Hallo Regi,
vielen Dank für diesen Link.
Es wird wunderbar beschrieben, wie es bei 10% der Patienten mit erkannter Lyme-Borreliose zur chronischen Verlaufsform kommt. Der Tarnkappenmechanismus wird beschrieben, Die Escapemöglichkeiten des Bakteriums durch Rückzug in Sehnen und in zystische Formen auch unter Antibiotikabehandlung.
Neben diesen sehr klaren Darstellungen, wie es Borrelien schaffen, sich selbst Antibiotika zu entziehen, wird gleichzeitig postuliert, dass eine verlängerte antibiotische Behandlung keinen Nuzten für Patienten brächte.
Hier beißt sich die Schlange in den Schwanz.
Ich verstehe es nicht, dass man diese Dinge in einem Aufsatz so verpacken kann. Die Widersprüche springen eine doch regelrecht darin an.
Zitat:Verläuft die Immunreaktion ausgeglichen, so heilt auch ein
Erythema migrans spontan oder unter Mithilfe eines Antibiotikums ab. Die Erreger, auch wenn sie schon ins Blut disseminiert sind, werden vernichtet. Spätfolgen entstehen keine.
Fällt die TH1-Reaktion zu schwach aus, können Borrelien überleben. Es kommt zur Dissemination in den ganzen Körper,zur Persistenz der Erreger in den Organen oder zu den typischen Krankheitsmanifestationen, wie Arthritis, Meningoenzephalitis,
Acrodermatitis chronica atrophicans, Erythema migrans multiloculare etc.
Ist die Abregulation der TH1-Reaktion zu schwach, so persistiert die Immunreaktion unnötigerweise. Im Rahmen dieser persistierenden Immunreaktion entstehen Allgemeinsymptome und es stellt sich eine Chronifizierung der Organbeschwerden ein, wie chronische Gelenksentzündungen, neurologische oder neuropsychologische Ausfälle etc. oder es entsteht ein Postlyme-Syndrom, das aus einer breiten Palette von Allgemeinbeschwerden (Müdigkeit, Gelenksschmerzen, Gefühlsstörungen, Konzentrationsstörungen etc) bestehen kann. Bei diesen Erscheinungsbildern spielen nach heutiger Kenntnis die Borrelien keine Rolle mehr, da sie ja durch die genügend starke TH1-Reaktion vernichtet worden sind
Zitat:Auf diese Art wird das Immunsystem dauernd in Trab gehalten und absorbiert, ohne dass die VlsE-Antikörper gegen den Erreger vorgehen können. Zu Recht wird das VlsE-Oberflächenantigen «Lockvogel»-Antigen bezeichnet. Nur das Immunsystem kommt wieder zu spät und produziert sinnlos Antikörper. Die damit attackierten Borrelien sind ja schon tot und bedürfen keiner weiteren Abwehr mehr
Die VlsE-Oberflächenproteine leisten wahrscheinlich einen entscheidenden Beitrag zum Überleben der Borrelien im Menschen und damit zur Chronifizierung einer Lyme-Borreliose.
-Danach wird noch über die Schutzhülle aus Decorin beschrieben, die da Bakterium vor dem Immunsystem beschützt,
-den Aufenthalt an Orten, wo das Immunsystem nicht eingreifen kann.
Zitat:Ihr Nachweis gelang in Endothelzellen, in Gliazellen, in Fibroblasten, in Synovialiszellen und in Leukozyten. Die Zystenformen haben einen minimalen Stoffwechsel und eignen sich für das Überleben. Werden die Bedingungen im Milieu günstiger, entstehen daraus wieder normale Borrelien
Zitat:Können die Erreger dank ihrer taktischen Möglichkeiten
das Immunsystem austricksen und überleben oder reagiert das
Immunsystem nicht adäquat, so entstehen chronische Verlaufsformen. Bei etwa zehn Prozent der disseminierten Manifestationen muss trotz adäquater Antibiose mit einem chronischen Verlauf gerechnet werden. Wie häufig die chronischen Verlaufsformen bei Nichtbehandelten vorkommen, wissen wir nicht
Woher nimmt er die Sicherheit für die Richtigkeit dieser Annahme:
Zitat:Chronische Verlaufsformen der Lyme-Borreliose, sei es die organtreuen oder das Postlyme-Syndrom, sprechen nicht mehr auf Antibiotika an, sondern müssen je nach Beschwerden symptomatisch behandelt werden.
Diese Aussage stützt sich wohl auf sehr wenige fragliche alte Studien, deren Studiendesign methodische Mängel nachgewiesen wurden.
Neubewertung zum Post-Lyme-Syndrom
Also ich sehe es so:
Der Autor will uns sagen, wenn ihr zu den 21 400 Erkrankten pro Jahr gehört, die nach Zeckenstich krank bleiben, dann findet euch damit ab und lasst euch bitte klassisch behandeln - das heißt nach den Erfahrungen, die es hier gibt : Psychotherpie, Schmerztherapie, Rheumatherapie und alles was das Spektrum der Schulmedizin hergibt.
"Wir wissen zwar nicht, was euch am besten hilft und haben auch keine Ahnung wie der Pathomechanismus genau ist, aber jeder, der versucht mit Antibiotika was zu erreichen ist muss sich im klaren sein, dass es nicht die antibiotische Wirkung ist, die zählt."
Wahrscheinlich hat er damit auch bei einem Teil seiner Patienten recht.
Aber ich frage mich, was ist so falsch daran, Antibiotika einzusetzen, wenn dies auch bei rheumatischen und nichtinfektiösen chronischen Darmerkrankungen erfolgreich getan wird.
Interessant finde ich auch die Beobachtungsstudien in diesem
Referat zur Langzeitantibiose, die die Postulate zur Unwirksamkeit von Anitbiotika in der chronischen Verlaufsphase zumindest stark relativieren und anzweifeln lassen.
Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgenwo in der Mitte dazwischen und diese könnte nur durch sinnvoll angelegte Studien gefunden werden.
Viele Grüße vom Urmel