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Hallo ihr alle,
entschuldigt die verspätete Antwort.
Dafür jetzt ausführlicher.
Vor ca.3 1/2 Jahren habe ich die Erwerbsminderungsrente beantragt, die dann prompt abgelehnt wurde.
Auch mein Widerspruch wurde abgewiesen.
Zwischenzeitlich gab es " Mini" Gutachten von meinen Ärtzen und zwei Ärzten, die mir zugewiesen wurden.- ein Kinderneurologe und ein Kardiologe.
Diese letzten beiden Gutachten begründeten die Abweisung des Widerspruches. Jetzt in Einzelheiten auf die Inhalte der Gutachten einzugehen, wurde mich und euch überstrapazieren.
Ich hatte jedenfalls das Gefühl in ein Prozedere geraten zu sein, dass jeder wirklichen medizinischen Grundlage entbehrte. Ich verfasste eine eigene Stellungnahme zu den Gutachtern und ihren Gutachten
Ich reichte dann Klage ein und wieder wurde mir ein Gutachter zugewiesen, der auf eine, nach meinem Empfinden, menschenverachtende Art, ein Gutachten erstellte, dass, wüßte ich es nicht besser, ähem, von Beginn an ein ganz klares Ziel verfolgte: nämlich diesem Rentenanspruch ganz schnell die Erfolgsaussichten zu nehmen.
Aufgrund diese Gutachtens riet mir das Gericht, die Klage zurückzuziehen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hätte.
Auch mein Anwalt tendierte, wenn auch nicht offen, für diese Entscheidung.
Jetzt war ich an einem Punkt angekommen, an dem ich mich entscheiden mußte:
Seit über 30 Jahren hatte ich gelitten, mein Leben irgendwie bewältigt, gekämpft, nicht den Mut zu verlieren, meinen Kindern eine halbwegs gute Mutter zu sein, dreien von meinen Kinder die Borreliose während der Schwangerschaft übertragen (damals wußte ich von meiner Infektion noch nichts), leide heute noch an Herzrhythmusstörungen die mir den Alltag manchmal zum Überlebenskampf machen...
Da kommt so ein Mensch, der mich 30 Minuten befragt und entscheidet, dass das alles ein Irrtum ist?
Ich beschloß, dies erste Sozialgerichtsverfahren trotz des fast sicheren negativen Ausgangs zu durchlaufen und dann in die nächste Instanz zu gehen. Es war der Punkt erreicht, wo es nicht mehr nur um mich ging, sondern die Sache selbst, die Borreliose, im Vordergrund stehen mußte. Und alle diese Ungerechtigkeiten um sie herum. Dafür war aber eine gewisse Öffentlichkeit nötig. Wie die aber herstellen?
Ich fragte in unserer SHG und bei facebook, ob jemand Interesse hätte mit zur Verhandlung zu kommen und dort auch den Zweck des Dabeiseins zu demonstrieren. Es fanden sich 10 Leute, denen ich heute noch einmal danken möchte, die mich begleitenen, mit lymegrünen Halstüchern und einer dicken Zecke am Revers, die die Zuschauerstühle füllten.
In der Zwischenzeit schrieb ich eine Stellungnahme zu dem Gutachten, in dem ich mich in der Hauptsache auf die Art und Weise konzentrierte, in der es abgelaufen war und die Unmöglichkeit versuchte darzustellen, wie man so zu einem fundierten Urteil kommen kann. Dazu hatte ich vom Datum des Geutachten an einen Kalender geführt, der meinen täglichen Gesundheitszustand widerspiegelte. Diese beiden Schriftstücke kopierte ich mehrmals und verteile sie vor Verhandlungsbeginn an alle Anwesenden einschließlich dem Publikum.
Viel Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Vefahrens hatte ich nicht.
Die Richterin fragte zu Beginn, wer denn die vielen Leute seien und ich antwortete ihr, das seien Betroffene aus der ganzen Bundesrepublik, die die gleichen Probleme hätten wie ich und zu meiner Unterstützng mitgekommen seien.
Wie die Verhandlung dann abgelaufen ist, habe ich ja schon geschrieben.
Zuletzt fragte mich die Richterin, ob ich einen Borrelioseerfahrenen Arzt kennen würde, der ein neues Gutachten schreiben könnte.
Ich bejahte die Frage und gab ihr die Namen von Spezialisten, die hier ja alle bekannt sein dürften.
Sie beauftragte meinen Anwalt, das Gericht schriftlich zu bitten, einen dieser Ärzte zum neuen Gutachter zu bestimmen und vertagte die Verhandlung.
Das ist der jetzige Stand der Dinge, nee, nicht ganz: Auf Anraten einiger an der Verhandlung beteiligter Personen wurde mir nahe gelegt, unbedingt den Anwalt zu wechseln. Das habe ich inzwischen getan. Ich werde nun von einem reinen Patientenanwalt vertreten, bei dem ich das Gefühl habe, gut aufgehoben zu sein.
Ich wurde schriftlich vom Gericht beauftragt, ein Krankentagebuch zu führen. Über den Zeitraum eine halben Jahres schreibe ich nun meine Befindlichkeit auf. Der Zeitraum ist im Februar vorbei.
Es ist meine Wissens das erste Mal, dass ein Gericht einen Borreliosespezialisten mit einem solchen Gutachten beauftragen will. Bis jetzt sind diese Ärzte immer von den Patienten darum gebeten und auch bezahlt worden. Hier zahlt jetzt die Staatskasse.
Ob nun bei der nächsten Verhandlung mit einer positiven Entscheidung gerechnet weren kann, weiß ich natürlich nicht. Ich hoffe es aber und der Eindruck, den ich von der Richterin und den Beisitzern gewonnen habe, ist ein positiver. Sie haben sich eingelassen und versucht fair zu sein, das ist ihnen gelungen.
Es würde mich freuen, wenn dann wieder viele von euch dabei sein könnten.
Natürlich macht es mich stärker, nicht allein dort zu sitzen, aber ich weiß, dass das nicht der einzige Grund ist. Wir müssen einfach zeigen, dass es hier um ein Problem geht, dass tausende Menshcen betrifft und für das eine Lösung gefunden werden muß.
Borreliose macht nur Probleme, von der Infektion bis hin zur Rente und keines wird auf adäquate Weise gelöst, nicht einmal der Ansatz einer Lösung ist vorhanden.
Borreliose ist nicht nur ein gesundheitliches Problem, was wirklich reichen würde, es ist inzwischen ein soziales und wirtschaftliches Problem, dass wir nicht einfach in unserem Kämmerlein hinehmen sollten.
ach ja, die Dauer des Ganzen ist bis jetzt 3 1/2 Jahre... Ende offen
Danke für eure Geduld
und liebe Grüße
Anita
.. ich würde jedem raten, solche Gerichtsverfahren nicht allein durchzustehen. Wir müssen uns für nichts schämen und können so zeigen, dass wir beileibe nicht allein sind und sich Widerstand formiert. Fragt einfach, ob jemand mit kommen will, ich bin zuversichtlich, dass sich Leute finden werden...
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