.000 LB-Fällen allein in Deutschland eine Summe von ~3000 Patienten mit möglicher Persistenz. Eine solche Spirochätenpersistenz würde jedoch unbemerkt bleiben, da bei diesen Personen unter klinischen Routinebedingungen keine regelmäßigen Folgekulturen durchgeführt werden. Um die Frage der Behandlungsresistenz und Persistenz in Gegenwart antimikrobieller Mittel zu klären, müssen weitere Untersuchungen an mehr klinischen Isolaten von LB-Patienten nach einer Chemotherapie durchgeführt werden. Diese Aufgabe bleibt jedoch eine Herausforderung, da die Gesamtnachweisrate des Erregers in klinischen Proben, die aus Hautläsionen gewonnen wurden, in der Regel 40 bis 70 % nicht übersteigt. Darüber hinaus sinkt die Kulturpositivität bei Lyme-Arthritis sogar auf <1 % und bei Neuroborreliose auf 20 %, und die Kultivierung ist nach einer antimikrobiellen Therapie nur selten erfolgreich.

Link zum Volltext:
https://www.mdpi.com/2076-0817/12/10/1204
Eine sehr gründliche Zusammenfassung vieler Studien, scheint mir, leider vieles zu kompliziert für mich. Ich schreib mal auf, was ich davon mitgenommen habe:

Man kennt inzwischen 23 Arten von Borrelia burgdorferi im weiteren Sinne, davon 7 krankmachend, 2 vermutlich. Diese Arten haben unterschiedliche Schwerpunkte, B. afzelii oft bei  Hauterkrankugen (Wanderröte- EM, ACA), B. gariniie oft bei neurologischen Erscheinungen, B. burgdorferi, das klassische Lyme-Borrliose-Erreger oft mit Gelenkbeschwerden, B. spielmannii bislang nur in EM in Europa...
Die Testmethoden zur Wirksamkeit verschiedener Antibiotika (MIC - Minimale Hemmkonzentration und MBC- minimale abtötende Konzentration) in vitro wird lang diskutiert, es gibt verschiedene Verfahren, keine Standardmethoden. Das Substrat, auf dem die Borrelien gezüchtet werden, kann Wechselwirkungen hervorrufen.
Die Borrelien vermehren sich nur langsam und sterben auch nur langsam ab.
Innerhalb der verschiedenen Bakterienarten und auch der getesteten Kulturstämme gibt es Unterschiede der Empfindlichkeit, auch bei "wilden" Populationen streut die Empfindlichkeit. Das macht aber insgesamt nicht so einen großen Unterschied in der Wirksamkeit.
Beta-Lactame wie Penicillin, Amoxicillin und Cephalosporine wie Ceftriason sind in vitro gut wirksam, was auch zu den klinischen Erfahrungen passt.
Penicillin-Derivate wie Mezlocillin, Azlocillin sind wirksamer in vitro als Penicillin.
Von den Makroliden ist Azithromycin am wirksamsten in vitro. Erythromycin und Roxymycin scheinen in vitro wirksamer zu sein als in der Praxis, auch bei Syphilis.
Tigecyclin, Vancomycin, Daptomycin sind wirksam, obowhl sie sonst gegen andere Gram-negative Bakterien nicht wirken.
Hygromycin A wird selektiv von den Borrelien aufgenommen und hat im Mausversuch die Borrelien erfolgreich abgetötet, schont die Darmflora.
Resistenzen können doch auftreten, scheinen in der Praxis aber weniger eine Rolle zu spielen.

In Anwesenheit von lebenden menschlichen Bindegewebszellen überlebten die Borrelien eine 2 Tägige Behandlung mit 1 µg/ml Ceftriaxon (der 10-20fachen tödlichen Konzentration). Die menschlichen Zellen schützten für mind. 14 Tage. Daher sollten Antibiotika, die inttrazellulär wirken, erfolgreicher sein.

Die Borreien können bei stressigen Umweltbedingungen ihren Stoffwechsel ändern, auch bei Antibiotika-Anwendungen.

Sie bilden außerdem auch runde Formen und Biofilm-artige Strukturen, die resistenter gegenüber Antibiotika sind. Die runden Formen scheinen aber statistisch zufällig vorhanden zu sein, nicht gezielt gebildet.


Die übliche Behandlung mit Amoxicillin, Cefuroxime, Ceftriaxone und Tetracyclin ist meistens erfolgreich, aber wie auch bei der Syphilis, ebenfalls eine Spirochäten-Infektion, gibt es fast bei jeder Form von Antibiotika- Behandlung Fälle, bei denen diese fehlschlug.
In Ljubljana fand man im Gewebe von EM bei offenbar allen 5 untersuchten Patienten nach jeweils 14 Tagen Behandlung mit unterschiedlichen AB (Ceftriaxon i.V., Amoxicillin, Cephuroxim, Azithromycin) noch lebende Borrelien. Die Leute erinnerten sich teils an einen Zeckenstich, teils nicht, die IGM, IgG waren teils positiv, teils negativ (und nach der Behandlung so gut wie unverändert).
Bei Mäusen fand man 3 Monate nach einer längren Therapie mit Doxy und Cephtriaxon bei 4 von 10 Tieren noch Borrelien.
Bei Rhesus-Affen, die 4 - 6 Monate nach Infektion mit Antibiotika behandelt wurden, fand man lebende Borrelien in mehreren Organen und ospA Antigene an verschiedenen Gewebeoberflächen. Dies unterstützt die Ansicht, dass nach einer Behandlung andauernde Beschwerden bei manchten Patienten auf Entzündungen in / an Geweben zurückzuführen sind, die noch eine niedrige Last an wirts-anngepassten Spirochäten und/oder verbliebene Antigene enthalten.
These findings support the notion that ongoing symptoms in some LB patients following treatment may be attributable to residual inflammation in and around tissues that harbor a low burden of persistent host-adapted spirochetes and/or residual antigens.
Zumindest in vitro konnten persisitierende Zellen durch gepulste Behandlung mit Cephalosporinen der dritten Generation oder Kombinationen von Daptomycin mit Doxycyclin und / oder Cephalosporinen vernichtet werden.
Es gibt Hinweise auf durch zu niedrige Antibiotikagaben erworbene Resistenzen iim Labor, klinisch konnte man noch keine feststellen. Rückfälle bei Patienten nach AB-Behandlung könnten auf überdauernde Ruhestadien der Borrelien zurückgehen. Analog kann es  bei Tuberkulose Rückfälle nach einer erfolgreichen Behandlung geben, wenn das Immunsystem geschwächt ist.

Weil die Bakterien innerhalb menschlicher Zellen überdauern können, wären Laborexperimente in Kulturen mit menschlichen Zellen sinnvoll.
Für mich sieht meine Kurzfassung/Fazit so aus, dass man sich wohl endlich damit befasst, dass trotz Behandlung der Borreliose noch bleibende Beschwerden auch auf die Borreliose zurückgeführt werden könnten und man damit sich als Patient eigentlich nicht mehr so einfach an den Kopf werfen lassen muss, dass die Borreliose ausgeheilt sei. Sondern dass endlich zugegeben wird, dass noch viele  offene Fragen bestehen und dort Forschungsmäßig weiter angesetzt werden muss. - Oder ganz kurz, dass Borreliose doch nicht so einfach zu therapieren ist, wie es bisher propagiert wurde.