17.05.2019, 05:47
Mai ist Lyme Disease Awareness Monat. Lyme Disease ist im deutschsprachigen Raum bekannt unter Borreliose. Borreliose wird von Zecken übertragen. Fiasko-Blog Tag 17.
Gestern hatte ich keine Kraft zum bloggen. Ein anstrengender Termin stand an. Zeit habe ich ja viel, aber keine Kraft.
Gestern bin ich zufällig auf auf den Artikel mit dem Titel "Chronische Borreliose ist ein Hirngespinnst" in der Deutschen Ärztezeitung gestossen. Der Artikel ist nicht etwa aus dem letzten Jahrzehnt, sondern wurde vor ziemlich genau einem Jahr veröffentlicht (Ärztezeitung online vom 18.04.2018). Der Artikel ist Patienten-Bashing der unmenschlichen Art vor dem Hintergrund, was Patienten Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute für den Rest ihres Lebens ertragen müssen.
Nach der Veröffentlichung solcher Artikel muss man sich nicht wundern, wenn man mit einem chronischen Verlauf in der Arztpraxis auf verdrehte Augen oder süffissantes Lächeln stösst. Als Patient mit chronischem Verlauf wird man so doch gar nicht mehr ernst genommen. Die meisten praktizierenden Ärzte lesen das und nehmen es als bare Münze, ohne auch nur im geringsten die Belastbarkeit der Aussage zu überprüfen.
Vor dem Hintergrund, dass es auf der ganzen Welt keinen Test gibt, der eine (chronisch) aktive Borreliose sicher beweisen oder ausschliessen kann, würde man von den Programmierern geltender Lehrmeinung doch deutlich mehr Demut erwarten.
Veröffentlicht wurde der unreflektierte Artikel nach dem Erscheinen der S3-Leitlinie Neuroborreliose. S3 soll der höchste Evidenzgrad sein. Als Laie würde ich bei höchstem Evidenzgrad von neuesten und vor allem belastbaren, wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgehen. Dem ist nicht so. Der Prozess ist einfach ein anderer. Ich versuche das mal vereinfacht darzustellen. Bei einer S1-Leitlinie hocken eine handvoll gleichgesinnter Experten an einem Tisch und schreiben eine Leitlinie, die sie mit ihnen genehmer Litertur untermalen. Bei einer S3-Leitlinie werden auch Experten mit anderer Meinung und Patientenvertreter eingeladen. Wenn nun aber die Experten mit anderer Meinung in der Minderzahl sind und keine neue belastbare, wissenschaftliche Erkenntnisse einbringen können, werden sie einfach überstimmt von den Experten der andern Fachgesellschaften. Höchster Evidenzgrad einer Leitlinie ist also kein wissenschaftlicher sondern ein demokratischer Prozess. Und die Vertreter der Patientenorganisationen? Die wurden ebenfalls überstimmt und über den Tisch gezogen. Von den Patientenvertretern wurde verlangt, nur wissenschaftlich belastbares Material (das es ja nicht wirklich gibt) einzubringen. Alles andere würde keine Beachtung finden. Die Herausforderungen der Patientenvertreter sind ja gerade die chronischen Verläufe, die mangels Diagnostika und Forschung nur schwer zu beweisen sind. Aber es gibt chronische Verläufe, wofür im Mai auf der ganzen Welt protestiert wird.
Mal davon abgesehen, dass die dem Artikel zugrunde liegende S3-Leitlinie Neuroborreliose nur den Sonderfall Neuroborreliose mit Befall des zentralen Nervensystems und keine einzige andere mögliche Borreliose-Form (Gelenk-, Haut-, Herz-, Augenborreliose) abdeckt, widerspricht die Aussage "Chronische Borreliose ist ein Hirngespinst" auch noch den eigenen wissenschaftlichen Recherchen, die ergeben haben, dass ein Teil der Neuroborreliose-Patienten nach der Therapie noch Restbeschwerden haben. Dies wird in den Leitlinien auch explizit erwähnt.
Ich glaube, ich darf mich bei solchen Vorgängen zu Recht fragen, was wohl die eigentliche Motivation für das Erscheinen solcher unreflektierter und für die Patienten äusserst schädlichen Artikel ist. Der Artikel stösst auf jeden Fall nicht die längst fällige Forschung an. Er schützt höchstens die Eitelkeit der Meinungsführer, die seit Jahren allerlei behaupten, ohne wirkliche Evidenz zu haben.
Wo ist das Problem? Kannst du es auch erkennen? Es wird sogar in den Medien gegen Patienten mit chronischen Verläufen geschossen in einer Art, wie man es von keiner anderen Krankheit kennt. Ist das ethisch vertretbar? Ich denke nicht.
Gestern hatte ich keine Kraft zum bloggen. Ein anstrengender Termin stand an. Zeit habe ich ja viel, aber keine Kraft.
Gestern bin ich zufällig auf auf den Artikel mit dem Titel "Chronische Borreliose ist ein Hirngespinnst" in der Deutschen Ärztezeitung gestossen. Der Artikel ist nicht etwa aus dem letzten Jahrzehnt, sondern wurde vor ziemlich genau einem Jahr veröffentlicht (Ärztezeitung online vom 18.04.2018). Der Artikel ist Patienten-Bashing der unmenschlichen Art vor dem Hintergrund, was Patienten Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute für den Rest ihres Lebens ertragen müssen.
Nach der Veröffentlichung solcher Artikel muss man sich nicht wundern, wenn man mit einem chronischen Verlauf in der Arztpraxis auf verdrehte Augen oder süffissantes Lächeln stösst. Als Patient mit chronischem Verlauf wird man so doch gar nicht mehr ernst genommen. Die meisten praktizierenden Ärzte lesen das und nehmen es als bare Münze, ohne auch nur im geringsten die Belastbarkeit der Aussage zu überprüfen.
Vor dem Hintergrund, dass es auf der ganzen Welt keinen Test gibt, der eine (chronisch) aktive Borreliose sicher beweisen oder ausschliessen kann, würde man von den Programmierern geltender Lehrmeinung doch deutlich mehr Demut erwarten.
Veröffentlicht wurde der unreflektierte Artikel nach dem Erscheinen der S3-Leitlinie Neuroborreliose. S3 soll der höchste Evidenzgrad sein. Als Laie würde ich bei höchstem Evidenzgrad von neuesten und vor allem belastbaren, wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgehen. Dem ist nicht so. Der Prozess ist einfach ein anderer. Ich versuche das mal vereinfacht darzustellen. Bei einer S1-Leitlinie hocken eine handvoll gleichgesinnter Experten an einem Tisch und schreiben eine Leitlinie, die sie mit ihnen genehmer Litertur untermalen. Bei einer S3-Leitlinie werden auch Experten mit anderer Meinung und Patientenvertreter eingeladen. Wenn nun aber die Experten mit anderer Meinung in der Minderzahl sind und keine neue belastbare, wissenschaftliche Erkenntnisse einbringen können, werden sie einfach überstimmt von den Experten der andern Fachgesellschaften. Höchster Evidenzgrad einer Leitlinie ist also kein wissenschaftlicher sondern ein demokratischer Prozess. Und die Vertreter der Patientenorganisationen? Die wurden ebenfalls überstimmt und über den Tisch gezogen. Von den Patientenvertretern wurde verlangt, nur wissenschaftlich belastbares Material (das es ja nicht wirklich gibt) einzubringen. Alles andere würde keine Beachtung finden. Die Herausforderungen der Patientenvertreter sind ja gerade die chronischen Verläufe, die mangels Diagnostika und Forschung nur schwer zu beweisen sind. Aber es gibt chronische Verläufe, wofür im Mai auf der ganzen Welt protestiert wird.
Mal davon abgesehen, dass die dem Artikel zugrunde liegende S3-Leitlinie Neuroborreliose nur den Sonderfall Neuroborreliose mit Befall des zentralen Nervensystems und keine einzige andere mögliche Borreliose-Form (Gelenk-, Haut-, Herz-, Augenborreliose) abdeckt, widerspricht die Aussage "Chronische Borreliose ist ein Hirngespinst" auch noch den eigenen wissenschaftlichen Recherchen, die ergeben haben, dass ein Teil der Neuroborreliose-Patienten nach der Therapie noch Restbeschwerden haben. Dies wird in den Leitlinien auch explizit erwähnt.
Ich glaube, ich darf mich bei solchen Vorgängen zu Recht fragen, was wohl die eigentliche Motivation für das Erscheinen solcher unreflektierter und für die Patienten äusserst schädlichen Artikel ist. Der Artikel stösst auf jeden Fall nicht die längst fällige Forschung an. Er schützt höchstens die Eitelkeit der Meinungsführer, die seit Jahren allerlei behaupten, ohne wirkliche Evidenz zu haben.
Wo ist das Problem? Kannst du es auch erkennen? Es wird sogar in den Medien gegen Patienten mit chronischen Verläufen geschossen in einer Art, wie man es von keiner anderen Krankheit kennt. Ist das ethisch vertretbar? Ich denke nicht.
Je mehr ich über die Borreliose weiss, desto mehr weiss ich, dass man fast gar nichts weiss.
Nichts auf der Welt ist gefährlicher als aufrichtige Ignoranz und gewissenhafte Dummheit. (Martin Luther King)
Absenz von Evidenz bedeutet nicht Evidenz für Absenz