Zitat:Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen das jemand leichtfertig einfach Antibiotika nimmt.
Viele hier haben eine Odyssee hinter sich und sind froh wenn endlich gehandelt wird.
Ich kann mir das schon vorstellen, wenn die nötige Kritikfähigkeit fehlt und der Spezi aufgrund fragwürdiger Diagnostik die Borreliose als eindeutig diagnostiziert. Es gibt solche Spezis, die sich die Borreliose als Goldgrube aufgetan haben. Das wissen wir mittlerweile. Das macht die Sache ja noch schwieriger, als sie eh schon ist. Handeln allein genügt nicht. Es muss ja auch ein Ergebnis resultieren.
Hallo wandersmann
Erstmal finde ich es super, dass du dir Gedanken machst, bevor du alles glaubst. Die diagnostische Situation bei der Borreliose ist mehr als schlecht. Jedes Labor kocht mit seinem Testkit sein Süppchen. Labors, die in Ringversuchen schlecht abschneiden, werden nicht bekannt gegeben. Mal ganz davon abgesehen, dass die Tests nicht zwischen aktiver und früher durchgemachter Infektion unterscheiden können. Bei anderen Infektion hat man bei positivem IgM wenigstens einen Aktivitätsmarker. LTT ist umstritten (funzt bei mir auch nicht). PCR ist nur wenig sensitiv, besonders wenn keine sichtbare Symptome wie z.B. Hautveränderungen oder Gelenkschwellungen vorliegen.
Es gibt auf der ganzen Welt keinen Test, der eine Borreliose sicher ausschliessen könnte und nur selten kann sie relativ sicher bestätigt werden durch z.B. positiven Direktnachweis mittels PCR/Kultur oder positivem Liquor bei der Neuroborreliose mit Befall des Zentralen Nervensystems. Schlussendlich resultiert eine Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Puzzles aus Vorgeschichte, Verlauf, Symptomen,
Ausschluss anderer möglicher Ursachen (so gut es geht halt), Tests und evtl. allfälligem Ansprechen auf entsprechende Antibiotika. Besteht eine Wahrscheinlichkeit für eine Borreliose (und die besteht eigentlich immer mehr oder weniger) bleibt einem nur der Therapieversuch mit AB. Diese Situation ist für die Betroffenen äusserst unbefriedigend, aber nicht zu ändern - vor allem solange sich die Experten streiten, anstatt sich an einen Tisch zu setzen und ihr gesammeltes Know how in belastbare Forschung zu investieren.
Zitat:prinzipiell sehe ich folgendes als sinnvoll an:
a) Oberkieferstatus abklären lassen, obwohl Zahnarzt versichert es kann nicht davon kommen.
b) Co Infektionen via Blutbild überprüfen, Albumin aus dem Blutbild klären
c) 2 Monate Auszeit nehmen um wirklich zu entspannen
d) Die Auszeit sicherheitshalber mit einer Antibiotika Therapie beginnen
Finde ich auch ziemlich vernünftig, wobei die Diagnostik der Ko-Infektionen auch nicht das Gelbe vom Ei ist. Evtl. auch nachfragen, aufgrund welcher Symptomatik welche Ko-Infektion getestet werden soll. Ausserdem sollte man sich auch fragen, ob z.B. Ehrlichien-Test sinnvoll ist, wenn eh eine Therapie mit Doxy geplant ist, das auch Ehrlichien abdeckt. Bartonellen oder Babesien wären für mich z.B. wichtiger (sofern entsprechende Symptome vorhanden), weil die mit anderen AB behandelt werden als die Borreliose.
Einen Therapieversuch mit AB würde ich in Dosierung und Dauer nur nach den Empfehlungen der DBG und/oder ILADS machen. Die Dosierungen sind höher und länger als geltende Lehrmeinung und Fachinfo der Medis empfehlen. Ausserdem würde ich bei Nichtansprechen mindestens einen, eher zwei weitere Antibiotikaklassen versuchen. Beispiel: Startest du einen Versuch mit Doxy, welches ein Tetracyclin ist, dann würde ich bei einem allfälligen Wechsel z.B. Azithromycin versuchen wollen, welches ein Makrolid ist und nicht unbedingt Minocyclin, was auch ein Tetracyclin ist wie Doxy. Das würde ich so machen, weil im Labor die unterschiedlichen Borrelienstämme unterschiedlich empfindlich auf die zur Verfügung stehenden AB sind (Preac-Mursic et al 1996).
Und als wäre alles nicht schon schwierig genug, besteht die Möglichkeit, dass die Borreliose ein Autoimmungeschehen angestossen hat, worauf AB - wenn überhaupt -nur noch entzündungshemmend wirken. Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass ein postinfektiöses Autoimmungeschehen möglich ist. Inwieweit diese Ergebnisse bestätigt werden konnten, weiss ich nicht. Leider stehen auch zu einem möglichen Autoimmungeschehen als Folge einer Borreliose keine kommerzielle, geschweige denn anerkannte Tests zur Verfügung. Forschung und klinische Studien zur Behandlung allfälliger solcher Autoimmungeschehen auch nicht, da sie ja nicht diagnostizierten werden können
(oder sollen
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).
LG, Regi